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Eines Tages geht der Rabbi

Eines Tages geht der Rabbi

Titel: Eines Tages geht der Rabbi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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Regierungsstelle, wo man so was braucht …»
    Tagsüber war Scofield selten da. Er erschien am späten Nachmittag, wenn er in Salem Feierabend gemacht hatte. Dann berichtete Laura ihm, was sich an diesem Tag getan hatte, und zeigte ihm die Zeitungsausschnitte, und sie besprachen die weitere Strategie. Von Anfang an, fand sie, sah er seine Chancen übertrieben pessimistisch.
    Als sie ihm ihre Hilfe angetragen hatte, sagte er: «Hilfe kann ich natürlich gebrauchen, aber ich könnte Ihnen nicht sehr viel zahlen, vielleicht überhaupt nichts bis nach der Wahl – falls ich gewinne.»
    «Darauf kommt es mir nicht an. Ich bin auf das Geld nicht angewiesen, und Zeit habe ich reichlich.»
    «Sehr nett von Ihnen, aber –»
    «Wer ist Ihr Wahlkampfmanager? Wer macht Ihre Organisation? Wo haben Sie Ihre Zentrale?»
    «Bisher habe ich das von meinem Büro in Salem aus erledigt. Viel habe ich noch nicht gemacht. In der Kanzlei gegenüber sitzt so ein alter Knabe, ein gewisser J. J. Mulcahey, der hat mir diesen Floh eigentlich erst ins Ohr gesetzt und gibt mir hier und da einen Tip, aber –»
    «Eine Zentrale in Salem ist unmöglich, das ist ja nicht einmal Ihr Bezirk. Sie brauchen was in Barnard’s Crossing. Einen leeren Laden.»
    «Aber das kann ganz schön ins Geld gehen. Außerdem hab ich einfach nicht die Zeit, mich nach so was umzusehen. Und dann braucht man ja auch Möbel, zumindest einen Schreibtisch und einen Aktenschrank. Die könnte ich vielleicht gebraucht kriegen, aber –»
    «So was kann man mieten. Und für die paar Monate bis zur Wahl dürfte ein Laden nicht viel kosten.»
    «Meinen Sie? Nachdem ich mich zu der Kandidatur entschlossen hatte, habe ich ein, zwei Makler angerufen, einer hat 1000 Dollar im Monat verlangt, Vorauszahlung und bar auf die Hand …»
    «Und wenn ich mich mal umsehen würde?»
    «Ja, also …»
    Wenige Tage später rief sie ihn im Büro an. «Kennen Sie den Laden auf der High Street, hinter dem Marktplatz? Den kann ich für 100 Dollar pro Monat bekommen, von jetzt bis zum November.»
    «100 Dollar? Donnerwetter. Wie haben Sie das geschafft?»
    «Indem ich darauf hingewiesen habe, daß Ihre Chancen gut stehen und daß es keine schlechte Sache ist, einen Senator im Bekanntenkreis zu haben. Ich hatte mich vorher erkundigt und in Erfahrung gebracht, daß sie mal Ärger mit der Baubehörde hatten.»
    «Das ist ja phantastisch. Muß ich einen Mietvertrag unterschreiben? Und wollen Sie einen Scheck für die erste Monatsmiete haben?»
    «Ich könnte mit einem Scheck von mir zahlen, und Sie können mir das Geld irgendwann wiedergeben. Ich mußte mich als Ihr Wahlkampfmanager ausgeben, um ernstgenommen zu werden. Sie hätten sonst gedacht, daß ich mich nur wichtig machen will.»
    «Alles klar. Nur weiter so.»
    «Wenn Sie wollen, kümmere ich mich mal um die Möbel.»
    «Ja, gern. Möbel müssen sein.»
    Sie unterschrieb den Mietvertrag, beschaffte die Möbel, verhandelte wegen des Drucks von Wahlkampfbroschüren und Briefbogen. Einigermaßen verdutzt, erzählte er Mulcahey davon.
    Der Kollege nickte nachdenklich. «Das ist das Schöne an der Politik. Die Trittbrettfahrer stellen sich schnell genug ein. Wie sieht sie aus?»
    «Sehr nett – auf eine streng sachliche Art. In Partykluft könnte sie wahrscheinlich umwerfend sein. Aber eine gutaussehende Frau, unbedingt.»
    «Hast du schon versucht, dich an sie ranzumachen?»
    «Natürlich nicht. Hast du vergessen, wer sie ist? Ihr Vater ist Howard Magnuson, von Magnuson & Beck.»
    «Na und?» Mulcahey schlug seine ordinäre Lache an. «Untenrum dürfte sie nicht anders gebaut sein als andere Weiber auch. Ich will dir mal was sagen, mein Junge. Du bist nur ein neues Spielzeug für sie, so ’n reiches Mädel braucht einfach Abwechslung.» Das klang verächtlich, er ärgerte sich ein bißchen, daß sie ihn aus seiner Position als Mentor, Lenker und Betreuer von Scofields Karriere verdrängt hatte. «Wenn sie nach ein, zwei Wochen das Politikspielen satt hat, läßt sie dich sitzen, verlaß dich drauf.»
    «Das glaube ich nicht. Sie – sie engagiert sich da nämlich mehr als ich.» Er lachte verlegen. Nicht einmal sich selbst gegenüber mochte er sich eingestehen, daß er sich zu dem Wahlkampf nur von Mulcahey hatte überreden lassen und daß es allein Lauras Interesse war, das ihn bei der Stange hielt. Bisher hatte der Zustrom von Mandanten noch nicht eingesetzt, den Mulcahey vorhergesagt hatte, und die ihm immer häufiger auf den Tisch

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