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Einer kam durch

Titel: Einer kam durch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: von Werra Franz
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Winkel das Daches angehäuft, daß sie nur noch warteten, bis sich die Zimmerdecke darunter durchbog.
    »Das löst eines unserer Probleme«, sagte Werra. Und sie machten sich aufs neue ans Werk.
    Die offizielle Arbeitsaufnahme der ›Swanwick Tiefbau AG‹ hatte am 17. November 1940 stattgefunden. Man hatte das Parkett des leeren Zimmers im Nordflügel aufgerissen und auf einen Deckel genagelt, um es jederzeit wieder aufsetzen zu können, wenn der Eingang getarnt werden mußte. Dann sollte ein Spind über die Stelle gerückt werden. Der Baumeister von ›The Hayes‹ hatte es sich leicht gemacht. Unter dem Parkett lagen Kies und Asche, aber kein Zement. Sie konnten ohne Mühe einen Schacht in die Tiefe graben. Werra plante, den Stollen drei Meter unter die Erde zu legen, damit die Posten nicht auf das Geräusch des Grabens aufmerksam wurden. Am ersten Tag schafften sie einen Meter, am nächsten Tag einen weiteren. Aber bereits in zwei Meter Tiefe wurde die Erde feucht, und als sie am folgenden Tag die Arbeit aufnehmen wollten, hatten sich dreißig Zentimeter Grundwasser angesammelt. Es blieb nichts übrig, als bis zum nächsten Morgen zu warten, um festzustellen, ob das Wasser noch höher steigen würde. Doch inzwischen hatte sich der Wasserspiegel wieder etwas gesenkt.
    »Wir müssen den Tunnel dicht über dem Wasserspiegel weitertreiben«, sagte Werra. »Es sind zwar nur zwei statt drei Meter unter der Oberfläche, aber das ist nicht zu ändern.«
    Nein, es war nicht zu ändern, nur sie mußten von neuem beginnen. Aber dies war nicht die einzige Schwierigkeit, die sie noch zu überwinden hatten.
    Am dritten Tag erfuhr Major Fanelsa von dem Unternehmen. Er befahl Werra zu sich. »Wer zum Teufel hat Ihnen die Erlaubnis dazu gegeben?« fuhr er ihn an.
    Werra lächelte sein liebenswürdiges Lächeln. »Oh, Verzeihung, Herr Major. Selbstverständlich sollte die Sache Ihnen noch gemeldet werden!« Und dann begann er sofort seinen Plan zu entwickeln. Das dämpfte Fanelsas Zorn. Er murrte noch eine Weile, lenkte dann aber ein. »In Gottes Namen«, sagte er. »Wenn Sie auftauchen, Werra, gibt es sowieso keine Ruhe mehr. Warum läßt mich der Teufel immer wieder Lagerältester werden, wo Sie Gefangener sind?«
    Werra grinste. Er war zweifellos ein genialer Ausbrecher, ein phantasievoller Erfinder von Tricks, ein Mann, der genug Dampf hatte, um zwanzig andere Männer in Bewegung zu setzen. Aber ein Diplomat war er nicht. Er sah nicht die schwierige Position Fanelsas, er sah nur seinen Plan. Er reizte Fanelsa, wo es ging, und Fanelsa vergalt es ihm mit boshaften Bemerkungen. Gut war das Verhältnis der beiden selten.
    Einige Mitglieder der Tiefbau AG hatten sich inzwischen mit dem Problem der Tunnelbeleuchtung befasst.
    Die alte Klingelanlage im obersten Stockwerk wurde abmontiert. Niemand vermißte sie. Aus den Drähten wurden zwei Starkstromleitungen von etwa Tunnellänge gedreht. Die Drähte waren alt und schlecht isoliert, deshalb wurden beide Leitungen mit Streifen aus Seesäcken umwickelt. Als die Anlage fertig war, konnte kein Fachmann einen Fehler an ihr entdecken. Aus einem leeren Zimmer wurde ein Lichtsockel gestohlen und an einem kurzen Handgriff befestigt. Als Schutz für die Glühbirne diente ein leeres Marmeladenglas. Das andere Ende der Leitung wurde an dem Deckensockel des Arbeitszimmers angeschlossen, wobei der Steckkontakt aus dem Sockel einer Glühbirne hergestellt wurde. Leider litt mit der Zeit die Isolierung durch die Erdfeuchtigkeit; sowohl Manhart wie Werra bekamen trotz aller Vorsicht immer wieder heftige elektrische Schläge.
    »Das hält uns munter!« versicherten sie, wenn sie genug geflucht hatten.
    Nach einigen Metern stießen sie auf ein neues Problem. Große Brocken Sandstein lagen plötzlich vor ihnen. Werra bearbeitete den ersten mit seinem Brecheisen. Sofort gab der deutsche Fensterposten Alarm. In Sekundenschnelle hatte Werra den Tunnel verlassen, die Lichtleitung war im Stollen verschwunden, der Tunneldeckel wurde geschlossen, das Spind darübergerückt. Gleichzeitig aber wurde ihnen klar, daß die ganze Eile witzlos war. Wenn nämlich britische Soldaten den Raum betreten würden, dann hätte die Tarnung des Tunneleingangs gar nichts genützt. Werra trug lehmverkrustete kurze Unterhosen, sonst nur noch Stofffetzen um Knie und Ellbogen. Er war schmutzig und verschwitzt von Kopf bis Fuß. Manhart sah nicht viel anders aus. Verschiedene Feuereimer voll Erde standen auf dem schmutzigen

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