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Einer trage des anderen Schuld

Einer trage des anderen Schuld

Titel: Einer trage des anderen Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Gedämpftes Lachen und das Klirren von Gläsern stiegen in die Luft, das sanfte Wogen einer Blumenwiese in einer milden Brise.
    Margaret umfasste Rathbones Arm etwas fester. Er roch ihr Parfum, süß und rätselhaft.
    »Ah! Sir Oliver, Lady Rathbone! Wie entzückend, Sie zu sehen!« Diese Begrüßung wurde ein ums andere Mal wiederholt. Rathbone kannte alle Anwesenden und brauchte sich nicht das Gehirn nach einem Namen, einer Stellung oder einer besonderen Leistung zu zermartern. Er zeigte sich bei seinen Antworten entspannt, lachte über einen Witz, beteiligte sich am Gespräch über eine Nachricht, das letzte Buch, die neueste Kunstausstellung.
    Erst als man sich zum Dinner an die Tafel setzte, fiel ihm auf, dass die Zahl der Gäste ungerade war, ein Umstand, den eine englische Gastgeberin niemals bewusst herbeiführen würde.
    »Was ist denn?«, flüsterte Margaret, als sie seine verwirrte Miene bemerkte.
    »Wir sind neunzehn«, raunte er ihr zu.
    »Da muss etwas passiert sein«, erklärte sie bestimmt. »Jemand ist erkrankt.« So beiläufig sie konnte, blickte sie sich um. »Es ist ein Mann«, verkündete sie schließlich. »Es sind zehn Frauen am Tisch.«
    Mit einem Schlag war die Antwort klar und damit auch der Grund, warum es niemand erwähnt hatte. Bei dem fehlenden Mann handelte es sich um Lord Cardew. Angesichts der Gästeliste war sich Rathbone sicher, worüber die Herren nach dem Dinner bei Portwein und Zigarren diskutieren würden, sobald die Damen sich zurückgezogen hatten: die umstrittene Frage der industriellen Verschmutzung, insbesondere die der Flüsse. Er erinnerte sich, wie Ballinger davon gesprochen hatte, dass Lord Cardew sich seit Jahren mit diesem Thema befasste. Jetzt überlegte Rathbone, ob es am Ende nicht sogar Cardew gewesen war, der den einflussreichen Richter Lord Garslake so weit gebracht hatte, seine Meinung zu ändern und die Entscheidung des Appellationsgerichts in jenem berühmten Fall zu revidieren.
    Plötzlich wurde ihm bange. Er fühlte sich elend und auch schuldig, weil er in einer Stimmung ungetrübten Glücks hierhergekommen war. Dabei konnte er nun wirklich nichts dafür, dass Rupert Cardew Parfitt ermordet hatte. Was ihn beschämte, waren seine Erleichterung und seine Bereitschaft wegzuschauen, wenn Unbehagen sein privates Glück bedrohte. Vielleicht hatte Cardew es genauso gemacht, sich geweigert, Ruperts wahres Wesen zu erkennen, sich der Wahrheit zu stellen und wenigstens zu versuchen, auf seinen Sohn einzuwirken. In dieser Hinsicht waren er selbst und der Lord einander sehr ähnlich, nur dass Rathbone noch nie gezwungen gewesen war, dafür geradezustehen.
    Margarets Stimme riss ihn aus seinen Grübeleien. »Oliver?«
    Er verwarf seine trüben Gedanken sogleich und zwang sich, nur noch an den Augenblick zu denken – und an sie.
    »Ja«, sagte er hastig, »jemand muss erkrankt sein. Wollen wir hoffen, dass es harmlos ist und er sich bald wieder erholt.« Kurz legte er seine Hand auf die ihre, dann trat er lächelnd vor und nahm seinen Platz am Tisch ein.
    Niemand erwähnte Cardew oder irgendein anderes Thema, das die Freude an diesem Abend hätte trüben können. Rathbone machte es glücklich zu sehen, dass Margaret ihre frühere Schüchternheit hinter sich gelassen hatte, dass sie lachte und amüsante, bisweilen sogar doppelbödige Bemerkungen zum Gespräch beisteuerte, wenn sie mit einer Ansicht nicht einverstanden war. Mehr als ein Mal perlte Gelächter über den Tisch, und Bewunderung war zu erkennen.
    Rathbone war stolz auf seine Frau.
    Unwillkürlich fiel ihm Hester ein: ihre flinke Zunge; die Leidenschaft, die bei ihr bisweilen schockierende Reaktionen auslöste; ihre Wut über Unfähigkeit und falschen Stolz, mit dem Täuschungen bemäntelt wurden; ihr Mitgefühl, das dazu führte, dass sie sich auf ihren Kreuzzügen viel zu wenig um die Etikette und die Folgen ihres Verhaltens scherte. Sie würde immer eine aufregende Frau für ihn bleiben. Allerdings hatte er das einmal irrtümlich für Liebe gehalten und sich eingebildet, er könne mit ihr glücklich werden. Gott sei Dank hatte sie ihn nicht erhört. Bei einer Dinnerparty wie der heutigen würde er immer voller Bangen darauf warten, dass sie in ein Fettnäpfchen trat und eine verheerend freimütige Bemerkung machte, deretwegen sie niemals vergessen, geschweige denn ignoriert werden konnte.
    Er blickte über den Tisch zu Margaret hinüber. Mit ernster Miene antwortete sie dem Mann zu ihrer Linken. Es ging um

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