Einen Stein für Danny Fisher: Roman
alten waren zerbrochen gewesen, und jedermann konnte sie öffnen. Mamma wird das Geld morgen früh finden, wenn sie wegen der Post herunterkommt.
Der Wagen stand noch immer mit leise laufendem Motor auf der Straße. Ich klopfte den Staub von meiner Hose. Während ich langsam die Stufen hinabschritt, stieg mir vom Magen ein dumpfes Gefühl entsetzlicher Übelkeit auf. Ich kehrte dem Wagen absichtlich den Rücken und schritt die Straße hinunter. Als ich die Hälfte des Häuserblocks hinter mir hatte, hörte ich, wie sie den Gang einlegten und gleich darauf das leichte Geräusch der Pneus, als sich der Wagen vom Straßenrand entfernte. Ich unterdrückte den heftigen Wunsch davonzulaufen und blickte rasch über die Schulter. Der Wagen schwenkte plötzlich auf die andere Straßenseite und fuhr direkt auf mich zu.
Der unwiderstehliche Wunsch davonzulaufen wurde noch stärker. Ich unterdrückte ihn. Zum Teufel mit ihnen! Ich blieb stehen und sah dem Wagen, der auf mich zukam, entgegen. Tränen liefen mir in Strömen über die Wangen, und die Todesangst hatte meinen Körper zu Eis erstarren lassen. Ich schluckte verzweifelt und versuchte den Brechreiz, der mir vom Magen aufstieg, zurückzudrängen.
Ich trat ein paar Schritte zurück und fühlte mit der Hand das kalte Metall eines Laternenpfahls. Völlig entkräftet sank ich dagegen hin. Ich spürte bereits den bitteren Geschmack des Mageninhalts, der mir in den Mund stieg, und eine Million verrückter Gedanken jagte mir durch den Kopf.
Wann wirst du endlich erwachsen sein, Danny Fisher?
Im Leben eines jeden Menschen gibt es einen Punkt, an dem er diese Frage zu beantworten hat. Und in dieser kalten, düsteren Nacht fand ich die Antwort.
Ich hatte Angst vor dem Tod. Und während diese gestaltlose Angst meinen Körper schüttelte, mein Magen sich in wilder Rebellion umdrehte, meine Nieren zu einem eisigen Klumpen wurden und meine Blase sich in einen undichten, unkontrollierbaren Hahn verwandelte - da wurde ich plötzlich erwachsen.
Ich wurde erwachsen, weil mir zu Bewußtsein kam, daß ich nicht unsterblich war; daß ich aus Fleisch gemacht war, das verfaulen und sich in Dreck verwandeln, und aus Blut, das sich nach meinem Tod schwarz verfärben würde. Und dann hatte ich dem Tag des Gerichts entgegenzusehen. Ich erkannte auch, daß meine Eltern nur die Werkzeuge waren, die mich entstehen ließen, und nicht die Hüter meiner Seele. Ich war nichts anderes als ein Zufall der Schöpfung.
Ich war einsam und allein in meiner eigenen Welt, und in dieser Welt mußte ich sterben, und niemand würde sich meines Namens erinnern. Der Tod würde sich auf mich herabsenken, Schmutz mich bedecken, und ich würde nicht mehr sein.
Meine Beine verwandelten sich zu wässeriger Gallerte, und obwohl ich mich verzweifelt an den Laternenpfahl klammerte, sank ich dennoch auf dem Gehsteig in die Knie. Ich schloß die Augen fest zu, und meine Lider preßten Tränen hervor, während der Wagen zum Stillstand kam. Ich hörte, wie sie die Tür öffneten, wie die Schritte dumpf auf dem Pflaster hallten und wie sie auf mich zukamen.
Ich wandte mein Gesicht zum Laternenpfahl und verbarg es in meiner Armbeuge. Ich spürte, wie mir Blut aus der Unterlippe hervorquoll. Und dann begann ich zu beten. Nicht um mein Leben, nur um meinen Tod, daß er mir gnädig sei und mich von dem Grauen und Entsetzen befreie, in dem zu leben mir unmöglich war.
Eine weiche Hand legte sich auf meinen Arm und eine Stimme flüsterte mir ins Ohr: "Danny!"
ich versuchte mein Gesicht noch tiefer in meiner Armbeuge zu verbergen. Ein Angstschrei erstickte in meiner Kehle. Die Stimme des Todes war sanft wie die einer Frau, aber sie war es nur, um mich noch mehr zu quälen.
Die Stimme fuhr beharrlich fort: "Danny, ich habe auf dich gewartet. Du mußt weg von hier!"
Das war nicht die Stimme des Todes. Es war eine Frauenstimme, voll der Wärme und des Mitleids. Es war die Stimme des Lebens! Langsam hob ich den Kopf, ich wagte kaum aufzuschauen.
Ihr Gesicht war im Licht der Straßenbeleuchtung kreideweiß. "Ich bin gekommen, um dich zu warnen", flüsterte sie rasch. "Max hat dir Spit und den Inkassanten auf den Hals gehetzt!"
Ich starrte sie einen Moment an, während ich den Sinn ihrer Worte nur langsam begriff. Dann aber vermochte ich mich nicht mehr zu beherrschen. Das ist doch Sarah, genannt Ronnie! Ich begann kraftlos und völlig hysterisch zu lachen. Ich befand mich also noch immer in Sicherheit!!
Sie starrte mich an,
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