Einen Stein für Danny Fisher: Roman
verfügen Sie über siebzig Dollar, um Ihr Kind zu begraben!" stellte er triumphierend fest.
"Ja, ich habe mein Kind begraben!" Ich fühlte, wie mich der Knoten in meiner Kehle zu ersticken drohte. "Das war alles, was ich für sie tun konnte. Hätte ich nämlich etwas Geld gehabt, glauben Sie, ich hätte gewartet, bis sich Ihr Sch... Doktor bequemt hätte, zur Visite zu kommen? Hätte ich Geld gehabt, dann hätte ich einen andern Arzt geholt. Vielleicht wäre sie dann noch hier!"
Er musterte mich mit kaltem Blick. Ich habe nicht gewußt, daß es menschliche Wesen mit so wenig Gefühl geben konnte. "Dann arbeiten Sie also bei Nacht?" fragte er nochmals.
Plötzlich stiegen die ganze Qual, alle Bitternis und Herzensnot in mir auf, ich packte ihn an seiner Krawatte und zog sein Gesicht ganz nahe heran. "Ja", schrie ich, "ich habe bei Nacht gearbeitet!"
Sein Gesicht wurde kreidebleich, und er wand sich in meinem Griff. "Lassen Sie mich los, Mr. Fisher!" keuchte er. "Eine derartige Gewalttätigkeit wird Ihnen kaum gut bekommen! Sie haben ohnedies schon genug Unannehmlichkeiten!"
Er wußte nicht, wie recht er hatte. Etwas mehr spielte jetzt keine Rolle. Ich schlug ihn mitten ins Gesicht, und er taumelte an die andere Wand des kleinen Vorplatzes. Während ich mich neuerlich auf ihn stürzte, sah ich, daß ihm das Blut aus der Nase floß. Er sah mich entsetzt an und stürzte längs der Wand eilfertig auf die Treppe zu. Ich blieb stehen und sah zu, wie er flüchtete. Am nächsten Treppenabsatz drehte er sich nochmals um und blickte zu mir zurück. "Dafür werden Sie mir büßen!" schrie er. "Von uns werden Sie hinausgeschmissen! Sie werden verhungern, dafür lassen Sie nur mich sorgen!"
Ich machte drohend einen Schritt auf ihn zu. Da lief er eilends die Stufen hinunter. Ich beugte mich über das Geländer. "Sollten Sie nochmals zurückkommen, Sie kleiner Bastard", schrie ich ihm nach, "dann bring ich Sie um! Zum Teufel, bleiben Sie mir ja vom Hals!"
Er verschwand um den nächsten Treppenabsatz, und ich trat in die Wohnung zurück. Mir war totübel. Und ich schämte mich, denn mir war, als hätte ich diesen Tag entweiht. Ich hätte mich nicht so benehmen dürfen. An jedem andern Tag vielleicht, aber heute nicht.
Nellie stand unter der Schlafzimmertür. "Wer war das, Danny?"
Ich versuchte mit ruhiger Stimme zu sprechen. "Ach, so ein Affe vom Wohlfahrtsamt", sagte ich, "ein Narr ... ich hab ihn gleich wieder weggeschickt."
"Was hat er gewollt?"
Für einen Tag hatte sie bereits genug mitgemacht, es hatte keinen Sinn, sie auch noch damit zu belasten. "Nichts Besonderes", sagte ich ausweichend, "er wollte mir bloß ein paar Fragen stellen, das war alles. Und jetzt geh wieder ins Bett und ruh dich aus, Baby."
Ihre Stimme klang dumpf und hoffnungslos. "Sie wissen etwas von deiner Nachtarbeit, nicht wahr?"
Ich starrte sie an. Sie hatte alles mit angehört. "Warum versuchst du nicht zu schlafen, Baby?" sagte ich, ihrer Frage ausweichend.
Doch ihre Augen blieben starr auf mich gerichtet. "Lüg mich nicht an, Danny. Das stimmt doch, was ich gesagt habe, nicht wahr?"
"Und wenn es so wäre?" gab ich zu. "Das ist jetzt nicht so wichtig. Wir werden es durch meinen Job wieder wettmachen. Der Boss hat mir versprochen, mir in den nächsten Tagen eine Aufbesserung zu geben."
Sie starrte mich noch immer an. Ich sah, wie ihr die Tränen wieder in die Augen traten. Ich eilte rasch durchs Zimmer und ergriff ihre Hand. "Für uns geht nichts gut aus, Danny", sagte sie hoffnungslos, "nicht einmal an einem solchen Tag. Kummer und Sorgen, nichts als Kummer und Sorgen!"
"Die sind jetzt vorbei, Baby", sagte ich und hielt ihre Hand fest in der meinen, "von jetzt an wird alles wieder besser werden."
Sie sah mich mit erloschenen Augen an. "Es wird nie anders werden, Danny", sagte sie trostlos, "wir sind verflucht. Ich habe dir nichts als Unglück gebracht."
Ich drehte ihr Gesicht so, daß ich ihr in die Augen sehen konnte. "Nellie, du mußt dir solche Ideen aus dem Kopf schlagen!" Ich küßte sie auf die Wange. "Du darfst nicht in dem Wahn leben, daß es nie wieder okay sein wird. Du mußt an die besseren Zeiten glauben!" "Unsre Blicke begegneten sich. "Was bleibt uns noch zu hoffen?" fragte sie still. "Woher weißt du, ob du deinen Job jetzt überhaupt noch hast? Du hast doch während vier Tagen nicht einmal angerufen."
"Darüber mach ich mir keine Sorgen", sagte ich, und mein Herz sank mir bis in den Magen. Es stimmte, ich hatte völlig
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