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Einfach göttlich

Einfach göttlich

Titel: Einfach göttlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Spuren in der Wüste: dunkle, schattenhafte Linien im silbrigen Schein des Mondes.
    »Hier sind die Soldaten entlanggekommen. Wir brauchen nur den Spuren zu folgen. Wenn wir die Richtung einschlagen, aus der sie gekommen sind, so gelangen wir früher oder später ans Ziel.«
    »Wir schaffen es nie!«
    »Wir reisen mit wenig Gepäck.«
    »O ja«, erwiderte Om bitter. »Die Soldaten hingegen mußten Proviant und Wasser schleppen. Welch ein Glück, daß wir von derartigen Lasten verschont bleiben.«
    Brutha sah zu Vorbis. Er ging jetzt von ganz allein, vorausgesetzt natürlich, man drehte ihn immer dann, wenn ein Richtungswechsel erforderlich wurde.
    Nun, selbst Om mußte zugeben, daß die Spuren einen gewissen Trost spendeten. Sie waren ein Zeichen von Leben, so ähnlich wie ein Echo. Hier war jemand unterwegs gewesen, vor nicht allzu langer Zeit. Und das bedeutete: Es gab noch andere Menschen auf der Welt. Irgendwo lebte jemand.
    Oder auch nicht. Nach etwa einer Stunde gelangten sie zu einem kleinen Hügel. Ein Helm lag darauf, und daneben steckte ein Schwert im Sand.
    »Viele Soldaten starben, weil sie die Wüste möglichst schnell durchqueren wollten«, sagte Brutha.
    Wer auch immer bereit gewesen war, den toten Kameraden zu bestatten: Er hatte sich auch die Zeit genommen, um ein Symbol in den Boden zu kratzen. Brutha rechnete fast mit einer Schildkröte, aber statt dessen sah er die halb vom Wind verwischten Konturen zweier Hörner.
    »Ich verstehe das nicht«, ließ sich Om vernehmen. »Die Leute glauben nicht wirklich an meine Existenz, aber trotzdem hinterlassen sie solche Darstellungen an Gräbern.«
    »Es ist schwer zu erklären«, erwiderte Brutha. »Es liegt daran, daß die Leute an ihre eigene Existenz glauben. Sie sind Menschen, und der Tote gehörte zu ihnen.«
    Er zog das Schwert aus dem Sand.
    »Warum nimmst du das Schwert?« erkundigte sich die Schildkröte.
    »Es könnte sich als nützlich erweisen.«
    »Gegen wen?«
    »Es könnte sich als nützlich erweisen«, wiederholte Brutha nur.
    Eine halbe Stunde später erreichte auch der hinkende Löwe das Grab. Seit sechzehn Jahren lebte er in der Wüste, und der Grund für sein langes Überleben lautete schlicht: Er war nicht gestorben. Und er war nicht gestorben, weil er kein Protein vergeudete. Er grub.
    Menschen verschwendeten nützliches Protein, seit sie sich fragten, wessen Seele darin gelebt hatte.
    Nun, im großen und ganzen gesehen kann man an schlimmeren Orten begraben sein als im Innern eines Löwen.
     
    D ie Felsinseln wurden von Schlangen und Eidechsen bewohnt. Vermutlich waren sie sehr nahrhaft, und jedes Geschöpf dieser Art konfrontierte den Gaumen mit neuen Reizen.
    Wasser fehlte.
    Dafür gab es Pflanzen. Wenn man in diesem Zusammenhang von Pflanzen sprechen konnte. Sie sahen aus wie Ansammlungen von Steinen, abgesehen von jenen Stellen, an denen zentrale Blütendolden wuchsen, die rosafarben und purpurn leuchteten.
    »Woher bekommen sie Wasser?« fragte Brutha.
    »Aus fossilen Seen.«
    »Meinst du Wasser, das sich in Stein verwandelt hat?«
    »Nein«, antwortete Om. »Ich meine Wasser, das vor Jahrtausenden durchs Grundgestein sickerte.«
    »Kannst du ein Loch graben, das tief genug ist?«
    »Soll das ein Witz sein?«
    Brutha sah von den Blüten zur nächsten Felseninsel.
    »Honig«, sagte er.
    »Was?«
     
    D ie Bienen hatten ihr Nest hoch oben an der Seite einer Felsnadel gebaut – das laute Summen bot einen deutlichen Hinweis. Allerdings: Es gab keinen Weg nach oben.
    »Das war wohl nichts«, sagte Om.
    Die Sonne ging auf. Die Felsen fühlten sich bereits warm an. »Ruh dich aus«, sagte der Gott sanft. »Ich passe auf.«
    »Auf was?«
    »Das wird sich herausstellen.«
    Brutha führte Vorbis in den Schatten eines großen Felsblocks und drückte ihn dort behutsam auf den Boden. Anschließend legte er sich selbst hin.
    Der Durst war noch nicht sehr schlimm. Er hatte aus dem Tümpel in der Tempelruine getrunken, bis es bei jedem Schritt gluckste und quatschte. Vielleicht fanden sie bald eine Schlange. Wenn man daran dachte, wie andere Leute zurechtkommen mußten… Im Vergleich dazu ging es ihnen gar nicht schlecht.
    Vorbis lag auf der Seite und starrte aus dunklen Augen ins Nichts.
    Brutha versuchte zu schlafen.
    Er hatte nie geträumt. Didaktylos hatte das fasziniert. Jemand, der sich an alles erinnerte und nicht träumte, mußte langsam denken, meinte er. Der Philosoph fügte hinzu: Man stelle sich ein Herz 9 vor, das fast ganz mit

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