Eine Welt für Menschen
abenteuerliche Idee bildete sich in seinem Verstand. So abenteuerlich in der Tat, daß sie weiterer Beachtung nicht wert schien. Aber dann kamen ihm Zweifel. Was wußte er über die technischen, über die psionischen Mittel dieser Wesen? Sie beherrschten die Kunst der fahrzeuglosen Fortbewegung, der gerätelosen Kommunikation; sie hatten sich soeben erboten, eine Stadt für die Besatzung der CONQUEST herzurichten, als koste es ebenso wenig Mühe, wie einen Pflock in den Boden zu schlagen.
Außerdem – warum sollte er seine Idee nicht einfach ausprobieren? Was konnte es schaden? Selbst wenn sie völlig hirnverbrannt war, Pellgon hielt ihn ohnehin für einen unterentwickelten Narren. Eine dumme Frage würde an seiner Meinung kein Iota ändern.
Er wartete geduldig, bis der Wortwechsel zwischen Pellgon und seinen Artgenossen ein Ende gefunden hatte. Dann erkundigte er sich beiläufig und mit der unschuldigsten Miene der Welt:
»Übrigens – wo ist Tajsa?«
Mit dieser Reaktion hatte er nicht gerechnet. Dem Blauhäutigen sank die breite Kinnlade herab. Aus den starren Augen der bleichen Frau leuchtete gehässiges Feuer. Der Zwerg fuhr mit einem quiekenden Laut in die Höhe. Der Fallschirmjäger verlor das Gleichgewicht und mußte sich mit einer Hand auf den Boden stützen, und das weibliche Wesen auf dem exotischen Sessel sank vor Schreck ein Stück tiefer in die Polster.
Pellgons Gesicht schien wie aus Stein gemeißelt. Er schien Mühe mit dem Sprechen zu haben, als er mit gepreßter Stimme hervorbrachte:
»Es steht dir nicht zu, diese Frage zu stellen, Fremder. Es gibt Dinge auf dieser Welt, die dich so wenig angehen, daß du sie nicht einmal in den Mund nehmen darfst …«
Es wurde Ashley Bannister seltsam zumute. Die Umgebung erschien ihm mit einemmal unwirklich. Die Umrisse der Personen begannen zu wanken. Er hatte ein tiefes, anhaltendes Rauschen in den Ohren – und plötzlich wurde es finster.
Als er wieder zu sich kam, lag er auf dem Rücken und hatte ein weiches Polster unter sich. Es war immer noch finster; aber das Rauschen, das er jetzt hörte, war rhythmisch und stammte offenbar von der Brandung einer nahen Küste. Einen Augenblick wiegte er sich in der Hoffnung, Pellgon habe ihn mit seinem geheimnisvollen Transportmittel nach Grand Cayman und an Bord der CONQUEST zurückverfrachtet. Aber dann streckte er die Arme aus und ertastete mit den Händen Gegenstände, deren Umrisse ihm fremd waren.
»Du brauchst dich nicht zu fürchten«, sagte eine sanfte Stimme aus der Dunkelheit. »Wenn du Licht wünscht, dann sage einfach ›Licht‹, und es wird für Helligkeit gesorgt.«
»Licht«, sagte Ashley.
Irgendwo im Hintergrund leuchtete eine Lampe auf. Ihr Schein war matt und angenehm. Eine Sekunde lang glaubte Ashley, er befinde sich noch immer in Pellgons Wohnung. Die Einrichtungsgegenstände, die ihn umgaben, waren ebenso fremdartig wie jene, die er dort gesehen hatte. Aber dann erkannte er, daß der Raum weitaus kleiner war. Auch er war nach einer Seite hin offen, und Ashley, dessen Sinne sich inzwischen auf die unbekannte Umgebung eingestellt hatten, vernahm das leise Rascheln des Windes in den Zweigen von Pflanzen, die das Dunkel einhüllte. Er stand auf. Das Objekt, auf dem er geruht hatte, war eine Art Liege. Er bahnte sich den Weg zwischen zwei Stühlen und einem Tisch hindurch und prallte, als er die offene Seite des Raumes erreichte, gegen ein unsichtbares, federndes Hindernis.
»Das Verlassen des Raumes ist dir vorläufig untersagt«, erklärte die sanfte Stimme.
»Wer bist du?« wollte Ashley wissen.
»Nenne mich Kepler.«
Ashley horchte auf. »Kepler? Das ist ein seltsamer Name.«
»Mit dem niemand etwas verbindet.«
»Meinst du? Kepler ist der Mann, der die Planetenbahnen errechnet hat und noch vor Newton eine Reihe gravimechanischer Zusammenhänge erkannte.«
Es vergingen ein paar Sekunden. Als die sanfte Stimme sich wieder meldete, schwang in ihr ein unverkennbarer Unterton der Überraschung.
»Das weißt du? Woher?«
»Zu meiner Zeit lernte das jedes Kind in der Schule.«
»Zu deiner Zeit? Wie alt bist du?«
»Hat dir das Pellgon nicht erzählt? Ein paar Millionen Jahre.«
Abermals herrschte eine Zeitlang Schweigen. Dann sagte Kepler:
»Es wäre interessant, wenn ich mich mit dir unterhalten könnte. Aber ich fürchte, Pellgon wird es nicht gerne sehen.«
»Du bist ein Priparnak, nicht wahr?«
»Ich bin ein Priparnak-Aspekt«, lautete die Antwort. »Weißt du auch
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