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Einen Stein für Danny Fisher: Roman

Einen Stein für Danny Fisher: Roman

Titel: Einen Stein für Danny Fisher: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harold Robbins
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Vaters, der sich bei dem Mann für das, was er getan hatte, bedankte. Ich schritt immer weiter durch die ganze Polizeistation und hinaus auf die Straße, wo mich mein Vater einholte und neben mir herging. Bei der Delancey Street mußten wir auf das grüne Licht warten.
    "Deine Mutter und ich haben uns um dich sehr geängstigt, Danny. Wir sonnten uns nicht erklären, was mit dir geschehen war." Seine Stimme klang heiser, doch er versuchte unbekümmert zu sprechen. Sein im allgemeinen gutgefärbtes Gesicht sah im Licht der Straßenbeleuchtung leichenblaß aus. Mir war es, als hätte ich diese Worte schon einmal gehört. Zu einer andern Zeit, an einem andern Ort. Ich antwortete nicht.
    Das Licht wechselte, und wir überquerten die Straße. Auf der andern Seite begann er wieder zu sprechen. "Warum hast du das getan, Danny?" fragte er mit besorgter Miene. Denn es hatte sich etwas ereignet, was er nicht zu verstehen vermochte. "Es sieht dir doch gar nicht ähnlich, so etwas zu tun."
    Vielleicht hatte das früher gestimmt, aber jetzt war alles verändert. Ich lebte in einer andern Welt, und vielleicht war ich auch ein andrer Danny Fisher. Ich wußte es nicht. Und auch diesmal antwortete ich nicht.
    Er versuchte nochmals etwas zu sagen, dann schwieg er gleichfalls. Wir gingen noch zwei Häuserblocks weit, dann bogen wir in unsre Straße ein. An der Ecke zögerten wir einen Augenblick, sahen einander an und hastig wieder weg.
    Die Straße war jetzt leer und schmutzig und angefüllt mit allen Abfällen, die sich tagsüber angesammelt hatten. Unsre Schritte hallten auf dem Gehsteig.
    Es hatte zu schneien begonnen. Ich schlug den Kragen meiner Jacke hoch und sah dabei verstohlen zu meinem Vater, der neben mir herging. Da tauchte zum erstenmal eine flüchtige Vision vor meinem geistigen Auge auf, wie es weiterhin sein würde: mein Vater und ich waren Fremde geworden, die schweigsam und stumm nebeneinander durch die Nacht schritten.

MEIN ALLTAGSLEBEN *  Das zweite Buch

1
    Während wir aus dem dunklen Hausflur auf die Straße traten, sah Papa nervös auf seine Uhr. Er steckte sie rasch wieder in die Tasche und sah mich verlegen an. "Schon Viertel vor drei", murmelte er, "ich muß mich beeilen, sonst komm ich zu spät."
    Ich sah ihn völlig uninteressiert an. Wir hatten jetzt fünf Monate hier gelebt, doch es war, als hätten uns Jahre getrennt. Seit dem Tag unsres Umzugs war nichts geglückt. Papa hatte jetzt allerdings eine Anstellung in einem Drugstore der Delancey Street und erhielt dreiundzwanzig Dollar in der Woche.
    "Gehst du in meiner Richtung?" fragte Papa.
    Ich nickte stumm. Kann ich auch machen. Ich war mit meiner Bande verabredet, an der Ecke, in der Nähe des Fünf- und Zehn-Cent-Warenhauses. Ich beschleunigte meine Schritte, um mich ihm anzupassen, der hastig vorwärtsstrebte.
    Die Erinnerung an diese fünf Monate war in uns noch lebendig. Die Tage, an denen ich von der Schule heimkam und ihn in der Küche der schäbigen Wohnung sitzen sah, wie er mit dem Ausdruck von Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung die Wand anstarrte. Ich hatte mich bemüht, für ihn Mitleid zu empfinden, es war mir aber nicht gelungen. Er hatte sich's ja selbst zuzuschreiben. Wäre er nur ein bißchen tüchtiger gewesen!
    Seine Miene hatte sich auch nicht sehr geändert, als er vor wenigen Tagen nach Hause gekommen war und uns von der Anstellung erzählte, die er soeben ergattert hatte. Das traf mich bis ins Innerste. Dreiundzwanzig Dollar in der Woche für einen geprüften Apotheker mit einer fünfundzwanzigjährigen Praxis! Das durfte nicht sein!! Es war kaum genug, um fürs Essen zu reichen.
    Wir bogen um die Ecke der Delancey Street und befanden uns vor dem Geschäft, in dem Papa arbeitete. Er blieb stehen und sah mich zögernd an. Ich wußte genau, daß er mich fragen wollte, was ich mit dem Rest des Nachmittags anfangen würde, jedoch zu stolz dazu war. Ich traf aber keine Anstalten, es ihm zu sagen.
    "Richte der Mamma aus, daß ich um halb drei zu Hause sein werde", sagte er schließlich.
    Ich nickte.
    Er öffnete den Mund, als wollte er noch was sagen, dann schloß er ihn wieder, als hätte er sich's doch überlegt. Statt dessen schüttelte er leicht den Kopf und betrat, die Schultern zurückdrückend, den Laden.
    Die Schaufensteruhr zeigte genau drei Uhr, als er eintrat.
    Ich hatte noch etwas Zeit. Ich lehnte mich an die Schaufensterscheibe und betrachtete müßig die Vorbeigehenden. Da hörte ich im Geschäft jemanden sprechen, ich

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