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Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition)

Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition)

Titel: Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Niederwieser
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Alzheimer?“
    Berni drückte auf den Klingelknopf. Kurz darauf öffnete eine große Frau die Tür. Sie trug ein rosafarbenes Leinenkleid und Ledersandalen, um den Hals hing eine dicke Holzkette. Ihr schneeweißes Haar war auf Streichholzlänge geschnitten und stand senkrecht in die Höhe.
    „Hallo, Divja, das ist mein … Freund Edvard.“
    „Kommt herein!“ Sie nahm meine Hand in die ihre, sie war zart und zerbrechlich, dann führte sie uns ins Wohnzimmer.
    Bernhards Mutter saß auf dem Sofa. Sie mußte geschlafen haben, denn ein Kopfkissen lag neben ihr, und sie faltete gerade eine Decke zusammen. Sie hatte sich ein wenig Rouge auf die Wangen gelegt und trug einen Lippenstift; es waren nicht ganz ihre Farben, aber ich fand es rührend, daß sie sich für uns zurecht gemacht hatte wie für einen Gang in die Oper.
    „Hallo, Frau Moll“, sagte ich und wollte sie umarmen, da hielt mich Berni am T-Shirt zurück.
    „Hallo, Mama“, sagte er.
    „Hallo, mein Junge. Hallo, Edvard. Ihr seid früh dran. Kein Verkehr?“ Sie stand auf.
    „Es ging.“
    Frau Moll umarmte mich, hielt mich fest und gab mir einen Kuß auf die Wangen. Dann schob sie uns ins Eßzimmer.
    Divja bat uns, am Tisch Platz zu nehmen, der bereits mit Kaffeegeschirr gedeckt war; in der Mitte stand ein mit Schokolade überzogener Marmorkuchen. „Ich setz Tee auf. Oder wollt ihr lieber Kaffee?“
    „Tee ist wunderbar“, sagte ich, Berni nickte.
    Wir saßen kaum, da fragte uns Frau Moll nach Hannah, und ich gab ihre neuesten Entwicklungen zum besten: „Inzwischen kann sie schon ‚sch‘ sagen, aber mit dem ‚K‘ hapert es noch, außer bei ‚Katze‘, da funktioniert es schon ganz gut, vielleicht weil sie ständig davon spricht. Überall in der Wohnung hängen jetzt Katzenfotos, darauf können Sie sich schon mal einstellen. Wir lesen auch nur noch Katzenbücher.“
    Außerdem zählte Hannah jetzt schon bis drei. „Manchmal hat sie noch einen Zahlendreher drin. Trotzdem, eine gehörige Leistung für die kleine Maus.“ Ich nahm einen Schluck Tee und erzählte dann weiter. „Und den letzten Witz, den sie gerissen hat: Neulich hatten wir die ganze Mannschaft versammelt, Max und Lipstick und all die anderen. Da hat Jean-Paul Hannah gefragt, was sie denn später mal werden will. Und wissen Sie, was sie geantwortet hat?“
    „Nein. Was denn?“ fragte Frau Moll.
    „‚Wenn ich groß bin, will ich Edat heiraten.‘ Ist das nicht süß?“
    „Wie reizend. Die Kleine ist so goldig, Divja. Wie ein Engel.“
    Divja nickte.
    „Natürlich haben alle gebrüllt vor Lachen.“
    Ich erzählte auch, daß wir die Kleine im Moment weniger bei uns hatten, weil Kim sie auf die Lesereisen mitnahm. „Noch bis Ende Juni. Danach wird sie allerdings sehr viel Zeit bei uns verbringen, weil es in Kims Agentur dann rundgehen wird.“
    Bernis Mutter erkundigte sich ausführlich über das Wohlbefinden von Freunden, die sie kennengelernt hatte, und ich wunderte mich schon. Am Ende fragte sie nach Raimondo und bemühte sich sehr, es beiläufig klingen zu lassen. Dann wurde mir klar, daß sie mit der Frage nach den anderen nur ihre Neugier auf Raimondo hatte tarnen wollen.
    Bernhard gab mir mit einem Blick zu verstehen, daß ich nicht tiefer in das Thema einsteigen sollte, aber ich beachtete ihn nicht, sondern erzählte die Wahrheit.
    „Nicht gut. Wissen Sie, sein Freund ist sehr krank, und jetzt geht es rapide bergab. Erst kürzlich mußte Raimondo ihn wieder ein paar Tage ins Krankenhaus bringen. Das nimmt ihn natürlich sehr mit.“
    „O Gott!“ Die beiden Damen waren sichtlich betroffen. Frau Moll schaute zu Divja hinüber, die daraufhin Lydias Hand nahm und drückte.
    „Wie kommt der arme Herr Raimondo nur damit zurecht?“ fragte sie wohl eher rhetorisch, zog ein Taschentuch aus dem Ärmel und hielt es sich an den Mund.
    Ich schaute Berni fragend an, ob er denn was dazu sagen wollte, schließlich wußte er das besser als ich; aber er tat es nicht.
    „Wir haben den Eindruck, daß er das alles nicht wahrhaben will“, sagte ich. „Ich befürchte, daß das in einer Psychose enden wird.“
    „Einer was?“ fragte sie.
    „Einem völligen Realitätsverlust.“
    „Nu übertreib mal nicht“, sagte Berni.
    Das war typisch. Er war Raimondos einzige Stütze; wie das emotional aussah, das konnte man sich vorstellen. Ich hätte längst versucht, Raimondo klar zu machen, was Sache war, und bestimmt hätte ich es geschafft, daß er mal richtig heulte und anfing, um seinen

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