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Eine Witwe ohne Tränen

Eine Witwe ohne Tränen

Titel: Eine Witwe ohne Tränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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deutlich das Zögern in seiner
Stimme hören. »Was, glauben Sie, wird dort oben geschehen?«
    »Ich
weiß es nicht genau«, sagte ich ehrlich. »Aber wenn ich inzwischen das Ganze
nicht ein wenig in Schwung gebracht habe, können wir einpacken und heimgehen.«
Ich öffnete die Tür und stieg aus. »Also in zehn Minuten, ja?«
    »Das
hoffe ich«, sagte er inbrünstig. »Denn wenn Sie zu dem Zeitpunkt, an dem ich
hinaufkomme, verschwunden sind, kostet mich das eine schlaflose Nacht!«
    Ich
schlug die Wagentür zu, ging, während mir Fosses ermunternde Vorstellung kalte Schauer über den Rücken jagte, über die Straße
und betrat das Haus.
    Die
Tür von Godfreys Wohnung hing noch immer wie betrunken in ihren Angeln, und
eine kurze irre Sekunde lang fragte ich mich, ob vielleicht auch noch mein
alter Freund Lou eingeklemmt unter der Couch liegen mochte. Es war ausreichend
Raum da, um die Wohnung zu betreten, ohne klingeln zu müssen. Ich wartete eine
ganze Weile im Eingangsflur und lauschte, die Achtunddreißiger fest in der
Hand, auf einen Laut von Stimmen. Aber es herrschte lediglich Grabesstille, und
so durchsuchte ich Wohn- und Eßzimmer und Küche, ohne jemanden zu finden.
Schlagartig fiel mir ein, daß es sich um eine zweistöckige Wohnung handelte und
daß demnach wohl alle oben sein mußten. Ich stieg Stufe um Stufe die Treppe
empor, leichtfüßig wie ein unterernährter Spatz. Als ich oben angelangt war, blieb
ich stehen und lauschte erneut. Nach ein paar Sekunden hörte ich plötzlich
Stimmen in dem großen Schlafzimmer zu meiner Rechten. Aber sie waren zu leise,
als daß ich die Worte hätte verstehen können. Die Tür stand halb offen, und so
stieß ich sie weiter auf und trat dann ins Zimmer. Marvin Lucas und Vivienne
Carlyle standen beide, den Rücken mir zugewandt, da und unterhielten sich
leise. Ich räusperte mich leise, und ihre Köpfe drehten sich gleichzeitig zu
mir um.
    »Holman?«
Viviennes Augen glitzerten flüchtig, dann lächelte sie. »Sie können die Pistole
wegstecken, die brauchen Sie nicht.«
    »Zu
spät, Holman.« Lucas schmutziggraue Augen verrieten offene Schadenfreude, als
sie mich anblickten. »Wir sind alle zu spät gekommen.«
    »Vielleicht
weiß er das bereits?« sagte Vivienne in scharfem Ton. »Vielleicht ist er nur
gerade vorbeigekommen, um nachzuprüfen, ob sein kleiner Plan so geklappt hat,
wie er es sich vorgestellt hat?«
    »Das
geht mir alles ein bißchen zu schnell«, sagte ich mit entschuldigender Stimme.
»Wollen Sie mir bitte das Ganze erklären?«
    »Nicht
nötig, Holman«, sagte Lucas höhnisch. »Sehen Sie selber.«
    Er
trat zur Seite, so daß ich das bisher von den beiden verdeckte Bett sehen
konnte. Justin Godfrey lag ausgestreckt darauf, seine blaßblauen Augen starrten konzentriert und ohne zu blinzeln zur Decke empor. In seiner
linken Schläfe war ein häßliches, von Pulverbrandspuren umgebenes Loch, und die
Pistole baumelte, nach wie vor von seiner Rechten umklammert, ein paar
Zentimeter über dem Boden.

NEUNTES KAPITEL
     
    E r hat einen Brief hinterlassen«, sagte
Vivienne mit gleichmütiger, desinteressierter Stimme. »In dem steht alles drin,
Holman, das wird Sie freuen. Wie er Gail damals in jener Nacht belogen und ihr erzählt
hat, Lloyd habe vor, mit mir durchzugehen, und all sein Gerede, er wolle sich
mit ihr, Gail, von allem zurückziehen, habe nur dem Zweck gedient, ihr Sand in
die Augen zu streuen. Wie er, Justin, sie überredet hat, erst etwas zu trinken
und später noch mehr; wie er ihr beigepflichtet hat, daß das Leben nicht
lebenswert sei, und wie er — bevor er wegging — dafür gesorgt hat, daß sich
Lloyds Schlaftabletten unmittelbar neben ihr befanden.« Vivienne biß sich kurz
auf die Unterlippe, und dann blickten mich ihre nachtblauen Augen geradewegs
an. »Sind Sie jetzt glücklich, Holman? Ich meine, nun haben Sie doch, was Sie
gewollt haben! Das ist nun das Endresultat Ihres Besuches auf Long Beach heute nachmittag , nicht wahr? Schon da haben Sie ihn fast
ertränkt!«
    »Eins
muß man Justin lassen«, bestätigte ich, »er hat seine Sache gut gemacht.
Diesmal war es keine schlampige Arbeit, der Brief ist vorhanden und alles
bestens geregelt. Vermutlich hat er sich daran erinnert, was für ein
Durcheinander es nach dem Selbstmord seiner Schwester gab, weil sie vergessen
hatte, einen Brief zu hinterlassen.«
    »Ich
weiß wirklich nicht, wovon Sie reden«, sagte Vivienne in scharfem Ton.
    »Er
hat den Brief natürlich

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