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Einer kam durch

Titel: Einer kam durch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: von Werra Franz
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hab schon mit dem vergipsten Stukamann gesprochen. Das geht klar. Außerdem haben wir ein Grammophon!«
    »Aber nur eine Platte«, sagte Cramer. »Scheint mir ein wenig monoton.«
    »Hilft nichts. Die Engländer müssen sich an die Platte gewöhnen. Gib mal 'ne Zigarette rüber. Danke!«
    »Weiß eigentlich jemand, wo wir genau sind?« fragte Werra. »Ich weiß nur, daß die nächste Station Derby war. Von dort an ist bei mir Mattscheibe.«
    Cramer erklärte es ihm. »Lager 13 ›Swanwick‹ liegt ziemlich genau nördlich von Derby, schätzungsweise fünfundzwanzig Kilometer. Im Norden liegt Chesterfield, dahinter Sheffield. Große Industriestadt. Durch Sheffield geht nach Westen die Straße nach Manchester. Nottingham liegt im Südosten. Zwischen Nottingham und Swanwick liegt ein kleiner Einsatzhafen der Jagdluftwaffe – oder vielleicht auch nur eine Trainingsbasis.«
    »Sind das diese müden Bienen, die manchmal hier herumfliegen?«
    »Ja, der Koch sagte neulich, es sind verdammte Ausländer. Sie haben ihm, glaube ich, sein Mädchen ausgespannt. Inder oder Polen oder irgendwelche Kanaken. Konnte es nicht genau erfahren.«
    »Wie heißt der Flugplatz?«
    »Hucknall Aérodrome!«
    »Ah«, sagte Werra und blickte träumerisch vor sich hin. Die anderen rauchten. Er riß sich zusammen. »Wir wissen immer noch nicht, wohin wir mit der Erde sollen«, sagte er und klopfte mit seinem Bleistift energisch auf den Block.
    »Zunächst mal auf den Dachboden, würde ich sagen.«
    »Dreizehn Meter Schacht geben 'ne Masse Erde!«
    »Wird sich schon was finden!«
    Unten schlug ein Gong. »Hunger!« sagte Manhart und erhob sich. Die anderen machten es ihm nach. Werra riß die Blätter vom Block, faltete sie zusammen und schob sie unter sein Hemd. »Gehen wir essen!«
    Gemeinsam polterten sie die Treppe hinunter. Die Aufsichtsratssitzung der ›Swanwick Tiefbau AG‹ war geschlossen.
    ***
    Das Offiziersdurchgangslager Nr. 13 war ein alter Landsitz an der Straße zwischen Alfreton und Ripley, eine halbe Meile von dem Dorf Swanwick entfernt. Das Gasthaus, ›The Hyes‹ genannt, war im Jahre 1911 umgebaut und seitdem für Konferenzen benutzt worden. In beiden Weltkriegen diente es als Kriegsgefangenenlager. Tausenden von Briten und zwei Generationen deutscher PoWs ist es gut bekannt.
    In Friedenszeiten hatten die großen Säle oft leidenschaftliche Aufrufe zur Verteidigung der Freiheit gehört. Jetzt erklangen hier die Lieder der gefangenen Offiziere. Durch den Park, in dem sich früher Konferenzteilnehmer abends ergingen, stampften die Stiefel der Wache. Die Hauptgebäude liegen verschieden hoch und sind durch geziegelte Wege und Treppenstufen miteinander verbunden. Auf dem Rasen stehen ein paar schöne Zedern. Am Anfang des Gartengeländes, einige zwanzig Meter vom Hauptgebäude entfernt, auf dem höchsten Punkt des ganzen Besitzes, steht ein langes, dreistöckiges Holzhaus mit Flügeln, das ›Gartenhaus‹ genannt. Es enthält 180 Einzelschlafzimmer für Konferenzteilnehmer. Hier lebten die Verschwörer.
    Gleich hinter dem Gartenhaus ist der Grenzzaun. Auf der anderen Seite dieses Zaunes läuft ein schmaler Weg vom Hauptpförtnergebäude um den ganzen Besitz herum. Das Gelände steigt hier leicht an, der Weg liegt daher ungefähr in Höhe der untersten Fensterbänke. Auf der anderen Seite des Weges wächst eine Hagedornhecke, hinter der sich Felder und Äcker nach Osten bis zu dem Dorfe Riddings, nach Süden bis zur Pye-Brücke und der Bahnstrecke nach Ambergate erstrecken.
    Während des Krieges sperrte ein Stacheldrahtverhau beide Seiten des Weges. Zwischen den Zäunen patrouillierten die Posten. Das System der Wachttürme, die alle fünfzig Meter mit Scheinwerfern und Maschinengewehren in den Zaun eingebaut waren, endete in zwei Türmen auf den beiden Rückseiten des Gartenhauses. Nachts wurden die Stacheldrahtverhaue – außer bei Luftangriffen – angeleuchtet. Wenn die Scheinwerfer abgestellt werden mußten, wurden die Posten verstärkt.
    ***
    »Die Tommies sind verdammt besorgt um unser Leben«, sagte Werra zu Wagner. Er lag auf seinem Bett, Wagner hatte sich den Stuhl mit dem zerfetzten Sitz genommen. »Schon mal gemerkt? Bei jedem Fliegeralarm löschen sie die Scheinwerfer. Sie haben schreckliche Angst, daß uns eine deutsche Bombe trifft.«
    »Für uns ganz angenehm«, sagte Wagner. »Dabei fällt mir ein: hast du schon mal dran gedacht, daß du bei deinem Gebuddel Licht brauchst?«
    »Nein«, sagte Werra, »aber du

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