Eine von Zweien (German Edition)
wie eine Lehrerin. Sogar die typische Ledertasche
baumelte an ihrer Schulter.
„Apropos, wie es den anderen geht! Was machst du denn morgen?
Um 12 Uhr? Wir treffen uns alle im „Glorias“ morgen, kennst du das noch? Das
wäre ja verrückt, nach all den Jahren, wir fünf wieder vereint. Das wär was!“
„Glorias, ja das kenne ich noch. Ich reserviere mir gerne
dafür die Zeit, aber meinst du nicht, du solltest die anderen vielleicht erst
fragen?“
Mir wurde ganz weich in den Knien. Alle meine Mädels von
früher treffen. Und was war aus mir geworden? Egal, es kann alles kein Zufall
sein. Ich bin hier, treffe Biggi gerade in diesem Moment an diesem Ort, Beth
ist nicht da und ich bin Beth von damals. Verrückt. So einen Zufall konnte es
nicht geben! Es war doch klar wer dahinter steckte.
„Den anderen werde ich gar nichts erzählen, die werden
genauso erstaunt sein, wie ich. Also Beth, was hast du bis jetzt so getrieben?“
Ich merkte, wie ich einfach darauf los plapperte. Ich
erzählte ihr die Kurzform meiner Lebensgeschichte bis jetzt, gezuckert mit
allen Gedanken und Erkenntnissen der letzten Tage. Das musste mit dem Moment zu
tun haben oder mit der frischen Luft, wahrscheinlich hatte Beth mir bei ihrem
Erscheinen ein Wahrheitsserum eingeflößt, ich konnte nicht aufhören zu reden.
„So wie es aussieht, habe ich mich versteckt. Aber das wird
mir jetzt erst immer klarer.“
„Wovor denn?“ Biggi klang erstaunt.
„Vor dem Leben, wie es scheint!“ seufzte ich nur.
„Wieso, was hast du denn gemacht? Oder was machst du denn?“
„Ich bin Wirtschaftsprüferin und arbeite in einer sehr
renommierten Firma in Berlin. Das habe ich gemacht.“
Ich konnte sehen, wie sich ein Erstaunen auf ihrem
erschöpften Gesicht ausbreitete, das sie hellwach aussehen ließ.
„Ohhhh. Du und Zahlen? Du hast doch Mathe nie gemocht, du
konntest immer alles, aber gemocht?! Nein, niemals! Wie ist das denn passiert?“
„Das ist eine längere Geschichte, vielleicht erzähle ich dir
lieber morgen genaueres davon. Aber du bist wirklich Lehrerin geworden, so wie
du es immer vorhattest. Wie gefällt es dir? Alles so, wie du es dir erträumt
hattest?“
„An den meisten Tagen ist es so, wie ich es mir erhofft
hatte. An manchen Tagen aber einfach nur anstrengend. Aber ich glaube, so ist
jeder Traumjob, oder?“ Du konzentrierst dich auf die schönen Seiten, die dir
Energie geben und die anderen nimmst du einfach so hin. Das Aufregende ist,
dass dir die Kinder in den merkwürdigsten Situationen wieder Energie geben. Das
ist das Schöne an diesem Beruf.
„Hast du Familie? Kinder? Du hast doch sicher Kinder, du
wolltest doch immer früh Kinder bekommen!“ Ich wusste nichts mehr über sie.
Nach so langer Zeit waren das alles berechtigte Fragen.
„Ja, stimmt. Ich wollte immer früh Kinder haben. Nein, habe
ich aber noch nicht. Das mit den Männern hat bis jetzt nicht so geklappt. Aber
ich habe ja viele Kinder in meinem Leben.“
„Ja, stimmt, sehr viele.“ Ich musste grinsen. Das war eine
interessante Sichtweise.
Wir lachten beide, es war für einen kurzen Moment wie früher.
Mein Telefon klingelte, da keine Nummer mitgesendet wurde, musste ich rangehen,
es könnte jemand von der Arbeit sein. Ich entschuldigte mich für einen Moment
und bat Biggi, nicht zu gehen.
„Lissi Gold, hallo! Ja, ich habe die Akten bekommen und
mitgenommen, ja das kannst du Herrn Dunken weitergeben. Alles klar. Ich danke
dir, Max. Ja, schönen Abend noch.“ Ich verstaute das Handy wieder in meiner
Tasche und widmete mich wieder Biggi. Sie schaute mich mit schiefgelegtem Kopf
an.
„Lissi? Wieso denn Lissi?“
„Ui, Biggi, ich sage dir, das gehört zu meiner ganzen langen,
kurzen Geschichte. Ich bin seit ich Berlin bin schon Lissi Gold.“
„Ok, ich glaube nicht, dass ich mich daran gewöhnen kann,
aber wenn du darauf bestehst, dann werde ich es versuchen“, sagte sie
skeptisch.
„Ach, ich habe keine Ahnung mehr davon, was ich eigentlich
will. Wie ist es eigentlich, an unserer alten Schule Lehrerin zu sein? Dann
bist du ja jetzt eine Kollegin all unserer früheren Lehrer, oder?“
„Um Gottes Willen, das wäre wirklich verrückt! Nein, ich bin
nebenan in der Grundschule. Nein danke, mit unseren netten Lehrern, auch wenn
ich jetzt mehr Verständnis für sie habe, aber trotzdem behalte ich sie lieber
als Lehrer in Erinnerung, als sie als Kollegen haben zu müssen! Wirklich. Und
ich bevorzuge Kinder, weniger Jugendliche. Viele von
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