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Einfach göttlich

Einfach göttlich

Titel: Einfach göttlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Stücke geschnitten werden.
     
    D unkle Wolken zogen über den Himmel. Die Segel knatterten im aufkommenden Wind, und Om hörte die Rufe der aufgeregten, besorgten Matrosen – sie versuchten, das Schiff schneller werden zu lassen, damit es dem Sturm entkam.
    Ein starker Sturm stand bevor, selbst nach den Maßstäben der Seeleute. Die Wellen waren bereits schaumgekrönt.
    Brutha schnarchte in seinem Bett aus Tauen und zusammengerollten Segeln.
    Om hörte den Matrosen zu. Jene Männer hielten sich nicht mit Wortklaubereien auf. Jemand hatte einen Tümmler getötet, und sie alle wußten, was das bedeutete. Es bedeutete, daß sie mit einem Sturm rechnen mußten. Vielleicht bedeutete es auch, daß das Schiff mit Mann und Maus sank. Es ging schlicht und einfach um Ursache und Wirkung. Wenn man einen Tümmler tötete… Es war schlimmer als Frauen an Bord oder Albatrosse.
    Om fragte sich, ob Schildkröten schwimmen konnten. Einige Arten brachten sicher die notwendigen Voraussetzungen mit, aber der kleine Gott bezweifelte, ob er zu denen gehörte.
    Er verfügte über einen Körper, der sich relativ gut dafür eignete, durch Wüstenlandschaften zu wandern. Mit ziemlicher Sicherheit mangelte es ihm an hydrodynamischen Eigenschaften – sah man einmal von denen ab, die notwendig waren, um geradewegs bis zum Grund zu sinken.
    Nun, er war nach wie vor ein Gott. Er hatte gewisse Rechte.
    Om kroch über die Seile hinweg und zum Rand des schwankenden Decks, zwängte den Panzer dort zwischen zwei Stützen und sah in die wogenden Fluten.
    Dann sprach er mit einer Stimme, die kein sterbliches Wesen zu hören vermochte.
    Zunächst geschah überhaupt nichts. Nach einiger Zeit wuchs eine Welle höher empor als die anderen, und dabei veränderte sie die Form. Wasser strömte nach oben und schien dabei eine unsichtbare Gußform zu füllen. Eine humanoide Gestalt bildete sich, doch etwas wies darauf hin, daß ihr Erscheinungsbild nur deshalb menschliche Aspekte aufwies, weil sie es wollte. Es hätte sich ebensogut um eine Wasserhose oder eine Unterströmung handeln können. Das Meer ist stark – viele Leute glauben daran. Und nur selten reagiert es auf Gebete.
    Die Gestalt aus Wasser ragte noch weiter auf, bis sie die Höhe des Decks erreichte. Es schien ihr nicht die geringste Mühe zu bereiten, sich den Bewegungen des Schiffes anzupassen.
    Ein Gesicht entstand; ein Mund öffnete sich.
    »Nun?« fragte die Erscheinung.
    »Ich grüße dich, Göttin des…«, begann Om.
    Die wäßrigen Augen blinzelten.
    »Du bist nur ein geringer Gott. Und du wagst es, mich zu rufen?«
    Böen pfiffen und heulten in der Takelage.
    »Es gibt Leute, die an mich glauben«, erwiderte Om. »Deshalb habe ich Rechte.«
    Eine kurze Pause folgte, und dann sagte die Königin des Meeres: »Du hast einen Gläubigen?«
    »Die Anzahl spielt derzeit keine Rolle«, meinte Om. Und er wiederholte: »Ich habe Rechte.«
    »Welche Rechte willst du in Anspruch nehmen, kleine Schildkröte?« fragte die Königin des Meeres.
    »Rette dieses Schiff«, sagte Om.
    Die Königin schwieg.
    »Du mußt mir diesen Wunsch erfüllen«, fügte Om hinzu. »So verlangen es die Regeln.«
    »Aber ich kann einen Preis nennen«, wandte die Königin ein.
    »Ja, das stimmt.«
    »Ich verlange einen hohen Preis.«
    »Und er wird bezahlt.«
    Die Wassersäule sank in den Ozean zurück.
    »Ich denke darüber nach.«
    Om starrte in die gischtende See. Das Schiff schlingerte, kippte so sehr zur Seite, daß die Schildkröte zwischen den beiden Stützen hervorrutschte. Unmittelbar darauf neigte sich der Segler zur anderen Seite, und Om sauste in der anderen Richtung übers glitschige Holz. Mit den Krallen eines Vorderbeins hielt er sich an einem kleinen Pfosten fest, und der Rest des Körpers schwang herum – einige Sekunden lang zappelten die Hinterbeine über dem schäumenden, zornigen Meer.
    Eine Erschütterung löste die Krallen vom Pfosten.
    Etwas Weißes huschte Om entgegen, als er fiel, und aus einem Reflex heraus biß er hinein.
    Brutha gab einen schmerzerfüllten Schrei von sich und zog die Hand hoch – der kleine Gott hing daran.
    »Du hättest mich nicht gleich beißen müssen!«
    Der Bug des Schiffes bohrte sich in eine Welle, und dadurch verlor Brutha den Halt, stürzte aufs Deck. Om ließ los und rollte zur Seite.
    Als der Novize wieder auf die Beine kam – besser gesagt: auf Hände und Knie –, sah er sich von Matrosen umringt. Zwei packten ihn an den Ellenbogen, als eine Woge über den

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