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Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition)

Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition)

Titel: Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Niederwieser
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erschraken wir, packten jeder eine Gliedmaße und zogen ihn hoch. Als er wieder saß, zog sich Bernhard aus und setzte sich zu ihm in die Wanne, um ihn zu stützen. Ich beobachtete die beiden, als hätte ich selbst keinen Anteil an dem Geschehen.
    „Willst du nicht mal anfangen, ihn zu waschen?“ fragte Bernhard. „Das Wasser wird kalt.“
    Ich schaute ihm in die Augen und spürte eine unendliche Trauer in mir aufsteigen. Ich war wie gelähmt. Da griff Bernhard zum Shampoo und begann, Adrian zu waschen.
    Später, als wir meinen Geliebten abgetrocknet und in Decken eingewickelt auf dem Sofa untergebracht hatten, saßen wir bei klassischer Musik zusammen.
    „Wie soll das weitergehen, Raimondo?“ fragte Bernhard und warf einen Blick auf Adrian.
    „Wir machen jetzt eine kleine Kur.“
    „Eine Kur?“
    „Ja, er kriegt eine Serie von Spritzen, die machen meinen Tortenmeister wieder hübsch.“ Adrian war kräftig und schön gewesen, als ich ihn kennenlernte; diese Medikamente haben ihn unförmig gemacht. Es durfte kein häßliches Skelett aus ihm werden, das würde ich nicht zulassen.
    „Wieder hübsch?“
    „Und sobald er auf der Höhe ist, fahren wir nach Italien. Es ist an der Zeit, daß meine Familie ihn kennenlernt.
    „Raimondo. Raimondo!“ rief Bernhard mit eindringlicher Stimme, aber ich überhörte ihn.
    Ich legte meine Hand auf das Gesicht meines Liebsten. „Mein süßer, süßer Adriano. Wir werden noch viel Spaß miteinander haben. Nicht wahr?“
    Seine Augen waren weit. Er starrte auf den Heizkörper. Zu gern hätte ich gewußt, was er dort sah.
    Zum Abschied umarmte mich Bernhard. Er drückte mich fest an sich, aber ich blieb stark. Wenn ich ihn an mich heranließe, würde ich in seine Arme sinken. Ich würde mich an ihm festklammern und ihn anbetteln, daß er bei mir bliebe. Aber darüber sind wir hinweg. Wir sind Freunde, besondere Freunde. Mehr nicht. Aber das ist schon eine ganze Menge. Oder?
    Er drückte mir einen Kuß auf die Lippen und verharrte, bis ich ihn wegschob.
    „Grüß deine Mutter von mir. Und sag ihr bitte, daß ich versuchen werde, sie noch mal zu besuchen, bevor sie fährt.“
    „Vergiß es, Raimondo“, antwortete er. „Länger als bis morgen halte ich es nicht mit ihr aus.“ Dann wollte er mich noch einmal küssen, aber ich wehrte ab.
    „Schau, daß du nach Hause kommst. Raus mit dir, aber flott“, sagte ich und schob ihn aus der Tür.

Lydia *
     
    „Hi, sweetie. Sorry, daß es so spät geworden ist“, hörte ich eine Frauenstimme sagen. Durch die offene Wohnungstür zog es eisig herein. „Die Stadt ist voll wie zum Oktoberfest.“
    „Es sind Weihnachtsferien. Was erwartest du?“ sagte Edvard zu der Frau im Treppenhaus. Hannah zwängte sich zwischen seinen Beinen hindurch und ging schmollend auf Bernhard zu.
    „Ich muß los. Max will mit mir noch ein paar Sachen durchsprechen. Hannah ist sehr quengelig. Wir hatten schon beim Frühstück den ersten Krach.“
    Bernhard nahm Hannah auf den Schoß, flüsterte ihr etwas ins Ohr und schmunzelte, aber sie schmollte weiter. Er zog ihr das nasse Mäntelchen aus; sie warf sich bockig an seine Brust.
    „Willst du nicht doch einen Moment reinkommen?“ fragte Edvard. „Bernhards Mutter ist zu Besuch.“
    Kim steckte den Kopf zur Tür herein. Als sie mich sah, stürmte sie auf mich zu.
    „Hallo, Frau Moll. Das ist ja eine Ewigkeit her. Sie haben sich kaum verändert. Schön, daß Sie uns endlich mal besuchen kommen. Sehe ich Sie nachher auf der Lesung?“
    Ich kam gar nicht zum Antworten, so schnell redete sie auf mich ein.
    „Ich muß jetzt leider wirklich sofort los. Tschüs, tschüs.“ Sie warf Bernhard und mir einen Luftkuß zu, küßte Edvard auf die Wange: „Ciao, Süßer, bis gleich!“ Dann war sie auch schon weg.
    „Sie ist immer so“, erklärte Edvard, nachdem er die Tür geschlossen hatte. „Kim ist eigentlich eine ganz Liebe, nur immer unter Strom. Ich habe den Verdacht, daß sie an Schilddrüsenüberfunktion leidet.“ Und das aus Edvards Mund, der selbst so ein Zappelphilipp war.
    „Sie hat sich sehr verändert“, war das einzige, was mir einfiel. „Hatte sie damals nicht kurzes, vanillepuddingfarbenes Haar?“
    „Ja. Durch die Schwangerschaft ist sie erwachsener geworden“, sagte Bernhard. „Als ich sie kennenlernte, war sie runder, als hätte sie noch Babyspeck dran.“
    „Sie hat sich auch durch den Job verändert, Berni. Seit sie erkannt hat, daß sie sich von den Mädchen, die sie verkauft,

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