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Einer trage des anderen Schuld

Einer trage des anderen Schuld

Titel: Einer trage des anderen Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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mehr herauszufinden, würde der Arzt den Abdruck des Seils herausschneiden müssen.
    »Ich möchte diesen Tosh sehen«, erklärte Monk beim Verlassen der Leichenhalle, an Coburn gewandt.
    »Jawohl, Sir. Das hab ich mir schon gedacht. Ich hab ihn auf der Wache. Is’ ungewöhnlich hilfsbereit, der Kerl.« Erneut verriet Coburns verkniffener Mund tiefsten Abscheu.
    Monk gab keine Antwort. Schweigend folgte er dem Constable über die Straße und weiter zum Polizeirevier, wo Tosh im Verhörzimmer saß, an einer Tasse Tee nippte und ein Stück gezuckertes Schmalzgebäck verzehrte. Er wirkte einigermaßen nüchtern, wie es sich für einen Mann, der den Fund einer Leiche meldete, auch gehörte. Allerdings entdeckte Monk auf seinem langen Gesicht ein gewisses zufriedenes Grinsen, als er sich gemächlich erhob, sorgfältig darauf bedacht, seinen Tee nicht zu verschütten.
    »Morgen, meine Herren«, begrüßte er sie mit bemerkenswert wohlmodulierter Stimme. Er war ein hochgewachsener Mann mit schmalen Schultern, einer ziemlich langen Nase und entschieden krausem Haar, das in alle Richtungen abstand. »Traurige Angelegenheit«, murmelte er, an Monk gewandt, dessen Autorität er auf Anhieb erkannte. »Tosh Wilkin. Was kann ich für Sie tun?«
    Monk stellte sich vor.
    »Guten Tag, Mr Monk«, sagte Tosh nüchtern. »Den ganzen Weg von Wapping bis hierher, was? Dann müssen Sie die Sache ja wirklich sehr ernst nehmen.«
    »Mord ist immer ernst, Mr Wilkin.«
    »Ach, Mord?« Tosh gab sich gelinde überrascht. »Und ich hatte gehofft, er hätte bloß Pech gehabt und wär von selber reingefallen.«
    »Wirklich? Sie haben die Ligatur nicht bemerkt?«
    Tosh spielte das Unschuldslamm. »Die was?«
    »Das verknotete Seil um seinen Hals«, klärte ihn Monk auf. Er beobachte Toshs Augen, sein Gesicht, die säuberlich gepflegten Hände, die an seinen Seiten herabhingen. Nichts gab etwas preis.
    »Kann nich’ behaupten, so was gesehen zu haben. Aber ich hab mir auch nich’ mehr angeschaut, als unbedingt nötig war, um mich zu vergewissern, dass ’Orrie keine Vision oder so was gehabt hat. Is’ ja sowieso Sache der Polizei. Sich einmischen bringt normalen Menschen ja auch nix. Bloß nix anfassen, sag ich immer. Ich bin dann zu Constable Coburn gelaufen.«
    Er zögerte, als wäre er unschlüssig, wie er fortfahren sollte. Er schaute ausschließlich Monk an, den Blicken der anderen beiden Polizisten wich er aus. »Na ja, um die Wahrheit zu sagen, Mr Monk, is’ ’Orrie schon früher zu mir gekommen, so um sechs in der Früh. Ich hätt ihm am liebsten eine verpasst, weil er mich geweckt hat. Aber er hat gesagt, dass er Mickey gestern Nacht gegen halb zwölf mit dem Boot rausgefahren hat. Mickey hatte ihm gesagt, dass er ihn nach ungefähr einer Stunde wieder abholen soll. Na ja, als ’Orrie wieder an der Stelle war, war keiner da. Kein Mickey, niemand. Er hat mir erzählt, er wär eine ganze Weile geblieben und hätte nach ihm gerufen und Ausschau gehalten, aber dann hat er sich gesagt, dass er was falsch verstanden haben muss, und is’ wieder heim. Bloß als Mickey am Morgen immer noch nich’ zurück war, hat ’Orrie Angst gekriegt, dass was passiert is’.«
    »Um halb sieben?«, fragte Monk ungläubig.
    Tosh nickte. »Eben. Verstehen Sie, ich hab ihm nich’ geglaubt. Ich hab ihm gesagt, er soll verschwinden und mich in Ruhe lassen. Sich wieder ins Bett legen wie jeder anständige Mensch und nich’ so dummes Zeug reden. Und weg war er.«
    Monk wartete ungeduldig.
    »Aber dann hab ich angefangen, mir selber Sorgen zu machen«, fuhr Tosh fort, den Blick würdevoll auf Monk gerichtet. »Statt wieder einzuschlafen, habe ich eine Weile dagelegen, dann bin ich aufgestanden und hab mich angezogen. Ich war schon auf dem Pfad zum Fluss runter, einfach um nach dem Rechten zu sehen, sozusagen, als mir ’Orrie mit rotem Kopf und völlig außer Puste entgegengerannt kam.«
    Monks Blick wanderte von Tosh zu Constable Coburn und wieder zurück zu Tosh. »Wo liegt dieses Boot, zu dem ’Orrie Mickey gestern Nacht rausfuhr?«, fragte er.
    »Mal hier, mal dort«, meinte Coburn.
    Tosh zeigte flussaufwärts. »Zwischen uns und Barnes vertäut. Das muss aber nich’ heißen, dass Mickey dort ins Wasser gegangen is’. Die Gezeiten können verrückte Dinge im Fluss anstellen – vor allem mit Treibgut.«
    »’Orrie hat Parfitt also gestern Abend um kurz nach elf mit dem Boot rausgefahren und kam etwa eine Stunde später, um ihn abzuholen, aber er war

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