Eine von Zweien (German Edition)
würdest!“ Aha, also hatte sie wirklich nichts
damit zu tun. Ich war erleichtert.
„Welche Geschichte? Nein, sorry, Lissi, das würde ich dir
sagen! Aber ich weiß nicht was los ist, sonst würde ich nicht fragen.“
„Nächste Woche soll ich nach München, um das Büro vor Ort zu
unterstützen. Einer der Prüfer dort wurde abgeworben und da es ein wichtiger
Kunde ist, soll ich helfen.“
Ihre Augen weiteten sich. Sie hatte eine Idee, die würde,
sicher nicht so gut für mich ausfallen. Ich hatte eine Vorahnung.
„Das ist ja großartig! Dann kannst du schon am Wochenende
vorher hinfahren und die Eltern besuchen!“
Da, ich wusste es doch. Aber ich hatte noch einen Trick auf
Lager!
„Aber kommst du dann mit? Weil, dann würden wir ja zweimal da
sein. Und ihnen können wir nicht erzählen, dass du meine Verwandte bist. Die
kennen schließlich die Verwandten besser als ich.“
Ich war gespannt was sie dazu sagen würde.
„Mach dir mal keine Sorgen! Ich finde mich schon zurecht und
deinen Eltern wird schon die Geschichte präsentiert, die sie glauben werden.
Also, was sagst du, fahren wir am Wochenende schon mal nach Nürnberg?“
Ok, das hat nicht geklappt, aber ich hatte ja noch ein
weiteres Ass im Ärmel. Ich konnte doch gar nicht früher hin!
„Was ist mit dem Bild? Ich sollte doch Kathrin am Montag ein
Bild geben. Ich wollte es am Wochenende malen. Dann habe ich gar keins, das ich
ihr geben könnte.“
„Doch, du hast gestern ein Bild angefangen. Das bedeutet dann
wohl, dass es dann jeden Tag Mal-Session für uns beide geben wird. Nach deiner
Arbeit meine Arbeit! Erst bist du der Boss, dann kommst du zu mir und ich bin
der Boss. Das wird ein Spaß, jeden Tag malen als Ausgleich für die Zahlen!
Herrlich!“
War ja klar, gut, ich gab mich einfach geschlagen.
„Ja, so müssen wir es dann wohl machen! Ja, so könnte das
wohl klappen. Muss ich dann trotzdem heute mit Mum reden?“
Ich hoffte auf ihr Mitleid, wusste aber schon vorher, dass
das Hoffen überflüssig war.
„Lissi, gerade heute! Oder willst du ihr nicht sagen, dass du
kommst? Und willst du Alice nicht sagen, dass du endlich Anna kennenlernen
willst?“
„Ja richtig, genau. Ich sollte ihnen Bescheid sagen. Wir
müssen dann sicher dort schlafen, sonst ist Mum beleidig.“
Nach Hause fahren, ich war gar nicht begeistert, naja, gar
nicht war vielleicht übertrieben. Eigentlich freute ich mich schon irgendwie
darauf, Anna kennenzulernen und die anderen wiederzusehen. Aber Nürnberg hatte
immer so einen bitteren Beigeschmack. Ich hatte auch ein wenig Bammel, was sich
Beth Vorort für neue Aufgaben einfallen lassen würde. Augen zu und durch!
„Was ist denn mit den Mädels? Willst du denen nicht auch
Bescheid geben, sie wohnen doch auch noch alle in Nürnberg. Manche wieder manche
schon die ganze Zeit. Wäre das nicht auch spannend?“
Na also, da kam schon die nächste Aufgabe auf mich zu. Aber
erst mal die Familie, so viel Zeit durfte doch sein, oder?
„Ich kann mich doch nicht einfach melden und sagen: „Sorry,
dass ich mich bei euch seit fast zehn Jahren nicht mehr gemeldet habe, wie
sieht es denn aus – Lust, nächstes Wochenende mit mir einen Kaffee
trinken zu gehen?“ Das kann ich nicht machen. Erst die Familie, Beth, bitte
nicht alles auf einmal.“
Wir einigten uns darauf und ich begann endlich mit meiner
Arbeit. Die Pause verbrachten wir wieder mit den Kolleginnen in der Kantine, der
Tag verflog und schon waren wir wieder auf dem Weg nach Hause. Gerne hätte ich
den Arbeitstag noch hinausgezögert. Aber er war vorbei und wir beide wussten,
was auf uns zukommen würde. Diesmal war auch Beth unruhig in der U-Bahn. Für
sie war wohl die Überwindung, sich zu organisieren, genauso groß, wie für mich,
ein inniges Telefonat mit Mum zu führen. Wir hätten wohl beide gerne mit der
jeweils anderen getauscht. Wir trennten uns vor unserer Haustür und
verabredeten uns für zwei Stunden später zum Malen.
9
Ich machte es mir auf dem Sofa bequem, nahm das Telefon und
starrte es für ganze zehn Minuten an, bevor ich mich durchringen konnte, die
Nummer meiner Mum zu wählen. Als es klingelte, war ich verleitet, schnell
aufzulegen, tat es aber nicht. Herausforderung war Herausforderung, und ich
wollte sie bestehen. Ich konnte aus Flugzeugen und von Brücken springen, dann
würde ich es auch schaffen, mit meiner Mutter zu reden und herausfinden, wie es
ihr geht. Mit meiner Mutter über mich zu reden. Das war ja hier der
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