Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition)
Brief von einem seiner Studienfreunde.
Ich zog ihm die Decke weg, kletterte über ihn hinüber und bettete meinen Kopf in seinen Schoß. „Max‘ Buch verkauft sich gut.“
„Hmm.“ Bernhard las weiter und schlug die Decke über meinen Rücken.
„Kim hat mir erzählt, daß sie jede Woche zwei Lesungen halten könnte, so viele Anfragen liegen vor.“
„Hmm.“
Ich versuchte ihm unter den Unterlagen hindurch in die Augen zu schauen, um seine Aufmerksamkeit zu wecken, aber es gelang mir nicht. Sein Schwanz behinderte die Sicht meines linken Auges, mit dem rechten sah ich zwar seine Brust und ein wenig von seinem Kinn, aber sein Gesicht war von den Unterlagen verdeckt. Ich legte meine Hand auf seinen Bauch und kraulte ihn. Er hob den Text und schaute mich an, schmunzelte, senkte das Blatt wieder und las weiter, dabei legte er seine Hand auf meine und hielt sie fest.
Ich liebte es, wenn wir am Abend, so kurz vor dem Schlafengehen, noch ein wenig Zeit miteinander verbrachten und uns über all das unterhielten, wozu wir tagsüber nicht kamen. „Hab ich dir schon erzählt, daß eine Frauenzeitschrift nächste Woche ein Interview mit Kim macht?“
„Hmm.“ Bernhard hob den Text und schaute mich kurz an. „Darf ich mich wieder zudecken? Mir wird kalt.“
Ich legte mich neben ihn, meinen Kopf auf seine Schulter und deckte uns zu. „Ich freue mich für Max, daß das Buch so gut ankommt.“
Er legte seine warme Hand auf meinen Rücken und zog mich näher an sich heran. Dann ließ er den Text sinken. „Na toll. Max schreibt einen Herzschmerz-Roman, den Hausfrauen verschlingen, er klettert in die Bestsellerlisten, und sobald die Verkaufszahlen zurückgehen, outet er sich als Autor, kriegt dadurch Publicity, und die Verkäufe gehen noch mal nach oben. Für Max ist das toll, du und vielleicht ein paar andere finden das lustig. Aber was kriegen die Leute draußen mit? Wieder mal einen Schwulen, der voll ins Klischee paßt.“
Ich stützte mich auf meinen Ellenbogen und schaute ihn an. „Ach du und deine Vorbehalte. Fändest du es denn richtiger, wenn wir uns anpassen und auf hetero machen würden, nur um akzeptiert zu werden? Schwule sind nun mal anders drauf, Gott sei Dank. Und ein Teil unseres Andersseins besteht darin, daß wir mit Sex anders umgehen. Ich finde das sogar gut, wenn die Heten das immer wieder vorgesetzt kriegen. Vielleicht lernen sie ja was von uns.“
„Pfff.“ Er drückte mich wieder. „Hoffentlich nicht. Jedenfalls nicht von Max.“
Ich ließ mich unter lautem Seufzen auf den Rücken fallen. „Gib ihm doch zur Abwechslung mal eine Chance. Du weißt, daß er sich verändert hat.“
„Ja, ja, und wie! Er sucht die große Liebe, das erzählt er jedem. Und Jean-Paul hat er abfahren lassen.“
„Du bist echt ein Scherzkeks. Ich wette, wenn er Jean-Paul mitgenommen hätte, hättest du das als Beispiel für seine Promiskuität aufgeführt.“
Bernhard schob das Kissen unter seinem Kopf zurecht und zog die Decke bis unters Kinn. „Darf ich das Licht ausmachen?“ fragte er.
„Mach doch.“ Ich hatte ohnehin keine Lust mehr, mit ihm zu reden. Es war hoffnungslos.
Er schaltete das Licht aus und drehte sich dann zu mir, umfaßte mich mit beiden Armen. „Weiß Kim eigentlich schon, daß sie als Autorin dieses Meisterwerks entthront werden soll?“ „Meisterwerk“ betonte er höhnisch.
„Natürlich. Das war von vornherein abgesprochen. Du weißt doch: Sie hat immer noch den Spleen, nach Florida auszuwandern.“ Mir schauderte, als ich das aussprach; Bernhard zog meinen Kopf an seine Brust, dann streichelte er mich. Ich knabberte mit spitzen Lippen an seiner Brustwarze – vielleicht hatte er ja mal wieder Lust auf Sex –, aber bald wurden seine Atemzüge länger, wenig später war er eingeschlafen.
Ich wand mich aus der Umklammerung, drehte mich auf den Rücken und starrte ins Dunkel. Wenn Kim nach Florida ginge, würde sie Hannah mitnehmen. Für Bernhard war das eine klare Sache, Hannah war Kims Tochter, wir nur Ersatzväter. Ich aber dachte an Hannah. Wenn Kim arbeiten ging, käme Hannah zu Fremden. Und wenn sie mich dann mit ihrem Kindertelefon anriefe, würde ich nicht einfach mal so vorbeikommen können, sie abholen und mit ihr in den Zoo gehen. Wer würde ihr erklären, daß ich plötzlich Tausende von Kilometern weit weg lebte, wie sollte sie das verstehen, wenn sie nicht mal „morgen“ von „übermorgen“ unterscheiden konnte?
Berni packte mich im Schlaf und zog mich
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