Einfach bezaubernd
Lizzie und blickte in Xans schönes, altersloses Gesicht.
Warum also hatte sie plötzlich das Gefühl, manipuliert zu werden, wenn ihre lange nicht mehr gesehene Tante ihr sagte,
sie sollte nach all dem greifen, was sie sich immer gewünscht hatte, wahre Liebe und Befreiung von ihren unbequemen Kräften?
Aber Dees jahrzehntelange Warnungen steckten ihr in den Knochen, und so leichtgläubig sie auch sein mochte, dumm war sie nicht. »Und was hast du davon?«
»Ich, Darling?« Xan wich zurück. »Was könnte denn ich wohl davon haben? Außer dass du glücklich bist. Dein Glück und deine große Liebe.«
Na klar, na klar , dachte sie, sprach es aber nicht laut aus.
»Geh zu ihm, Lizzie. Er hat alles, was du dir immer gewünscht hast.« Da war ein schwaches Glitzern von Tränen in Xans Augen, wirkliche Tränen, und ihre Stimme klang ehrlich. Sie nahm Lizzies Hand in ihre, schlang ihre Finger ineinander, und der Amethyst spielte schier verrückt. Heiß sprühte er auf ihrer Haut, eine wilde Warnung, die Xan nicht zu bemerken schien. »Lass dir von deinen Schwestern nicht einreden, dass Macht wichtiger sei als Liebe. Nichts ist wichtiger als Liebe.«
Nach einer Weile ließ sie Lizzies Hand los, wandte sich ab und ging davon, höchst graziös in dieser wunderschönen Seidenhose, und der rote Kimono wehte sanft im Wind. Lizzie starrte hinter ihr her, fühlte sich schwindelig und verwirrt. Das war ernst gemeint; sie hat es wirklich so gemeint . Aber sie war Xan.
Es war plötzlich kalt geworden, und der Amethyst schien wie leblos auf ihrer Haut zu liegen, als wäre er, nachdem er den größten Teil seiner elektrischen Ladung abgegeben hatte, ausgebrannt. Lizzie schob sich das Haar aus dem Gesicht und stellte fest, dass ihre Hand stark zitterte. Zu allem Überfluss schien sie nun auch noch eine Art Grippe auszubrüten. Das hatte ihr in ihrer augenblicklichen Lage gerade noch gefehlt.
Sie musste unbedingt ihre Schwestern treffen, um zu versuchen, ihren geistigen Zustand wieder zu stabilisieren. Mare
hatte Mother’s Tattoo Parlor als Treffpunkt in der Mittagspause genannt. Sie wollte endlich herausfinden, was da eigentlich vor sich ging und ob Tante Xan wirklich die große Teufelin der westlichen Welt war. Die Kälte kroch Lizzie allmählich in die Knochen, und sie legte die Arme um sich und machte sich auf den Weg zu Mother’s . Mit jedem Schritt fühlte sie sich kränker. Aber mit etwas Glück würde sie wenigstens lange nicht mehr an Elric denken müssen.
Mare kam gegen zehn Uhr ins Value Video!. Ihre Arbeitskleidung bestand, da Samstag der Feiertag von Hochzeit mit einer Leiche war, aus einem Hochzeitskleid mit Schleier, das sie auf dem Flohmarkt erstanden und ein wenig zerrissen und blau gefärbt hatte. Dreama begegnete ihr am Ladentisch.
»Das ist ein tolles Kleid!«, rief Dreama begeistert.
Mare holte eine Schachtel mit Minzbonbons aus einer Schublade und reichte sie ihr.
»Danke.« Dreama öffnete die Schachtel. »Der Riss in dem Sitzsack ist gestern Abend größer geworden. Ich fürchte, es bleibt uns nichts übrig, als ihn wegzuschmeißen.«
»Ich kümmere mich darum«, erwiderte Mare. »Wo ist Jude?«
»Im Büro. Diskutiert mit William über die Geschäfte.« Dreama schüttelte den Kopf. »Jude ist ja wirklich süß, aber besonders vernünftig und taktvoll ist er nicht.«
»Du scheinst ja wirklich einen Blick für Menschen zu haben«, meinte Mare.
Dreama nickte mit ernstem Gesicht. »Als William gestern Abend eine Pause machte, habe ich hier alle scharfkantigen Gegenstände versteckt.«
Mare blickte sie überrascht an. » Sehr gut, Dreama.«
Jude kam aus dem Büro und lächelte, als er Mare erblickte.
Seine grünen Augen wirkten glasig vor Entzücken, und seine Krawatte war noch immer schrecklich anzusehen.
»Ciao, Mare! Ich bin froh, dass Sie hier sind.« Dann betrachtete er ihr Kleid. »Oh. Interessant.«
»›Tja, wir alle werden zu Überresten dieses Tages‹«, zitierte Mare.
»Wie bitte?«, machte Jude.
»Emily«, mischte Dreama sich hilfreich ein. » Hochzeit mit einer Leiche . Das singt sie in ihrem Lied. Mare trägt ihr Kleid.«
»Richtig, richtig«, sagte Jude hastig. »Toller Werbegag. Aber in New York werden Sie alles aufgeben müssen, was nicht im Bereich des Normalen liegt.«
»Ich gehe nicht nach New York«, entgegnete Mare und ignorierte die Enttäuschung in Dreamas Gesicht. Tja, so war das Leben. Eine Riesenenttäuschung nach der anderen.
»Aber das ist doch eine
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