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Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition)

Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition)

Titel: Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Niederwieser
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„Komm mal her!“
    Mein Herz pochte wie wild. Am liebsten wäre ich rausgelaufen, quer durch die Stadt zu Mäxx.
    „Was sollte ich über Max und dich wissen?“
    „Nichts. Er hat mich an dem Abend, als wir alle aus waren, gefragt, ob wir uns mal sehen wollen.“
    „Und?“
    „Dann hab ich ihn besucht. Nichts weiter.“ Ich stand vor ihm und starrte auf seine Schuhe, schwarze, blitzeblank polierte Halbschuhe.
    „Du warst bei ihm zu Hause? Max läßt normalerweise niemanden in seine Wohnung, es sei denn … Malvyn? Malvyn!“
    Ich schaute auf, in sein lächelndes Gesicht. Dann murmelte ich: „Okay, ich habe ihn geküßt.“
    „Bitte?“
    „Ich habe ihn geküßt, ja.“
    Ed packte mit beiden Hände meine Schultern. „Und dann? Erzähl schon.“ Es sah aus, als würde er sich darüber freuen.
    Aber leider gab es nicht mehr zu erzählen. Nach dem Kuß hatte Mäxx ziemlich schnell einen Grund gefunden, mich loszuwerden. Dabei war es gerade mal halb eins; unser date hatte also offiziell noch nicht mal angefangen.
    „Jetzt paß mal auf“, sagte er, ließ seine Hände sinken, drehte sich weg und legte seine Stirn in Falten. „Versprich mir, daß du Berni kein Wort davon sagst! Okay?“
    „Okay“, sagte ich, „versprochen.“
    Es war Montag. Am darauffolgenden Wochenende wollten Ed und B seine Mom aus Heidelberg holen. Dienstag fragten sie mich, ob ich nicht Lust hätte, meinen Onkel Hans, den Bruder meiner Mutter, in London zu besuchen.
    London, London. Ich konnte mir nichts darunter vorstellen.
    „Du mußt dir keine Sorgen machen“, versuchte Ed mich für die Idee zu begeistern. „Dein Onkel ist große Klasse. Wir waren schon ein paarmal bei ihm.“
    „Außerdem ist es ganz gut, wenn du ein bißchen was von Europa kennenlernst“, sagte B. „Wer weiß, vielleicht gefällt es dir dort noch besser als hier.“
    Was waren denn das für Aussichten? Ich wollte gar nicht, daß es mir dort besser gefiel. Ich war nach Deutschland gekommen, um schwul sein zu dürfen, und wegen Ed und B blieb ich in München. Jetzt sollte ich in eine fremde Stadt zu einem fremden Menschen. In London kannte ich keine Lokale, dort würde ich keine Freunde haben.
    „Ihr habt doch gesagt, daß ich im Arbeitszimmer schlafen werde.“
    „Die Wohnung ist für vier Personen zu eng“, erklärte B.
    „Und wenn ich bei Mäxx oder Lipstick schlafen würde? Nein?“
    Bernhard starrte mich an, es war dieser unerbittliche Blick. Und Edvard schaute zu Boden.
    „Auch nicht bei Raimondo?“
    B schüttelte den Kopf. „Malvyn. Es ist uns einfach zuviel“, sagte er. „Wir kümmern uns um Hannah, dann noch meine Mutter. Onkel Hans freut sich auf dich. Er hat uns versprochen, daß er dir die Stadt zeigen wird. Du mußt wirklich keine Angst haben.“
    Sie hatten also schon mit ihm telefoniert. Ich musterte die beiden, um abzuschätzen, wie weit ich gehen konnte. Ich wollte auch nicht zu viel trouble machen, sonst würden sie mich womöglich ganz nach Hause schicken.
    „Es ist doch nur für ein paar Wochen“, sagte Ed.
    „Ein paar Wochen?“
    „Vier“, sagte Ed. Und als er mein enttäuschtes Gesicht sah, setzte er hinzu: „Zum CSD bist du wieder da. Das ist ein Versprechen.“
    „Aber …“
    „Du wirst sehen“, sagte B, „die Zeit vergeht wie im Flug.“
    Na gut, dachte ich. Die Sache hatte auch einen Vorteil. Onkel Hans würde vielleicht nicht andauernd mit Adleraugen hinter mir sein. Vielleicht war es in London sogar leichter für mich, Sex zu haben.
    Wir buchten den Flug, dann blieben mir noch vier Tage in München. Die Zeit wollte ich nutzen, um unsere Freunde über London auszufragen. Ich sammelte reihenweise Tips, Namen von Bars, Discotheken, Restaurants. Am Ende der Woche war ich gut gerüstet. Den Rest der Zeit verbrachte ich im Freibad und besuchte Raimondo.
    Es schien, als würde er immer kleiner werden, je größer die Krankheit seines Geliebten wuchs. Viele meiner Freunde waren an Aids gestorben, ich hatte deswegen bereits die halbe Verwandtschaft meines Vaters verloren. In Simbabwe starben viele Menschen daran, aber es gab einen großen Unterschied zu hier: Kaum einer wurde so gut versorgt wie Adrian.
    Raimondo erzählte mir viele Geschichten von seinem „Zuckerbäcker“, wie er ihn auch gerne nannte, von all den Reisen, die sie gemeinsam unternommen hatten und die er mit ihm noch unternehmen wollte. Raimondo hatte so eine schwärmerische Art. Ich hätte ihm sagen können, daß Adrian nie mehr verreisen würde, keiner

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