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Einfach ein gutes Leben

Einfach ein gutes Leben

Titel: Einfach ein gutes Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ploeger
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Zwiebel aus Neuseeland im Supermarktregal liegen lassen und lieber meine eigenen ins Beet setzen oder auf Spritzmittel verzichten und ein paar unschöne Fraßlöcher im Salat in Kauf nehmen. Gleichzeitig hole ich damit ein Stück weit die Kontrolle über mögliche Gesundheitsgefahren, die sich mit industriell gefertigten Lebensmitteln zum Teil verbinden, zurück. Selbstgemachtes ist (zumindest kann ich das hoffen) gesünder.
    Selbstbestimmung ist generell ein großes Thema für die Selbstversorger. Sie möchten bei dem, was auf den Teller kommt, nicht nur wissen, »was drin ist«, sondern auch bestimmen, wie und wo sie es anbauen, wie sie die Arbeit organisieren. Sie möchten der eigene Herr oder die eigene Herrinauf dem eigenen Acker sein. Wiederum gibt es in ihrer Rechnung keine Uhren und Kalender außer denen, die die Natur unumstößlich setzt. Die Arbeit selbst machen heißt für sie, die Arbeit zu machen, wie sie es für richtig halten. Dass ihnen dabei schon mal Fehler unterlaufen können, nehmen sie in Kauf und lernen daraus.
    Vereinzelung ist überhaupt kein verbreitetes Phänomen bei den neuen Selbstversorgern, im Gegenteil. Selbstversorgung ohne andere wäre kaum möglich. Nicht nur in den Nachbarschaftsgärten wird auf gemeinsames Tätigsein gesetzt. Kooperation ist nötig – bei der Feld- und Gartenarbeit, beim Transport, beim Tauschen, bei der Vermarktung, schließlich beim gemeinsamen Genießen, überall sind Nachbarinnen, Partner, Freundinnen oder Kunden dabei. Der Wettbewerb ist hier suspendiert, das Motto heißt nicht »survival of the fittest«. Eine solche zugewandte Haltung spendet nicht nur Gemeinsinn für alle Beteiligten, sondern jeder Einzelnen die Gewissheit, ein tätiges und wertvolles Mitglied einer Gemeinschaft zu sein – und damit menschliche Würde.
    Wie nicht anders zu erwarten, treibt die neuen Selbstversorger also eine ganze Menge anderer Dinge um als schlichter Ernährungsbedarf. Sie finden hundert gute Gründe, der vermeintlich so reichlich gebenden Welt des allzeit möglichen Konsums den Rücken zu kehren und sich durch eigene Arbeit zu alimentieren. Gute Gründe zwar, aber doch sicherlich Gründe, die ihrer jeweiligen Lebenssituation oder ihrer Veranlagung geschuldet sind und demnach nur in ihrer eigenen Biografie von Bedeutung sein können – sollte man denken. Wenn das zuträfe, könnten die Selbstversorger getrost den Part der bunten Truppe übernehmen, die eben ein etwas anderes Dasein als der Rest der Menschheit für sich erwählt hat: ein Subsistenzzirkus, der anders ist als das Gewohnte, aber auch nicht weiter stört. Das sind sie jedoch nicht. Ihre Motive sind keineswegs so speziell, dass sie mit dem Rest der Menschheit nichts zu tun hätten. Im Gegenteil, mit der Selbstversorgung praktizieren sie genau genommen etwas, für das wir alle gute Gründe hätten.
    Selbstversorgung ist für alle interessant, weil sie eine ganze Reihe von Grundbedürfnissen zufriedenstellt, die prinzipiell von jedem Menschen geteilt werden. Über Essen und Trinken hinaus brauchen wir noch mehr, das nicht so unmittelbar über Leben und Sterben entscheiden mag, aber ohne das wir dennoch nicht auskommen. Wir brauchen zum Beispiel Schutz vor diversen von außen kommenden Einflüssen: vor zu großer Kälte oder Wärme, vor Verletzungen oder vor Witterungseinflüssen. Neben diesen körperlichen Bedürfnissen meldet aber ebenso unsere Psyche ihre Ansprüche an: Wir brauchen Schutz vor Schmerzen oder vor Ängsten, wir brauchen das Gefühl von Sicherheit. Die Eigenschaften und Fähigkeiten, die wir an uns als Individuen jeweils erkennen, wollen wir gefördert sehen und in unserer Lebenswelt einsetzen können. Wir wollen als Mensch mit diesen Eigenschaften wahrgenommen werden, wegen ihnen respektiert und geliebt werden. Und damit beziehen sich unsere Bedürfnisse über uns als Einzelne hinaus auf andere Menschen: Wir brauchen Anerkennung, wir wollen mit anderen in Verbindung stehen, mit anderen tätig sein, uns als Teil einer Gruppe Gleicher fühlen.
    Wo so viele »Ich brauche …«-Sätze durcheinanderklingen, muss eine versteckte Ordnung zu finden sein, dachte sich der US-amerikanische Psychologe Abraham Maslow, da unsere Psyche sonst jegliche Orientierung verlöre. Von ihm stammt die bis heute bekannte »Bedürfnispyramide«, die alle menschlichen Grundbedürfnisse in eine Hierarchie setzt. Deren Fundament bildet derjenige Bedarf, der als Erstes befriedigt werden muss: die körperlich-existenziellen

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