Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Einem Tag in Paris

Einem Tag in Paris

Titel: Einem Tag in Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Sussman
Vom Netzwerk:
auf ihrem. Warte auf mich.
    »Kommst du?«, ruft Nico von der Ecke.
    Sie schüttelt den Kopf. Sie sieht ihm zu, wie er zu ihr zurückkommt.
    »Sei nicht böse«, sagt er süß. »Ich konnte nicht anders.«
    »Er ist nicht mehr da«, sagt Josie.
    »Dein Liebhaber?«
    »Ich kann ihm meine neue Frisur nicht zeigen.«
    Nico wartet still auf den Rest.
    »Ich kann nicht Abschied nehmen.«
    Nico legt ihr eine Hand auf den Arm. »Du nimmst Abschied.«
    Josie schüttelt den Kopf, und ihr Haar zerzaust sich und legt sich dann wieder. »Weißt du, was er mich gelehrt hat? Er hat mich gelehrt, mehr zu fühlen. Er hat mich gelehrt, mich meinen Gefühlen hinzugeben. Und jetzt ist das alles, was ich noch habe. Ich werde von ihnen überschwemmt. Ich bekomme keine Luft mehr, weil ich so verdammt viel fühle.«
    Nico nimmt sie beim Arm und führt sie die Straße hinunter. Sie gehen lange Zeit. Schließlich kommen sie zum Ende einer kleinen Straße, und vor ihnen liegt eine offene Rasenfläche.
    »Ich weiß, wo wir sind«, sagt Josie.
    Sie sieht die Grasfläche hinunter, und da steht der Eiffelturm. Er ist eindrucksvoll, erhaben. Egal, wie oft Josie ihn schon gesehen hat, er raubt ihr jedes Mal den Atem.
    »Gehen wir«, sagt Nico, und Josie weiß genau, was er vorhat.
    Brady klopfte an Josies Bürotür, obwohl sie offen stand.
    »Hey, du«, sagte Josie.
    Sie streckte die Hand aus, bot ihm einen Platz ihr gegenüber an. Sie las einen französischen Roman, den sie im nächsten Semester vielleicht behandeln wollte. Sie wollte etwas Neues, etwas, zu dem die Jugendlichen Zugang finden würden. Sie wusste bereits, dass die Geschichte zu erwachsen für ihre Schüler war, zu anzüglich und voller Sexszenen, die sie zweifellos lieben würden und mit denen sie, Josie, sich jede Menge Ärger einhandeln würde, aber sie las trotzdem weiter.
    »Störe ich Sie?«, fragte Brady.
    »Nein, nein, gar nicht.« Sie legte das Buch auf den Schreibtisch, mit dem Titel nach unten, als hätte sie irgendetwas Verbotenes getan. »Was gibt’s?«
    »Ich habe mich gefragt …« Brady sah sich in dem Raum um, auf die Fotos an der Wand – Fotos von dem Bach hinter ihrem Haus, die sie aufgenommen hatte –, auf den Bücherstapel auf dem Boden und zum Fenster hinaus, wo sich die anderen Schüler alle in Autos zwängten und nach Hause fuhren.
    Sie beobachtete ihn in der Stille. Er hatte Simons umwerfend grüne Augen, Simons dichtes, gewelltes Haar, Simons Körpergröße. In dem kleinen Raum wurde ihr bewusst, dass er auch wie Simon roch, und sie verscheuchte den Gedanken. Natürlich, dachte sie. Sie benutzen dieselbe Seife.
    »Mein Dad will, dass ich auf ein normales College gehe. Sie wissen schon, Geisteswissenschaften. Wie jeder andere auf der Welt. Und ich dachte auch immer, dass ich das tun würde. Ich meine, eigentlich habe ich nie wirklich darüber nachgedacht, aber jetzt bin ich ja irgendwie schon im vorletzten Schuljahr und muss über diese Dinge nachdenken.«
    Es sprudelte alles atemlos aus ihm heraus, als könnte er sich nicht bremsen.
    »Was willst du denn, Brady?«, fragte Josie.
    »Na ja, genau das ist es. Genau das habe ich mich gefragt. Ich meine, es ist total verrückt, aber dieses Theaterstück, das hat mir wirklich so viel Spaß gemacht. Es war, als wäre ich dort oben jemand anders, und jetzt kapiere ich es. Jetzt kapiere ich wirklich, wie Schauspieler in anderen Leuten wohnen, als ob sie sich für eine Weile selbst aufgeben und im Körper eines anderen leben. Und jetzt kommt das Irre dabei, der Teil, auf den ich nie von selbst gekommen wäre, das, was mir einfach passiert ist. Wenn das Stück vorbei ist und man wieder man selbst ist, dann ist man wie ein anderes Ich. Man ist verändert. Es ist, als ob man nicht mehr der Typ ist, den man auf der Bühne gespielt hat, aber ein kleines Stück von ihm mitgenommen hat.«
    Er holte tief Luft.
    »Sie halten mich für verrückt, stimmt’s?«
    »Nein. Ich finde, du bist sehr schlau.«
    »Wirklich? Cool. Ich habe über diese Sache nachgedacht, und ich wusste eigentlich nicht, ob ich sie überhaupt erklären könnte oder so. Und dann, wenn ich es könnte, na ja, wem ich es erzählen würde.«
    »Mir.«
    »Ja. Sie haben es verstanden, stimmt’s? Das ist echt cool.«
    Er lächelte breit, während er vorn auf der Stuhlkante saß, mit den Beinen wippte und mit den Fingern auf die Knie klopfte.
    »Und was ist mit der Uni?«, fragte Josie, obwohl sie bereits alles wusste, was er sagen würde.
    »Ich könnte auf

Weitere Kostenlose Bücher