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Eines Tages geht der Rabbi

Eines Tages geht der Rabbi

Titel: Eines Tages geht der Rabbi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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wissen es schließlich beide besser –, warum sollte ihm daran liegen, daß ich bei den Vorwahlen durchkomme, wo es noch nicht mal seine Partei ist? Und wo er ganz genau weiß, daß ich in den meisten Fällen gegen ihn stimme? Zumal ich es war, der den Kampf gegen die Hafenvorlage angeführt hatte und beinah gewonnen hätte. Und daß ich für eine Wiederaufnahme bin und gute Chancen habe, sie durchzuboxen. Hat er sich mit Atlantic Dredging angelegt, und will er ihnen jetzt zeigen, daß er ihre lausige Hafenvorlage durchbringen oder scheitern lassen kann, ganz wie er will? Weht daher der Wind? Soll Atlantic Dredging merken, daß er nicht ihr Eigentum ist?»
    «Nur weil er für die Hafenvorlage gestimmt hat, läßt er sich noch längst nicht von Atlantic Dredging rumkommandieren», sagte D’Angelo ungerührt. «Genausowenig, wie Sie sich von Northeast Fisheries rumkommandieren lassen, weil Sie dagegen gestimmt haben.»
    «Ich habe mit Northeast Fisheries nicht das mindeste zu tun», erklärte Cash böse.
    «Eben, sag ich ja», meinte D’Angelo freundlich. «Der Alte hat mit Atlantic Dredging ebensowenig zu tun wie Sie mit Northeast Fisheries.»
    «Wieso will er mir dann umsonst einen Gefallen tun?» Ihm kam ein Gedanke. «Oder hat er’s auf Baggio abgesehen?»
    «Daß es umsonst ist, hab ich nicht gesagt», meinte D’Angelo. «Es kostet Sie schon ’ne Kleinigkeit.»
    «Wieviel?»
    «Nicht aufregend. Ein paar tausend Dollar für Auslagen.»
    «Was verstehen Sie unter ein paar tausend?»
    D’Angelo hob vielsagend die Schultern: «Drei, vier, höchstens fünf. Kommt drauf an.»
    «Jetzt geht mir allmählich ein Seifensieder auf. Aus irgendeinem Grund wollt ihr Baggio nicht. Was ihr gegen ihn habt, begreif ich allerdings nicht. Er ist ein Niemand. Es sei denn, daß ihr seinen Schwager im Wahlausschuß im Auge habt – vielleicht wegen der paisanos , die er steuert. Also kommt ihr zu mir, damit ich euch helfe, ihn loszuwerden. Warum? Weil es auf gar keinen Fall so aussehen darf, als ob der gute Moriarty bei der Kandidatenauswahl der Opposition mitmischt. Und deshalb kommen Sie nicht als sein Vertreter zu mir, sondern auf eigene Faust mit einem hübsch ausgekochten Gaunerstück.» Er rieb sich die Hände. «Also gut – was haben Sie für ein As im Ärmel?»
    «Ich habe ein Foto.»

16
    Ein paarmal war Laura drauf und dran gewesen, das Handtuch zu werfen. Im Grunde war es schiere Dickköpfigkeit, die sie noch bei der Stange hielt. Sie hatte sich das alles so schön ausgemalt, und sie mochte nicht zugeben, daß sie sich vielleicht doch verrechnet hatte. In ihren Augen war Scofield genau der richtige Kandidat, und unter den gegebenen Umständen konnte er gewinnen. Aber er schien gar nicht scharf darauf zu sein. Und das hatte sie nicht vorausgesehen.
    Auch die Neugier ließ ihr keine Ruhe. Warum war er so uninteressiert – nicht nur im Wahlkampf, sondern scheinbar auch an ihr? Gewiß, sie hatte ihn auf Distanz gehalten, weil sie während des Wahlkampfs Wert auf eine eher sachliche Beziehung legte. Trotzdem fuchste es sie, daß er keine Anstalten gemacht hatte, sie ein bißchen näher kennenzulernen. Daß es keine andere Frau in seinem Leben gab, stand für sie fest. War er vielleicht nicht ganz normal, war er homosexuell? Man hörte heutzutage so viel davon. Wenn das stimmte, war er allerdings für ihre langfristigen Pläne nicht der richtige Mann. Durch seine Interesselosigkeit hatte auch für sie der Wahlkampf an Reiz verloren. Trotzdem war sie fest entschlossen, bis zur Wahl durchzuhalten.
    Und dann – wenige Wochen vor der Vorwahl – geschah es. Am frühen Nachmittag kam er ins Wahlkampfbüro und verkündete: «Ich kann diese Wahl gewinnen, Laura. Sagen Sie mir, was ich tun soll, und ich tu’s.»
    «Phantastisch. Zunächst einmal müssen wir dafür sorgen, daß Sie bekannt werden. In der Stadt kennt man zwar Ihren Namen, aber nicht Sie persönlich. Sie müssen unter die Leute gehen, zu Versammlungen, Hearings, Podiumsdiskussionen, Vorträgen. Wenn es hinterher eine Diskussion gibt oder die Zuhörer Fragen stellen können, stehen Sie auf und sagen etwas. Es ist üblich, daß die Diskussionsteilnehmer nach ihren Namen gefragt werden, und dann sagen Sie: ‹ Ich bin John Scofield und kandidiere für den Senat. Ich möchte darauf hinweisen, daß …› Oder: ‹Ich möchte den Vortragenden fragen … › Ich kann Ihnen Einladungen in Privathäuser verschaffen, zu zwanglosen Zusammenkünften in kleinen Gruppen. Wir

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