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Einem Tag mit dir

Einem Tag mit dir

Titel: Einem Tag mit dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Jio
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wusste, was uns erwartete. Eine der Schwestern hatte gehört, das Schiff sei unterwegs zu einem anderen Ziel, während eine andere berichtete, ein Soldat habe gesagt, dass das Schiff direkt auf Bora-Bora zuhielt. Krieg hier? Auf unserer Insel? Wir klammerten uns an die Überzeugung, dass das unmöglich war, wussten jedoch zugleich, dass wir mit allem rechnen mussten. Vorerst jedoch konnten wir nur abwarten.
    »Es gibt einen Keller unter diesem Gebäude hier«, sagte ich. »Stella meint, dort werden wir in Sicherheit gebracht, falls …«
    Kitty zuckte zusammen. »Da«, sagte sie. »Da war es wieder! Etwas klopft an unser Fenster.«
    Ich rang mir ein Lächeln ab. »Das ist die Nervosität, Kitty«, sagte ich. »Aber keine Angst, die Japaner stehen nicht vor unserem Fenster. Jedenfalls noch nicht.«
    Kitty erwiderte mein Lächeln nicht. Sie stand auf und ging ans Fenster, um hinauszuschauen. »Siehst du?«, sagte sie triumphierend. »Es ist Westry. Er versucht, unsere Aufmerksamkeit zu erregen.«
    Unsere Aufmerksamkeit? Ich sah, wie Kitty Westry zuwinkte. Es gefiel mir nicht, wie sie plötzlich übers ganze Gesicht strahlte.
    »Ich gehe runter«, sagte ich, sprang auf und lief nach unten.
    »Hallo«, flüsterte ich, als ich vor ihm stand.
    Westry grinste. »Warum flüsterst du?«
    »Weißt du es denn nicht? Die Insel wird womöglich angegriffen.«
    Westry stemmte die Hände in die Hüften, legte den Kopf schief und schaute mich amüsiert an. »Du kleiner Angsthase. Komm her.«
    Ich blieb länger in seiner Umarmung, als es im Camp schicklich war, aber in dieser Situation dachte ich nicht mehr an Schicklichkeit.
    »Du kommst mir übertrieben zuversichtlich vor«, sagte ich zu ihm.
    Er zuckte die Schultern. »Wenn man erst einmal an der Front gekämpft hat, bringt einen ein Kriegsschiff am Horizont nicht so leicht aus der Ruhe.«
    »Und wenn sie wirklich kommen?«, fragte ich. »Wenn sie die Insel angreifen?«
    »Das ist durchaus möglich«, erwiderte er. »Aber noch wissen wir nichts Genaueres.«
    Ich seufzte. »Jetzt sind wir schon so lange hier und sind die ganze Zeit verschont geblieben, und kurz vor unserer Abreise passiert so etwas!«
    Westry streichelte mir die Wangen und fuhr mir mit den Fingerspitzen übers Gesicht, bis ich eine Gänsehaut bekam. »Komm, lass uns in die Hütte gehen«, hauchte er mir in den Nacken.
    »Jetzt?«
    »Warum nicht?«, fragte er, während er mich weiter streichelte.
    »Weil wir Befehl haben, in den Unterkünften zu bleiben«, sagte ich.
    Westry schaute mich mit seinen großen, haselnussbrau nen Augen an. »Aber vielleicht ist es die letzte Gelegenheit, zusammen in der Hütte zu sein, bevor …«
    Keiner von uns ahnte, was uns bevorstand, und tief im Innern wusste ich, dass nur der Augenblick zählte. Ich drückte seine Hand. »Also gut.«
    »Wenn wir Glück haben«, sagte er, »können wir uns unbemerkt davonschleichen.«
    Ich nickte. »Meinst du, in der Hütte sind wir in Sicherheit?«
    »Von dort aus können wir auf jeden Fall das Schiff beobachten, und wenn es zu nahe kommt, laufen wir zurück, und ich melde mich zum Dienst.«
    Ich sah ihn stirnrunzelnd an. Ich musste daran denken, wie Colonel Donahue ihn verprügelt hatte. »Wirst du denn keinen Ärger bekommen?«
    »Doch, wahrscheinlich schon«, erwiderte er. Seine Augen funkelten im Licht der Nachmittagssonne. »Aber das ist mir egal.«
    Er nahm meine Hand. Ich schaute zum ersten Stock hoch, wo Kitty am Fenster stand. Als unsere Blicke sich begegneten, zeigte ich in Richtung Strand und winkte, in der Hoffnung, dass sie verstehen würde. Aber sie wandte sich hastig ab, ohne zu lächeln.
    Westry schloss die Hütte auf, und als wir drinnen waren, atmeten wir erleichtert auf. »Als wären wir auf der Flucht«, sagte ich.
    »Das sind wir ja auch«, erwiderte er und legte seine Hände um meine Taille.
    »Westry?«
    »Ja, Liebes?«
    »Ich war vor ein paar Tagen hier, und, na ja, ich habe Angst.«
    »Wovor denn?«
    »Tita war hier.«
    »Tita?«
    »Die alte Frau, bei der Atea gewohnt hat. Sie ist so eine Art Schamanin. Ich bin mir nicht ganz sicher, aber sie schien über Atea Bescheid zu wissen.«
    »Woher kann sie das wissen?«
    »Ich weiß nicht«, sagte ich. »Aber sie hat mich noch einmal vor dem Fluch gewarnt, der auf der Hütte liegt. Sie hat gesagt, der Fluch kann nur durch Gerechtigkeit gebrochen werden.«
    Westry legte die Stirn in Falten. »Glaub der Alten kein Wort.«
    »Warum denn nicht? Sie kennt die Insel besser als du und

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