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Einfach ein gutes Leben

Einfach ein gutes Leben

Titel: Einfach ein gutes Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ploeger
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Würde zurück, das ihnen ohne die selbstwertspendende Lohnarbeit oft genug fehlt. Aber Elisabeth Meyer-Renschhausen hat noch mehr Effekte beobachtet. Gemeinschaftsgärten bringen ihre Mitglieder der Natur wieder näher. Gärtnern heißt stets, im Rhythmus der Pflanzen zu arbeiten, auf Tages- und Jahreszeiten zu achten, genau zu beobachten, umsichtig mit seinen »grünen Partnern« umzugehen. Das heißt auch, dass die Arbeit in der Regel geruhsamer ist und man mit den eigenen Kräften besser haushalten lernt. Außerdem bringt Gartenarbeit Leute zusammen. Sie ist kooperativ, die Gärtner teilen Geräte oder Land, tauschen untereinander ihre Erzeugnisse und Erfahrungen aus und kommen einander näher. Nicht zuletzt ist das wilde Gärtnern mitten in den Städten eine Form von Protest, wie im Fall der »Rosa Rose«. Man will sich nicht von der Stadt bevormunden lassen oder sich damit zufriedengeben, dass ein Investor kommt und entscheidet, wie die Nachbarschaft auszusehen hat (vgl. Kapitel 6).
    New York, so Meyer-Renschhausen, gleicht in einem Punkt den großen Metropolen in Südamerika, Afrika oder Südostasien: Überall gibt es städtische Selbstversorgung. Auch Berlin, Hamburg oder Köln könnten sich hier einreihen. Zwar sagt uns unser Bild von großen Städten etwas anderes: Nämlich dass dort neben Wohnungen, Industrie, Dienstleistungsgewerbe und Verkehr kein Platz mehr sei für Äcker und Lebensmittel. Letztere kämen heutzutage ohnehin ausschließlich von draußen, vom Land, wo sie von einem spezialisierten Berufsstand, den Landwirten, hergestellt werden. Zum größten Teil ist das ja auch so. Städte werden durch das nahe gelegene Land versorgt – Berlin zum Beispiel lange Zeit überwiegend durch das Oderbruch. Was in diesem Bild aber untergeht, ist der große Anteil an urbaner Subsistenz, der nach wie vor weltweit die Mägen der Städter füllt – auch in den Industrieländern. In Russland wurden in den 90er-Jahren 90 Prozent aller Kartoffeln privat auf Datschen gezogen und geerntet. Von allen Nahrungsmitteln der Welt werden geschätzte zehn bis 15 Prozent von städtischen Familien in Gärten produziert, rund 200 Millionen dieser Familien überleben überhaupt nur wegen jenes Eigenbeitrages zum Haushalt. 19 Möhren und Johannisbeeren in einem kleinen Hinterhausgarten mitten in der Stadt: Das ist für uns ein historischer Schnappschuss aus der Nachkriegszeit wie der Henkelmann und die fein geblümte Haushaltsschürze. Aus den Gemüsebeeten wuchs zum Schluss ein Carport, in den Kaninchenställen liegt längst das Brennholz für den neuen Kamin. Und dennoch: Die urbane Selbstversorgung war nie ganz tot. Unsichtbar, mag sein. Jetzt schließlich kommt sie mit Macht zurück. Wer weiß, ob sie nicht künftig notwendig sein wird, um den Appetit der rapide wachsenden Zahl der Städter noch stillen zu können.
    In den Niederlanden hat man bereits begonnen, nach technischen Lösungen für kommende Nahrungsengpässe zu suchen und das Konzept der »Vertical Farms« entwickelt: Gebäude, in denen landwirtschaftliche Nutzflächen in Etagen übereinander angelegt werden, sollen als eine Art mehrgeschossiges Gewächshaus dienen. Eine autarke Energieversorgung über Windräder wäre denkbar. Der geringe Flächenverbrauch spräche für die Idee. Dennoch wurde das Projekt »Delta-Park«in Rotterdam aufgrund der geringen öffentlichen Akzeptanz nicht realisiert. Die Bevölkerung denkt offenbar anders über ihre künftige Ernährung, als sie weiterhin durch überdimensionale Treibhäuser sicherstellen zu lassen.
    Andere Wege will das Münchener Projekt »Agropolis« gehen, das sich eine kleine Gruppe aus Stadtplanerinnen, Architekten und einer Stadtsoziologin ausgedacht hat. Die »Wiederentdeckung des Erntens im urbanen Alltag steht auf dem Programm«. Dazu wollen Tobias Baldauf, Margot Deerenberg, Florian Otto, Joerg Schroeder und Kerstin Weigert das Erschließungsgebiet Freiham an der westlichen Münchener Peripherie in einen »Agrikulturpark« verwandeln. Dort, wo jetzt noch die A 99 den Verkehr an den bebauten Gebieten der Vorstädte vorbeileitet, soll ein Zentrum der regionalen Landwirtschaft entstehen, das die Münchener mit frischen Ackererzeugnissen beliefert. Parallel dazu soll in der ganzen Stadt die Umwandlung von Brachflächen aller Größen bis hinunter zu privaten Dachgärten oder Terrassen in Nutzflächen für die urbane Landwirtschaft angeregt werden. Musteranlagen in Freiham werden demonstrieren, wie es laufen

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