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Einer trage des anderen Schuld

Einer trage des anderen Schuld

Titel: Einer trage des anderen Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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auf. Er wollte die Sache hinter sich bringen. Allerdings würde es ihm bestimmt schwerfallen, dem nächsten Mandanten seine volle Aufmerksamkeit zu schenken, falls Monk wieder etwas Neues entdeckt hatte und all seine Gedanken sich nur noch darum drehten. Die Tatsache, dass Monk persönlich zu ihm gekommen war, ließ freilich nur einen Schluss zu: Sein Besuch konnte nur mit dem Mord an Mickey Parfitt und dem Boot zu tun haben, auf dem dieser sein widerwärtiges Gewerbe betrieben hatte.
    Rathbone hatte versucht, aus seinem Bewusstsein zu verdrängen, dass Sullivan Arthur Ballinger bezichtigt hatte, seinen Verfall herbeigeführt zu haben. Erst die Versuchung, dann die Korruption und schließlich sein Selbstmord. War er am Ende unzurechnungsfähig gewesen und hatte er Ballinger deshalb beschuldigt, weil er seine eigene Verantwortung für das, was aus ihm geworden war, nicht mehr ertragen konnte? Es hatte nie etwas anderes gegeben als Worte, keine Fakten und erst recht keine Einzelheiten, die Sullivan nicht selbst hätte erfinden können.
    Monk trat ein und zog sogleich die Tür hinter sich zu. Der Diener hatte recht: Er wirkte müde und deprimiert, fast geschlagen. Die kalte, eiserne Faust in Rathbones Magen schien sich noch fester zu schließen. Er wartete.
    »Ich weiß jetzt, wer Mickey Parfitt ermordet hat«, sagte Monk leise. »Die Indizien scheinen mir recht schlüssig. Ich habe mir gedacht, dass Sie es gerne erfahren würden.«
    »Allerdings!«, bellte Rathbone. »Also raus mit der Sprache! Stehen Sie nicht herum wie ein Leichenbestatter mit Zahnschmerzen – sagen Sie’s mir!«
    Ein Lächeln flackerte über Monks Gesicht und verschwand wieder. »Rupert Cardew.«
    Rathbone prallte benommen zurück. Es fiel ihm schwer, das zu glauben. Gewiss, Rupert Cardew führte ein ausschweifendes Leben, aber er war bestimmt nicht schlimmer als viele junge Männer mit zu viel Geld und zu großen Privilegien. Wie, um alles in der Welt, konnte er so tief sinken?
    Gleichzeitig mit dem Bedauern empfand er unendliche Erleichterung. Die Vorstellung, dass Arthur Ballinger in Pornografie, Erpressung und Mord verstrickt gewesen sein könnte, war lächerlich. Wenn Claudine Burroughs’ Beobachtung zutraf und es wirklich Ballinger gewesen war, den sie vor dem Laden mit den pornografischen Abbildungen gesehen hatte, dann hatte er in diesem Moment ganz gewiss einem Freund geholfen und sich in seiner Eigenschaft als Anwalt um irgendeinen armen Teufel bemüht, der in eine Dummheit hineingeschlittert war. Gut möglich, dass es ihm darum gegangen war, eine Erpressung zu durchkreuzen, indem er die Fotografien an sich brachte, die seinen Mandanten belasteten. Aber natürlich! Eine ganz einfache Erklärung. Und kaum war sie ihm eingefallen, fragte er sich, warum das so lange gedauert hatte.
    »Das tut mir sehr leid«, sagte Rathbone, und als er Monk in die Augen blickte, erkannte er die Traurigkeit darin. Aus Anteilnahme mit Hester, ohne Zweifel. Cardew hatte der Klinik viel gespendet, und sie war ihm nicht nur dankbar, sondern hatte ihn auch gemocht. Wie typisch für Hester, die immer ein Herz für Leute in Bedrängnis hatte, für diejenigen, denen andere aus dem Weg gingen, sobald sie Bescheid wussten.
    Und wenn sie das erfuhr, würde auch sie ihn meiden. Vieles würde sie verzeihen, aber im ganzen Leben würde sie keinen Mann bei sich dulden, der Kinder missbraucht und ermordet hatte: verwundbare Kinder, die froren, die hungrig und allein waren wie Scuff.
    Monk stand kerzengerade da wie immer und drückte eine Würde aus, die fast wie Arroganz wirkte. Allerdings trog dieser Eindruck. Und da Rathbone ihn so gut kannte wie kaum jemand anders, wusste er auch, dass diese Haltung seiner Verteidigung diente und sein Glaube an sich selbst ein Panzer war, der umso fester geworden war, seit ihn sein Gedächtnisverlust auf einzigartige Weise verletzlich gemacht hatte.
    Und jetzt stand er im Begriff, Hester Schmerzen zuzufügen. Es würde keine Möglichkeit geben, sie zu trösten oder die Desillusionierung zu lindern. Rupert Cardew erinnerte sie bestimmt an die jungen Offiziere, die sie auf der Krim als Verwundete gekannt, als Sterbende gesehen hatte und die bis zum Schluss darum gekämpft hatten, so etwas wie Würde zu bewahren. Damals hatte sie bei den wenigsten etwas gegen den Tod ausrichten können, und auch jetzt konnte sie nichts für Rupert Cardew tun. Wenn das je möglich gewesen wäre, dann hätte es vor Jahren geschehen müssen.
    Monk deutete

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