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Einen Stein für Danny Fisher: Roman

Einen Stein für Danny Fisher: Roman

Titel: Einen Stein für Danny Fisher: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harold Robbins
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unmöglich, mit dem Husten aufzuhören. Sie hielt die Augen krampfhaft zusammengepreßt, und ich sah in dem grauen Morgenlicht, wie sich winzige Schweißtropfen auf ihrer Stirn sammelten. Plötzlich lag sie ganz steif in meinen Armen, ihr kleiner Körper wurde starr und ihr Gesicht nahm eine krankhaft bläuliche Farbe an.
    Verzweifelt versuchte ich ihr winziges Mündchen mit meinen Lippen zu öffnen. Mit aller Kraft blies ich meinen Atem in ihre Lunge und bewegte gleichzeitig ihre Seiten mit leichtem Druck. Und wieder hauchte ich ihr meinen Atem ein, während mir Angst und das Wissen um das, was sich hier Furchtbares ereignete, das Herz zusammenschnürte.
    Wieder und immer wieder versuchte ich ihr meinen Atem einzuflößen, mit meinem Leben das ihre zu retten, selbst lange nachdem ich bereits wußte, daß ich nie wieder etwas für sie würde tun können.
    Ich stand reglos im Zimmer, hielt ihren stillgewordenen Körper an die Brust gedrückt und fühlte, wie sie in der Morgenfrische langsam erkaltete. Sie war meine Tochter gewesen. Und jetzt bemerkte ich, wie mir die salzige Flüssigkeit in die Augen trat.
    Vom Bett her kam Nellies entsetzte Stimme: "Danny!!"
    Langsam wandte ich mich zu ihr. Ich starrte sie lange an, tausend Dinge wurden gesagt, doch nie ausgesprochen. Sie wußte alles. Sie hatte es die ganze Zeit über gewußt. Davor hatte sie Angst gehabt. Sie streckte ihre Arme nach Vickie aus.
    Langsam trat ich an ihr Bett und hielt ihr das Kind entgegen.

4
    Die hölzernen Stufen knarrten unter unsern Füßen, als wir die Treppe langsam  und schwerfällig emporstiegen. Es war ein wohl vertrautes Geräusch, an das sich
    unsre Ohren seit langer Zeit gewöhnt hatten, aber jetzt klang es für uns nicht mehr freudig. Etwas mehr als drei Jahre waren vergangen, seit wir diese Treppe zum erstenmal erklommen hatten.  Damals waren wir glücklich gewesen. Wir waren jung, und unser Leben lag strahlend vor uns. Wir lachten und waren erregt. Irgendwo in meinem Gedächtnis schlummerte die Erinnerung daran, wie ich Nellie über die Türschwelle getragen hatte. Doch wenn ich daran dachte, war diese Erinnerung nur noch undeutlich und trübe. Es war vor so langer Zeit geschehen — und jetzt waren wir nicht mehr jung.
    Ich sah Nellies Rücken, steif und gerade aufgerichtet, während sie die Treppe,  eine  Stufe vor mir, hinanstieg. Sie hatte sich tapfer gehalten, sie war stark ge wesen, wie sie immer stark gewesen war. Es hatte in ihrem Schmerz keine Tränen, keinen Aufschrei des Protestes gegeben. Nur die stumme Qual in ihren dunklen Augen, der schmerzlich verzerrte Mund verrieten mir ihre Gefühle.
    Sie blieb auf dem Treppenabsatz stehen und taumelte ein wenig, als sie sich unsrer Tür zuwandte. Ich streckte ihr sofort die Hand entgegen aus Angst, daß sie fallen könnte. Sie faßte meine Hand und hielt sie fest.
    Wir sprachen kein Wort, während wir Hand in Hand auf unsre Tür zuschritten und zögernd davor stehenblieben. Mit meiner freien Hand griff ich in die Tasche, um die Schlüssel herauszuholen. Sie waren nicht da. Ich mußte Nellies Hand loslassen, um in den Taschen der andern Seite zu suchen. Als ich den Schlüssel schließlich in der Hand hielt, schob ich ihn noch immer nicht ins  Schloß, ich konnte mich nicht entschließen, die Tür zu öffnen. Nellie blickte mich nicht an, ihr Blick war starr zu Boden gerichtet.
    Schließlich schob ich den Schlüssel ins Schloß, aber die Tür öffnete sich sogleich bei meiner Berührung. Ich sah mich verwundert nach Nellie um. "Ich glaube, ich habe vergessen abzuschließen", sagte ich.
    Ihre Augen waren noch immer starr auf den Boden geheftet. Sie sprach so leise, daß ich ihre Antwort kaum zu verstehen vermochte. "Das ist doch gleichgültig", sagte sie, "wir haben ja nichts mehr zu verlieren."
    Ich führte sie behutsam durch die Tür und schloß sie hinter uns. Wir standen verlegen in dem winzigen Vorraum. Wir hatten Angst, einander anzusehen, ja sogar miteinander zu sprechen. Wir fanden keine Worte mehr.
    Schließlich brach ich das Schweigen. "Gib mir deinen Mantel, Liebling", sagte ich, "ich werde ihn aufhängen."
    Sie schlüpfte aus ihrem Mantel, den sie mir stumm überließ. Ich hängte ihn in den Schrank und meinen Mantel daneben. Als ich mich wieder umdrehte, stand sie noch immer starr und unbeweglich da.
    Ich nahm wieder ihren Arm. "Komm, wir wollen hineingehen, du mußt dich niedersetzen, und ich mache dir rasch eine Tasse starken Kaffee."
    Sie schüttelte abwehrend

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