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Eine wie Alaska

Titel: Eine wie Alaska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Green
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Folge ist, dass Mädchen zu Objekten reduziert werden, während Jungen von Mädchen als ganze Menschen betrachtet werden –«
    In diesem Moment stand Lara auf und unterbrach Dr. Morse mit ihrem zarten, unschuldigen Akzent. »Sie siend so sexy! Können Sie niecht einfach die Klappe halten und siech ausziehen?«
    Die Schüler brachen in Gelächter aus, und der gesamte Lehrkörper bedachte Lara mit schockierten Blicken. Sie setzte sich wieder.
    »Wie heißen Sie, mein Kind?«
    »Lara«, sagte sie.
    »Nun, Lara«, begann Maxx und warf einen Blick auf seinen Zettel. »Das ist eine interessante Fallstudie – ein weibliches Wesen, das mich, einen Mann, als Objekt betrachtet. Das ist so ungewöhnlich, dass ich davon ausgehe, dass Sie es nicht ernst gemeint haben.«
    Doch Lara rief: »Ich mache keine Wietze! Ich wiell, dass Sie siech ausziehen!«
    Nervös sah er auf sein Blatt, dann blickte er ins Publikum und lächelte. »Nun ja. Es ist äußerst wichtig für die Entwicklung der psychokulturellen Sexualität im Jugendalter, das patriarchalische Paradigma aufzubrechen, und ich schätze, auch das ist eine Möglichkeit. Nun gut, also dann –« Er trat neben das Rednerpult. Und dann rief er, laut genug, dass Takumi ihn oben hören konnte: »DAS HIER IST FÜR ALASKA YOUNG!«
    In diesem Moment begannen die Bässe von Prince’ »Get Off« aus den Lautsprechern zu wummern, und Dr. William Morse griff sich mit einer Hand ans Hosenbein, mit der anderen ans Revers, und riss die Klettverschlüsse auf, und das Kostüm fiel ab, und darunter kam Maxx mit zwei x zum Vorschein, ein beeindruckend muskulöser Mann mit Waschbrettbauch und ölglänzenden Brustmuskeln. Maxx stand grinsend da mit nichts als einer Unterhose am Leib, einer engen kleinen Unterhose, nicht weiß gerippt – sondern ein Tanga aus schwarzem Leder.
    Während Maxx sich im Rhythmus der Musik bewegte, brach das Publikum in tosenden Applaus aus – bei Weitem der flammendste Beifall in der Geschichte des Culver-Creek’schen Expertentages. In Null Komma nichts war der Adler auf den Beinen, doch Maxx flexte seine Muskeln im Takt, bis der Adler, der sich ein Grinsen verkneifen musste, ihm mit dem Daumen ein Zeichen gab, er solle verschwinden, und Maxx folgte der Anweisung.
    Ich blickte Maxx hinterher. An der Tür stand Takumi, die Fäuste erhoben zum Zeichen des Triumphs, bevor er wieder nach oben rannte, um die Musik abzudrehen. Ich war froh, dass er wenigstens ein bisschen von der Show gesehen hatte.
    Takumi hatte genug Zeit, seine Geräte abzubauen. Das Durcheinander dauerte mehrere Minuten an, während der Adler immer wieder ins Mikro sagte: »Okay, okay. Beruhigen wir uns wieder. Beruhigt euch, Kinder. Lasst uns wieder ruhig werden.«
    Als nächstes war der Redner der Senior-Klasse an der Reihe. Sein Auftritt war todlangweilig. Und als wir am Ende die Turnhalle verließen, versammelten sich alle Nicht-Juniors um uns und fragten: »Wart ihr das?« Und ich lächelte nur und sagte nein, denn weder ich noch der Colonel noch Takumi oder Lara waren es gewesen, noch Longwell Chase oder sonst irgendjemand in der Turnhalle. Nein, es war durch und durch Alaskas Streich.
    Das Schwierigste an Streichen, hatte Alaska mir einmal erklärt, ist, dass man danach den Mund halten muss. Doch diesmal mussten wir den Mund nicht halten, wir konnten reden, in ihrem Namen. Und während ich mir langsam den Weg aus der Turnhalle bahnte, erklärte ich jedem, der es wissen wollte: »Nein. Nicht wir. Alaska war es.«
    Zu viert kehrten wir in Zimmer 43 zurück, im Rausch unseres Erfolgs, dass die Schule ihren besten Streich gesehen hatte.
    Ich hatte schon vergessen, dass wir Ärger bekommen könnten, als die Tür aufflog und der Adler über uns stand. Missbilligend schüttelte er den Kopf.
    »Ich weiß, dass ihr es wart«, sagte der Adler.
    Wir starrten ihn schweigend an. Er bluffte oft. Vielleicht bluffte er.
    »Macht so was nie wieder«, sagte er dann. »Aber, Donnerwetter, ›das patriarchalische Paradigma aufbrechen‹ – es war, als hätte sie die Rede selbst geschrieben.« Dann lächelte er und schloss die Tür.
Einhundertvierzehn Tage danach
    Zehn Tage später, als ich von den Nachmittagskursen kam, brannte mir die Sonne auf die Haut und erinnerte mich daran, dass der Frühling in Alabama innerhalb von Stunden kam und ging und dass jetzt, Anfang Mai, Sommer war, für die nächsten sechs Monate. Ich spürte, wie mir der Schweiß den Rücken herunterrann, und sehnte mich nach den schneidenden

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