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Einer trage des anderen Schuld

Einer trage des anderen Schuld

Titel: Einer trage des anderen Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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oder so was, dem man die Wahrheit nich’ sagen kann?«
    Squeaky überlegte kurz. »Ich kann dir mit Brief und Siegel bestätigen, dass du schlimmer bist als wie ’ne wilde Katze! Und ich wollte dich verteidigen! Vor euch beiden muss ich mich ja selber ins Schutz nehmen!« Er wandte sich wieder an Hester. In seinen Augen glommen eine merkwürdige Belustigung und so etwas wie Verlegenheit darüber, als würde er sich insgeheim freuen, wäre aber entschlossen, ihnen das nicht zu zeigen. »Und wie wollen Sie rausfinden, wer die arme Hattie zur Tür gebracht und sie dann rausgestoßen hat?«
    »Ich werde herumfragen«, erklärte Hester. »Und anfangen werden wir mit einem umfassenden Bericht darüber, wer alles im Haus war, wann die jeweiligen Personen eintrafen und was genau sie hier taten.«
    »Wie die Scheißpolizei«, knurrte Squeaky angewidert.
    Hester riss Scuff gerade noch rechtzeitig zurück, bevor er erneut mit geballten Fäusten auf Squeaky losgehen konnte.
    »Richtig«, bestätigte sie. »Wir sind hier die Polizei. Was hatten Sie denn erwartet? Dass ich die Leute lieb und nett fragen würde, ob sie Hattie ihrem Mörder zugeführt haben?«
    »Ich nehme an, Sie wollen, dass ich alles für Sie aufschreibe«, sagte er in vorwurfsvollem Ton. »Aber geben Sie nich’ mir die Schuld, wenn die Weiber alle beleidigt davonrauschen!«
    Hester fielen gleich mehrere Antworten darauf ein, doch sie schluckte sie alle hinunter. Schließlich war sie auf Squeakys Hilfe angewiesen.
    »Wer war denn am fraglichen Tag im Haus?«
    »Glauben Sie etwa, dass ich mich noch daran erinnere?«
    »Allerdings. Ich glaube, dass Sie noch ganz genau wissen, welche Frauen im Haus waren, welche nützlichen Dienste sie geleistet und wie viel sie gegessen haben. Ich müsste mich in der Berurteilung Ihrer Fähigkeiten sehr getäuscht haben, wenn bei Ihnen irgendetwas davon in Vergessenheit geraten wäre.«
    Es dauerte einen längeren Moment, bis er die exakte Bedeutung ihrer Worte erfasst hatte. Dann beschloss er, sie als Kompliment zu werten, fischte seine Unterlagen aus der Schublade und schlug die Seite mit den Einträgen des Tages von Hatties Verschwinden auf.
    Scuff beobachtete ihn fasziniert. »Hat er alles da drin? In dem Gekritzel?«, flüsterte er Hester ins Ohr.
    »Ja. Erstaunlich, nicht wahr?«, antwortete sie.
    Scuff bedachte sie mit einem scheelen Blick von der Seite. Noch hatte sie ihn nicht von der Notwendigkeit der Lese- und Schreibkunst überzeugt. Erst vor Kurzem hatte sie das wieder erwähnt. Was wollte sie denn nur? Er konnte doch zählen, und das genügte ja wohl.
    Squeaky las vor, welche Patientinnen am fraglichen Tag schon ein Bett belegt hatten und wer am Morgen um welche Zeit neu aufgenommen worden war. Außerdem berichtete er darüber, wer welche Aufgaben verrichtet hatte und ob die jeweiligen Personen die seiner Meinung nach angemessene Anerkennung für ihre Bemühungen erhalten hatten.
    Mit einem Stift, den sie sich von Squeaky borgte, machte sich Hester ein paar Notizen, dann zog sie los, die Frauen eine nach der anderen zu befragen.
    Sie alle zeigten sich zunächst sehr misstrauisch, weil sie dachten, ihre Arbeit würde kritisiert, und um das sicher geglaubte Essen und den Schlafplatz fürchteten.
    Meistens folgte Scuff Hester auf Schritt und Tritt, als müsse er sie beschützen, auch wenn er keine Ahnung hatte, wovor eigentlich.
    »Sie lügt«, kommentierte er beiläufig, als sie eine junge Frau in der Waschküche verließen, die mit hochgekrempelten Ärmeln arbeitete und vom heißen Wasser und der ätzenden Waschlauge rote Hände hatte. Aber das waren nun einmal die Arbeitsbedingungen, und anders ließ sich die von den Körperflüssigkeiten der Kranken und Verletzten verschmutzte Wäsche nicht reinigen.
    »Wir werden das bei Claudine nachprüfen«, versprach Hester dem Jungen. »Für dich übrigens Mrs. Burroughs. Sie wird wissen, ob Kitty hier war oder nicht.«
    »Sie war nich’ da«, verkündete Scuff. »Wetten, dass sie an der Hintertür war und irgendwas Verbotenes getan hat. Schmeißen Sie sie jetzt raus?«
    »Nein«, sagte Hester sofort, »es sei denn, sie hätte Hattie etwas angetan.«
    »Oh!«
    Sie sah, dass er lächelte.
    Danach befragte sie zwei andere Frauen, alle beide Patientinnen, die die Klinik noch nicht verlassen konnten, aber immerhin in der Lage waren, beim Kochen und Saubermachen mitzuhelfen. Ihre Angaben standen in Widerspruch zu dem, was Kitty und eine der anderen Frauen gesagt

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