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Einfach göttlich

Einfach göttlich

Titel: Einfach göttlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Erinnerungen gefüllt war und kaum mehr Schläge für normales, alltägliches Denken erübrigen konnte… Das erklärte vermutlich, warum Brutha beim Denken die Lippen bewegte.
    Dies konnte also kein Traum sein. Vermutlich lag’s an der Sonne.
    Er vernahm Oms Stimme im Kopf. Es klang so, als unterhielte sich die Schildkröte mit Leuten, die Brutha nicht hören konnte.
    Für mich!
    Verschwinde!
    Nein.
    Für mich!
    Beide!
    Gehört mir!
    Brutha drehte den Kopf. Die Schildkröte lag in einer Lücke zwischen zwei Felsen und hatte den Hals ganz ausgestreckt – ihr Kopf neigte sich von einer Seite zur anderen. Seltsame Geräusche erklangen, ein Sirren wie von Mücken, das mal leiser und mal lauter wurde. Es brachte… Verheißungen.
    Bilder formten sich und verschwanden nach einem Sekundenbruchteil: Gesichter, die zu Brutha sprachen; Visionen von Größe und Macht; gute Gelegenheiten. Etwas schien ihn hochzuheben, um ihm die ganze Welt zu zeigen und zu sagen: Das alles kann dir gehören. Und um die Welt zu bekommen, um sich alle Wünsche erfüllen zu können… Du brauchst nur zu glauben, an mich, an mich, an mich…
    Ein weiteres Bild gewann Konturen. Auf dem breiten, flachen Stein neben Brutha lag ein gebratenes Ferkel, von Früchten umgeben. Daneben stand ein kaltes Bier, an dessen Krug sich glänzender Rauhreif niedergeschlagen hatte.
    Für mich!
    Brutha blinzelte. Die Stimmen verklangen. Ferkel, Obst und Bier verschwanden.
    Er blinzelte erneut.
    Es kam zu seltsamen Nachbildern, die der Novize nicht sah, sondern fühlte. Sein Gedächtnis mochte perfekt sein, aber er erinnerte sich nicht daran, was die Stimmen gesagt und welche Bilder sie ihm gezeigt hatten. Es blieb nur die Sehnsucht nach knusprig gebratenem Schweinefleisch und kaltem Bier.
    »Sie wissen nicht, was sie dir anbieten sollen«, sagte Om leise. »Deshalb versuchen sie, dich mit allem zu locken. Für gewöhnlich beginnen sie mit Visionen von Essen und fleischlichen Freuden.«
    »Bei mir sind sie nur bis zum Essen gekommen«, erwiderte Brutha.
    »Dann habe ich sie gerade noch rechtzeitig vertrieben«, meinte Om. »Wer weiß, was sie sonst bei einem jungen Mann wie dir erreicht hätten.«
    Brutha stemmte sich auf den Ellenbogen hoch.
    Vorbis hatte sich nicht von der Stelle gerührt.
    »Wollten sie auch ihn in Versuchung führen?«
    »Das nehme ich an. Aber bei ihm müssen solche Bemühungen erfolglos bleiben. Sein Selbst ist in sich geschlossen: Nichts gelangt hinein, nichts kommt heraus. Das Bewußtsein des Exquisitors bildet einen in sich geschlossenen mentalen Kosmos.«
    »Kommen sie wieder?«
    »O ja. Sie haben jede Menge Zeit, und hier gibt es nichts anderes, das ihre Aufmerksamkeit auf sich zieht.«
    »Nun, wenn sie wiederkommen…« Brutha spürte ein seltsames Prickeln. »Vielleicht könntest du erst eingreifen, nachdem sie mir die fleischlichen Freuden gezeigt haben.«
    »Das wäre schlimm für dich.«
    »Bruder Nhumrod warnte häufig davor. Aber ich glaube, man sollte seine Feinde wenigstens kennen, nicht wahr?«
    Bei den letzten Worten krächzte Brutha nur noch.
    »Ich könnte jetzt wirklich ein kühles Bier vertragen«, murmelte er.
    Der Novize stellte überrascht fest, wie lang die Schatten geworden waren.
    »Wie lange haben sie es versucht?«
    »Den ganzen Tag über. Sind verdammt hartnäckige Mistkerle. Und hier wimmelt’s von ihnen.«
    Den Grund dafür erfuhr Brutha bei Sonnenuntergang.
    Da begegnete er dem Anachoreten St. Ungulant, der mit den geringen Göttern befreundet war. Mit ihnen allen.
     
    » N a so was«, sagte St. Ungulant. »Hier oben bekommen wir nur selten Besuch, nicht wahr, Angus?«
    Er sprach zu leerer Luft.
    Brutha versuchte, das Gleichgewicht zu halten – das Wagenrad schwankte mehr oder weniger heftig, wenn er sich bewegte. Vorbis saß sechs Meter weiter unten im Sand der Wüste, hatte die Arme um die Knie geschlungen und starrte ins Leere.
    Das Rad war auf einem relativ dünnen Pfahl festgenagelt, und für eine Person bot es gerade genug Platz, damit sie unbequem darauf liegen konnte. Allerdings: St. Ungulant schien in jedem Fall dazu bestimmt zu sein, unbequem zu liegen. Selbst Skelette hätten nicht gezögert, ihn als dünn und dürr zu bezeichnen. Die Bekleidung bestand aus einem recht knappen Lendenschurz – soweit sich das angesichts des wilden Wucherns von Bart und Haar feststellen ließ.
    Man konnte St. Ungulant unmöglich übersehen, so, wie er auf dem Rad hin und her sprang und dabei so geistreiche

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