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Einer trage des anderen Schuld

Einer trage des anderen Schuld

Titel: Einer trage des anderen Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Männer dieser Art erlebt, für die eine Kapitulation zu wesensfremd war, um sie auch nur in Betracht zu ziehen. Sie waren vielleicht verunsichert, machten aber weiter, weil es ihre Gewohnheit war und sie unfähig waren, eine Alternative zu ersinnen.
    »Warum sollte ihn das bekümmern?«, beharrte Cardew. »Er erledigt doch nur seine Arbeit. An seiner Stelle würde ich meinen Sohn für schuldig halten. Die Indizien, die die Polizei hat, deuten schließlich auf nichts anderes hin. Dieses Subjekt wurde zweifellos mit Ruperts Halstuch ermordet. Nicht einmal ich könnte dem widersprechen. Das Ding ist unverwechselbar. Wer wüsste das besser als ich? Ich habe es ihm geschenkt. Offensichtlich hat man es vom Hals des elenden Kerls heruntergeschnitten.«
    »Hat Rupert die Tat gestanden?«, erkundigte sich Rathbone.
    Cardews Wangen färbten sich rot, und er senkte die Lider. Feigheit war eine Sünde, die er weder aufgrund seiner Natur noch seiner Erziehung vergeben konnte. Ein Gentleman versteckte sich nicht hinter Entschuldigungen, er beklagte sich nicht, und vor allem log er nicht, um sich den Folgen seiner Taten zu entziehen.
    »Nein, das hat er nicht«, sagte er so leise, dass Rathbone es kaum vernahm.
    Rathbone sann über Worte des Trosts nach, den er ihm spenden könnte, doch sie waren samt und sonders unzureichend, abgedroschen oder von genau jener Verlogenheit, die Cardew so sehr verachtete.
    »Worum möchten Sie mich bitten?«, fragte er sanft.
    Cardew blickte auf. »Wissen Sie, was Parfitt war?«
    »Ich weiß zumindest über ein paar Dinge Bescheid.« Mit der Erinnerung stieg Übelkeit in Rathbone hoch. »Ich weiß, was Jericho Phillips war. Ich war bei der Razzia auf seinem Boot zugegen. Ich habe seine Leiche am Execution Dock gesehen, und ich konnte sie mir ohne Bedauern anschauen. Er ist eines grässlichen Todes gestorben, aber ich konnte nichts als Erleichterung darüber empfinden, dass es ihn nicht mehr gibt. Darauf bin ich nicht stolz. Mehr noch, es ist etwas, woran ich mich lieber nicht erinnere.«
    »Dann werden Sie verstehen, warum ich kein Mitleid für Mickey Parfitt übrighabe«, erwiderte Cardew. »Gibt es nicht so etwas wie einen Antrag auf mildernde Umstände, den Sie im Namen des Mannes stellen könnten, der ihn getötet hat – und sei es auch nur, um ihn vor dem … dem Galgen zu retten?« Er brachte den letzten Satz nur noch stockend und mit erstickter Stimme zu Ende.
    »Ich kann es versuchen«, sagte Rathbone widerstrebend. Wie oft hatte dieser Mann wohl schon andere um Milde für seinen Sohn angefleht, der ihn in solch großen Kummer gestürzt hatte? Wurde er dessen denn nie überdrüssig? Fragte er sich jetzt, ob es nicht besser gewesen wäre, Rupert früher für seine Fehler zahlen zu lassen, und zwar den vollen Preis, als er seine Lektion vielleicht noch hätte lernen und sich die letzte Konsequenz hätte ersparen können? War ihm klar, dass seine Gutmütigkeit immer nur dazu gedient hatte, dem Unvermeidlichen auszuweichen? Und hatte das Unvermeidliche in der Zwischenzeit solche Dimensionen angenommen, dass der Preis sein Leben sein würde?
    Cardew beugte sich vor, das Gesicht angespannt, die Augen auf die Rathbones fixiert. »Er sagt mir nicht, was geschehen ist. Und ich habe ihn nur kurz gesehen, ehe er abgeführt wurde. Aber wenn er Parfitt umgebracht hat, könnte das doch vielleicht aus Notwehr geschehen sein? Oder um eine andere Person zu verteidigen? Sind dafür nicht mildernde Umstände im Gesetz vorgesehen?«
    »Wenn die Tat begangen wurde, um das Leben einer dritten Person zu retten, die in unmittelbarer Gefahr war, getötet zu werden, dann verdient das mit Sicherheit mehr als mildernde Umstände«, erklärte Rathbone. »Wenn das über jeden vernünftigen Zweifel hinaus bewiesen werden kann, ist es eine Rechtfertigung. Aber ich fürchte, es könnnte extrem schwierig werden, Geschworene heute noch davon zu überzeugen, zumal Rupert bereits verhaftet wurde und ein unschuldiger Beteiligter ihn doch noch am selben Tag entlastet hätte.«
    Cardew zuckte zusammen. »Natürlich. Dennoch kann ich einfach nicht glauben, dass er diesen Mann ohne zwingenden Grund töten würde. Er ist ein Hitzkopf, aber er ist nicht dumm.« Cardew schluckte schwer. »Und obwohl er in anderer Hinsicht einen unmoralischen Lebenswandel pflegt, hat er auf seine Weise einen hohen Ehrbegriff. Einen Mann kaltblütig zu töten, selbst einen wie Parfitt, wäre für ihn nicht … akzeptabel. Ein Feigling geht so vor,

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