Einen Stein für Danny Fisher: Roman
Die erste Wut war verraucht, und ich hatte nichts gegen ihn. Ich kannte nicht einmal seinen Namen, denn das war die einzige Stunde, die wir gemeinsam besuchten. Er sah aus, als hätte er sich gleichfalls beruhigt. Ich trat auf ihn zu. "Das ist doch alles Blödsinn", sagte ich.
Ehe der Junge den Mund öffnen konnte, sagte Mr. Gottkin: "Feig geworden, Fisher?" Seine Augen sahen seltsam erregt aus.
Ich fühlte, wie mir die Röte in die Wangen schoß. "Nein, aber..."
Gottkin unterbrach mich. "Dann geh auf deinen Platz zurück und tu das, was ich euch jetzt sagen werde. Ihr kommt hierher in die Mitte des Kreises und beginnt zu boxen. Geht einer von euch zu Boden, dann darf der andere keinen Schlag mehr anbringen, bis ich nicht das Okay-Zeichen gebe. Verstanden?"
Ich nickte. Der andere Junge befeuchtete seine Lippen und nickte gleichfalls.
Ich bemerkte jetzt, daß Gottkin seine gute Stimmung wiedergefunden hatte. "Also gut, Jungens", sagte er, "wir beginnen."
Ich fühlte, wie mich jemand nach vorne schob. Der schwarzhaarige Junge kam mir entgegen. Ich hob die Hände und versuchte sie so zu halten, wie ich es im Film von verschiedenen Boxern gesehen hatte. Vorsichtig umkreiste ich den Jungen. Er war ebenso vorsichtig wie ich und beobachtete mich aufmerksam. Fast eine Minute lang kamen wir nicht näher aneinander heran als auf zwei Fuß Entfernung.
"Ich hab geglaubt, ihr Jungens wollt boxen", sagte Gottkin. Ich warf ihm rasch einen Blick zu. Seine Augen brannten vor innerer Erregung.
Doch im selben Augenblick explodierte ein Blitz in meinen eigenen Augen. Ich hörte, wie die übrigen Jungen in ein gellendes Geschrei ausbrachen. Ein zweiter Blitz zuckte auf mich nieder. Dann empfand ich einen heftigen, stechenden Schmerz in meinem rechten Ohr und unmittelbar darauf mitten auf dem Mund. Ich fühlte noch, wie ich stürzte. In meinem Kopf war ein quälendes, summendes Geräusch. Ich schüttelte den Kopf ärgerlich, um wieder klar zu hören, und öffnete die Augen. Ich lag auf Händen und Knien. Dann sah ich auf.
Der Junge tänzelte vor mir herum und lachte.
Diese Laus hatte mir den Schlag in derselben Sekunde versetzt, in der ich nicht hinschaute! Kochend vor Wut stand ich auf. Ich sah noch, wie ihm Gottkin auf die Schulter tippte, und schon fiel er wieder über mich her. Verzweifelt drängte ich mich dicht an ihn, packte seine Arme und hielt sie fest.
Meine Kehle war rauh geworden, und ich fühlte meinen brennenden Atem.
Ich schüttelte nochmals den Kopf. Ich konnte mit diesem summenden Geräusch in den Ohren nicht klar denken. Und wieder schüttelte ich den Kopf. Plötzlich verstummte das Geräusch, und auch mein Atem ging wieder leichter.
Dann fühlte ich, daß Gottkin uns trennte. Seine Stimme klang plötzlich ganz heiser. "Auseinander, Jungens, loslassen!"
Jetzt stand ich wieder sicher auf den Beinen. Ich hob die Hände und wartete auf den Angriff des andern Jungen.
Er kam mit wirbelnden Armen auf mich losgestürzt. Ich sprang zur Seite, und er schoß über mich hinaus. Beinahe war ich in Versuchung zu lachen. Das war leicht gewesen: man durfte nur nicht den Kopf verlieren.
Er drehte sich um und stürzte neuerlich auf mich los. Diesmal wartete ich auf ihn. Ich sah, daß er die Fäuste sehr hoch hielt. Da stieß ich ihm meine Rechte in den Magen. Seine Hände sanken herab, und er krümmte sich zusammen. Jetzt begannen auch seine Knie einzuknicken, und ich trat zurück. Ich sah Mr. Gottkin fragend an.
Doch er stieß mich roh zu dem Jungen zurück. Ich traf meinen Gegner noch zweimal, und er richtete sich mit verglastem Blick wieder auf.
Ich stand jetzt wieder fest auf den Beinen und spürte, wie mir ein ungeheures Machtgefühl durch die Arme und den ganzen Körper strömte. Ich fuhr mit meiner Rechten beinahe vom Boden in die Höhe und traf ihn mitten aufs Kinn. Ich spürte die Erschütterung dieses Schlages im ganzen Arm. Der Junge wirbelte einmal um seine eigene Achse, dann fiel er vornüber, flach aufs Gesicht.
Ich trat wieder zurück und sah zu Mr. Gottkin hinüber. Er starrte mit erregter Miene auf den Jungen hinunter. Seine Zunge glitt nervös über seine Lippen, seine Hände waren geballt und der Rücken seines Hemdes war Schweiß durchtränkt, als hätte er selbst einen Boxkampf ausgefochten.
Plötzlich fiel tiefe Stille über die Sporthalle. Ich wandte mich wieder zu dem Jungen zurück, der still dalag und sich nicht rührte. Langsam kniete Mr. Gottkin neben ihm nieder.
Er drehte den Jungen auf
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