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Eine Welt für Menschen

Eine Welt für Menschen

Titel: Eine Welt für Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Mahr
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Kepler anrief und mit ihm sprach. Damit war niemand gedient. Im Gegenteil, Kepler würde alle weiteren Gespräche ablehnen. Aber inzwischen hatte die Lage sich geändert. Erstens war sie gefährlicher geworden. Mindestens einer noch mußte außer ihm von Kepler wissen – für den Fall, daß ihm etwas zustieß. Bob Koenig war der geeignete Mann. Auf seine Schweigsamkeit konnte er sich verlassen. Und zweitens würde ihm bei seinen künftigen Gesprächen mit dem Multiplex ein wenig zusätzliche Schläue recht zustatten kommen. Bob war ein geschickter Unterhändler.
    »Freund?« wiederholte Bob verständnislos. »Du meinst jemand, den ich noch nicht kenne?«
    »Sozusagen«, antwortete Ashley lächelnd und ging auf den offenen Ausgang zu.
    Vorläufig kam es allerdings nicht zur Verwirklichung seines Planes. Die Nacht hielt zu letzter Stunde noch eine weitere Überraschung bereit. Sie hatten das Gebäude kaum verlassen, da sahen sie eine Reihe schwankender Fackeln, die aus der Seitenstraße auf die Kreuzung einschwenkten. Grölendes Geschrei war zu hören. Jemand sang falsch, aber mit Inbrunst:
    »We’re all black sheep, and we’ve lost our way …«
     
    Bob Koenig und Ashley Bannister traten der lärmenden Menge in den Weg. Fackellichter füllten die Seitenstraße bis hinaus zum westlichen Stadtrand. Ashley schätzte die Zahl der Grölenden und Singenden auf wenigstens fünfhundert. Ein bekanntes Gesicht tauchte vor ihm auf. Birte Danielsson. Haltlos grinsend schwankte sie auf ihn zu.
    »Hallo, Li-Liebling«, gurgelte sie.
    »Was geht hier vor?« fragte er ernst.
    »Esso … exo … Exodusss …«
    Er sah, daß sie ein eimerähnliches Gefäß am Arm trug. Solche Gefäße fanden sich in den Wohnungen. Birte hatte es mit Proviant vollgepackt. Auch andere Fackelträger waren auf diese Weise ausgestattet.
    »Exodus – wohin?« wollte Ashley wissen.
    Ein Mann schob sich durch die Menge – ziemlich füllig, ein wenig mehr als mittelgroß, aufgedunsenes Gesicht. Ashley erinnerte sich: Kurica Mellon, der des öfteren als Sprecher der Broadway-Bewohner fungiert hatte. Er wirkte weitaus nüchterner als Birte. Sein Auftreten war nicht ohne Arroganz.
    »Wer hält uns hier auf?« fragte er.
    »Ich will wissen, was ihr vorhabt«, antwortete Ashley.
    Kurica Mellon grinste überheblich. »Nicht, daß es dich etwas anginge«, spottete er, »aber ich sag’s dir trotzdem. Wir wollen fort aus der stinkenden Stadt, die deine Qahiren für uns gebaut haben. Wir wollen uns nicht umbringen oder auffressen lassen. Wir haben genug von der ständigen Angst. Wir wollen frei sein.«
    »Ihr seid verrückt«, sagte Ashley ruhig. »Ihr habt kein Ziel. Ja, diese Stadt ist voller Angst. Aber sie ist der einzige einigermaßen sichere Ort auf dieser Welt.«
    »Wir haben ein Ziel«, widersprach Mellon ärgerlich. »Die CONQUEST. Sie liegt irgendwo im Nordosten von hier, und wenn fünf Jahre vergehen, bis wir das erste seetüchtige Boot gebaut haben – wir finden hin, verlaß dich drauf!«
    »Die Qahiren werden euch einfach wieder hierher zurückbringen.«
    Mellon machte eine verächtliche Geste. »Bis dahin haben sie längst das Interesse an uns verloren«, lachte er. »Besteht ihr ruhig eure Prüfung, wir verzichten auf die Segnungen der qahirischen Zivilisation und leben lieber unser eigenes Leben. Die CONQUEST hat genug Vorräte, uns alle zu ernähren; außerdem haben wir bis dahin längst gelernt, vom Land zu leben. Die Tiere an Bord der CONQUEST sind bis dahin lange verwildert. Aber wir zähmen sie. Wer weiß, vielleicht gefällt uns das Leben als Farmer.«
    »Laß sie nicht gehen, Ashley«, warnte Bob. »Sie haben einen Teil unserer Waffen.«
    »Du Mißgünstling, du erbärmlicher«, schnaubte Mellon ihn an. »Wir wollen von euch nichts geschenkt haben. Eure Waffen haben wir denen ausgehändigt, die zu feige sind, mit uns zu ziehen.«
    »Kurica, du bist dreimal verrückt!« wiederholte Ashley, diesmal mit Nachdruck. »Ohne Schußwaffen kommt ihr keine zwanzig Kilometer weit.«
    »Meinst du?« lautete die höhnische Antwort. »Wir sind fünfhundertzehn Männer und Frauen, alle gesund, jeder kann einen Knüttel schwingen. Wer will uns in den Weg treten? Die Halsabschneider von vorgestern? Die Schwarzhäute von gestern nacht? Hatten sie Schußwaffen? Nein. Also bahnen wir uns einen Weg und lassen uns von niemand aufhalten!«
    »Noch habe ich hier die Verantwortung, Kurica«, sagte Ashley ruhig, aber bestimmt. »Noch sind wir kein demokratischer

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