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Einer trage des anderen Schuld

Einer trage des anderen Schuld

Titel: Einer trage des anderen Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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ich es ihm zurück. Wenn nicht, sorge ich persönlich dafür, dass Sie für Ihre Unverschämtheit büßen!«
    »Das tut mir leid, Sir. Ich kann es in absehbarer Zeit weder Ihnen noch Mr Cardew aushändigen. Es wurde bei einem Verbrechen benutzt. Wenn der Fall vor Gericht kommt, wird es ein Beweismittel sein.«
    »Was soll das heißen – ein Verbrechen?« Bledsoe prallte verwirrt zurück. Mit einem Schlag verlor er jede Farbe, und seine Haltung änderte sich.
    »Es wurde benutzt, um einen Mann zu erdrosseln«, erläuterte Monk mit einer gewissen Zufriedenheit.
    Bledsoe schoss das Blut heiß ins Gesicht. »Sie haben mich belogen!«, ereiferte er sich.
    »Ich habe Sie gefragt, ob Sie wissen, wem es gehört, und Sie haben darauf geantwortet«, erwiderte Monk eisig. »Wollen Sie etwa sagen, Sie hätten gelogen, wenn Sie gewusst hätten, dass es bei einem Verbrechen verwendet wurde?«
    »Hol Sie der Teufel!«, zischte Bledsoe. »Ich werde alles leugnen.«
    Monk starrte ihm in die Augen. Verächtlich schürzte er die Lippen. »Wenn es das ist, was Ihnen Ihr Ehrenkodex vorschreibt, Sir, dann müssen Sie Ihrem Gewissen wohl folgen. Das ist sehr edel von Ihnen.«
    Bledsoe zischte: »Edel?«
    »Jawohl, Sir. Nun, da ich weiß, wem das Halstuch gehört, wird es ein Leichtes sein, den Beweis zu führen. Sie werden sich vor Gericht zwar einigermaßen blamieren und als Lügner völlig unmöglich machen, aber Sie werden Ihren Freund nicht verraten haben. Guten Tag, Sir.« Damit machte Monk auf dem Absatz kehrt und ließ Bledsoe stehen. Er kochte vor Wut und fühlte sich gleichzeitig hundeelend. Verzweifelt wünschte er sich, es wäre nicht jemand gewesen, den er mochte – schlimmer noch, den Hester mochte.
    Mickey Parfitt war ein Ungeheuer. Jedes seiner Opfer konnte versucht gewesen sein, ihn zu zerstören, auch wenn es im Nachhinein entweder seinen Zorn bedauert hätte oder den Verlust all dessen, was er ihm zur Verfügung gestellt hatte, um seine Gelüste zu befriedigen. Was nun Rupert Cardew betraf, wäre Monk schlichtweg nie auf die Idee gekommen, dass er sich angesichts seines Reichtums, seiner Privilegien und vor allem seines Charmes in derartige Schandtaten verwickeln ließ.
    Aber warum nicht? Abhängigkeit hatte nichts mit der gesellschaftlichen Stellung zu tun. Es ging um Bedürfnisse. Andererseits … vielleicht hatte ihm jemand das Halstuch gestohlen? Das hoffte Monk jedenfalls. Damit wäre zwar dieses Verbrechen nicht gelöst, aber das war ja auch nicht so wichtig.
    In den nächsten zwei Tagen folgte Monk Rupert Cardews Spur zu mehreren Prostituierten in der Gegend um Chiswick und weiter südlich am Flussufer. Das Wasser und die Leute dort schienen Cardew zu faszinieren, als bärge es mit seinen Launen sowohl Vitalität als auch Gefahr unter der Oberfläche, die so oft glatt war, das Licht widerspiegelte und immer das Herz des Flusses verschleierte.
    Monk fand weitere Zeuginnen, die Rupert gesehen hatten und seine Vorlieben kannten, Frauen, deren Dienste er ab und zu in Anspruch genommen hatte. Es war nicht schwierig, der Spur des Geldes zu folgen, das er beim Glücksspiel eingesetzt und verloren hatte, jene Schulden, die er nur mit Hilfe seines Vaters hatte begleichen können.
    Zu guter Letzt war jeder vernünftige Zweifel ausgeräumt. In Begleitung Ormes begab sich Monk zu dem prächtigen Haus in Kensington, wo Rupert Cardew immer noch bei seinem Vater lebte. Er hatte bewusst den frühen Morgen gewählt, weil um diese Zeit am wenigsten damit zu rechnen war, dass Lord Cardew oder sein Sohn ausgegangen waren.
    Während Orme im Hansom blieb, trat Monk vor die massive Eingangstür. Vielleicht hätte er an der Hintertür klopfen sollen, aber zu so etwas war er noch nie bereit gewesen, nicht einmal in seinen Anfangsjahren als untergeordneter Beamter bei der Metropolitan Police. Und jetzt, als Kommandant der Thames River Police, dachte er erst recht nicht daran.
    Der Butler ließ ihn herein. »Ich muss mit Mr Rupert Cardew in einer äußerst wichtigen Angelegenheit sprechen«, erklärte er in ernstem Ton, als er ins Frühstückszimmer geführt wurde, um dort zu warten, bis es Rupert beliebte zu erscheinen. Das Innere des Hauses war überwältigend. Dabei war ihm sehr wohl anzusehen, dass es seit Generationen von derselben Familie bewohnt worden war. Wenig war neu. Der große Flur hatte einen mit Marmorplatten ausgelegten Boden, den die Füße vieler Generationen abgenutzt hatten. Das Holzgeländer, das in weitem Schwung

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