Eine von Zweien (German Edition)
Freund.
Eigentlich alles. Und bevor du aufgetaucht bist, hat mich das vollkommen
befriedigt. Ich war rundum zufrieden. Ich hatte keine höheren Erwartungen als
zufrieden zu sein. Jetzt bist du hier, zwingst mich, Dinge von früher
auszugraben und wieder auszuprobieren und ich schau auf das, was ich bis jetzt
gemacht habe und finde es ungenügend. Es macht mich weder zufrieden, noch kann
ich mich weiterhin mit dem Zufriedensein begnügen. Ich habe mit dir kleine
zerbrechliche Momente des Glücklichseins erlebt und
will mehr davon. Du veränderst meinen Standard. Ich will glücklich sein, dann
könnte ich auch stolzer auf mich sein, egal, welchen Job ich ausüben würde.
Aber wie ich dahin komme, das weiß ich nicht. Wie gesagt, eigentlich habe ich
alles und sollte mehr als glücklich sein.“
„Erstens: Alles was du aufgezählt hast, ist das alles, was
man braucht, um glücklich zu sein? Zweitens: Du hast auch noch eine
Vergangenheit, mit der du dich nicht auseinander setzt, ein Defizit an
emotionalen Kontakten, Freunde und Freundinnen, mit denen du nur über Gefühle
und Erfahrungen redest, nicht über die Arbeit. Du hast viel zu wenig Kontakte,
auch wenn die Menschen dafür da wären! Was ist denn zum Beispiel mit den Mädels
von früher? Hast du mit denen noch Kontakt? Nein! Oder was ist denn mit Kathrin
von der Arbeit. Mit der könntest du dich auch mal treffen.“
Mit Kathrin, wie kam Beth denn jetzt auf Kathrin? Emotionale
Kontakte, gut, ich hatte mit ihr ausgemacht, mich auf ihre Methode einzulassen.
Aber Kathrin sah ich doch sogar ab und zu. Das musste ich Beth sagen.
„Beth, die treffe ich manchmal außerhalb der Arbeit, wenn wir
Tennis spielen.“ Ich war sogar ganz stolz, dass mir das eingefallen war. Beth
war nicht so beeindruckt.
„Lissi, das ist nicht das was ich meine, erinnere dich bitte
an früher. Ihr Mädels habt einfach da gesessen und über euch geredet. Über
alles geredet. Nochmal nachgefühlt, durchlebt und euch ausgetauscht. Dadurch
fällt einem auf, was man selber für verkorkste Denkfehler macht, und wo man
selber eine Art an den Tag legt, die nicht unbedingt gut ist. Freunde sagen dir
auch, wenn sie denken, du seist auf dem falschen Weg. Ob du es hören willst
oder nicht.“
Beth schaute mich verschwörerisch an.
„Also, wir sollten die Punkte ausmachen, an denen wir denken,
dass die Andere daran arbeiten sollte. Ich habe mir für dich schon die
wichtigsten Punkte herausgesucht. Als Erstes solltest du dich mit unserer
Familie wieder auseinandersetzen und sie nicht aus deinem Leben ausschließen.
Also erstmal versuchen, jeden einzelnen wieder kennenlernen und sie dann so zu
nehmen, wie sie sind. Sie genau so akzeptieren, wie sie sind. Auch Dad! Wir
reden hier über Erwachsene, abgesehen von Anna. Die Erwachsenen kann man nicht
ändern, wenn sie das nicht wollten. Als erste Aufgabe: Du musst sie besuchen
oder wenigstens anrufen und mit ihnen reden. Du kannst ja mit Alice und Mum
anfangen. Und wir beide wissen, mit Dad wirst du nicht telefonieren. Also musst
du wohl nach Nürnberg fahren müssen.“
„Hah, hab ich es dir noch gar nicht erzählt, ich habe gestern
mit Alice gesprochen. Über sehr emotionale Themen und ich hab sie gefragt, wie
sie meinen Umzug und meine Veränderung damals erlebt hat. Das hat auch wirklich
gut getan. Also, das Gespräch selbst hatte nicht so gut getan, aber ihre
Meinung zu hören, das war eine gute Erfahrung! Naja, gut ist wohl übertrieben.
Ich muss das ganze Gespräch noch verarbeiten, aber es scheint, als ob sie dich
in deiner Ansicht voll unterstützt. Sie sagt, mit dem Ablegen des Namens Beth,
hatte ich damals alles abgelegt, was mich ausmachte. Ich habe mich vom Kopf her
entschieden, Lissi zu werden, das Gegenteil von Beth.
Beth schaute mich erfreut an.
„Gut, das ist schon sehr gut, aber dann überlegen wir mal; was
dich dazu getrieben hat bzw. wer und welches Ereignis, das wissen wir. Aber
warum? Was war nochmal der Grund, dein Leben komplett zu ändern und so weit zu
gehen und sogar dein Namen zu wechseln?“
„Ich wollte mich vor weiteren Enttäuschungen und Verletzungen
schützen. UND wollte unbedingt die erlebte Verletzung vergessen. Allem aus dem
Weg gehen, das mich an diese Verletzung erinnert hätte.“
Ui, sie wollte wirklich nicht, dass ich die Erinnerung daran
wieder irgendwohin vergrabe. Sie stellte sicher, dass ich immer wieder darüber
nachdachte. Ich hatte gesagt, dass ich mitmachen würde, also musste ich jetzt
auch
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