Einen Stein für Danny Fisher: Roman
mit dem Boss hatte, und sie würde auch nicht die letzte sein. Sie war aber seit dem erstenmal, da wir uns gesehen hatten, mir gegenüber immer etwas reizbar.
Ich lächelte verstohlen, während ich daran dachte. Das war vor mehr als dreieinhalb Jahren gewesen. Inzwischen hatte sich viel ereignet. Der Krieg war ausgebrochen. Viele junge Leute waren eingezogen worden. Ich hatte Glück gehabt. Die Musterungskommission fand bei der Untersuchung etwas, von dem ich selbst nichts gewußt hatte: einen Riß im Trommelfell. Und damit war ich untauglich ...
Ich sah die Papiere auf meinem Schreibtisch nochmals durch, bis ich das Blatt gefunden hatte, das ich suchte. Als ich im Begriff war aufzustehen, klingelte das Telefon auf meinem Schreibtisch und ich meldete mich.
Es war Nellie, die aus der Munitionsfabrik in Long Island anrief, wo sie arbeitete. "Ich hab vergessen dir zu sagen, daß du die Wäsche zu dem Chinesen hinuntertragen sollst", sagte sie.
"Ich hab daran gedacht, Herzchen", sagte ich. Nellie mußte sehr zeitig morgens Weggehen — um sechs Uhr, ehe ich noch aufgewacht war. "Wie geht's bei dir draußen?" fragte ich.
"Heiß, Danny", antwortete sie, "wir haben in der Fabrik über fünfunddreißig Grad."
"Warum gibst du's denn nicht auf?" fragte ich. "Wir brauchen das Geld nicht mehr, ich verdiene genug."
Ihre Stimme klang nachsichtig, aber entschlossen. Wir hatten das bereits zahllose Male durchgesprochen. "Was hab ich denn sonst zu tun?" fragte sie. "Soll ich den ganzen Tag zu Hause sitzen? Dabei würde ich verrückt. Ich fühle mich bedeutend wohler, wenn ich nicht zu Hause bin. Auf diese Art bin ich wenigstens beschäftigt."
Ich war vorsichtig genug, diesen Punkt mit ihr nicht mehr zu diskutieren. Seit Vickies Tod hatte sie sich sehr verändert, ich konnte zwar nicht sagen, auf welche Art, aber sie war viel stiller geworden. Der Sternenglanz war aus ihren Augen verschwunden.
"Essen wir heute abend zu Hause oder auswärts?" erkundigte ich mich.
"Auswärts", antwortete sie, "unsre Fleischmarken sind für diesen Monat beinahe ganz verbraucht."
"Okay", sagte ich, "dann hole ich dich um sechs Uhr von zu Hause ab."
Während ich die Tür zu Sams Büro öffnete, sah ich grinsend zu Kate hinüber. Sie schnitt mir eine Grimasse, dann beugte sie sich über die Schreibmaschine, und ihre Finger flogen über die Tasten. Ich lächelte verstohlen, während ich durch die Tür trat. Ich glaube, Kate hatte mich trotz allem gern.
Sam blickte von seinem Schreibtisch auf. "So? Hast du endlich doch den Weg zu mir gefunden?" brummte er.
Deswegen machte ich mir keine Sorgen. Ich wußte, daß ich in den wenigen Jahren, die ich hier gearbeitet hatte, genug gelernt habe, um bei ihm etwas zu gelten. Man mußte sich allerdings bei dieser Art von Geschäft einer Menge Kniffe bedienen, aber gerade das sagte mir zu. Es setzte einen Spürsinn voraus, den nur ganz wenige in Geld umzusetzen verstanden: Burschen wie Sam und ich. Und das wußte Sam. "Wenn's hier keine Klimaanlage gäbe, wär ich überhaupt nicht gekommen", sagte ich und ließ mich in den Sessel vor seinem Schreibtisch fallen. "Du weißt gar nicht, was du für ein Glück hast."
Sam wurde krebsrot. Er sah nicht gesund aus, er hatte zuviel Fett angesetzt. Er hatte jetzt bereits zwei Doppelkinne. Er sah genauso aus, wie man sich einen Vater von drei Buben vorstellt, der im Central Park South wohnt. Also genau das, was er in Wirklichkeit war. "Mimi hat mir aufgetragen, ich soll dich und Nellie für heute abend zum Dinner einladen", sagte er.
"Okay", sagte ich, "und deshalb hast du so ein Theater gemacht?"
Er schüttelte den Kopf. "Nein", sagte er kurz, "ich möchte, daß du die Sache mit den Automaten aufgibst."
ich starrte ihn an. "Weshalb?" fragte ich. "Ich dachte, daß du scharf darauf bist."
"Ich hab's mir überlegt", sagte er mürrisch, "die Erhaltung der Automaten bringt einen um, sie rentieren sich ja nur, wenn sie funktionieren. Im Krieg _ kannst du aber keine Ersatzteile bekommen."
"Ist das der wahre Grund, Sam", fragte ich, "oder ist's deshalb, weil sich Maxie Fields, wie ich gehört habe, auch dafür interessiert?"
Er wurde wieder puterrot. Ich fragte mich, ob Sam vielleicht an zu hohem ? Blutdruck litt. Er befand sich jetzt in einem sehr gefährlichen Alter. "Ich scher
mich den Teufel um Maxie Fields!" sagte er. "Aber mir paßt dieser Schwindel
einfach nicht, 'ne schöne saubere Konzession in 'nem Hotel oder Nachtclub für Garderobe,
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