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Einfach göttlich

Einfach göttlich

Titel: Einfach göttlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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weiter vorn, aber der Satz entwickelte ein eigenes Bewegungsmoment und trug ihn geradewegs zur rhetorischen Schlucht.
    Eine Zeitlang hörte man nur das Rauschen der Wellen, das leise Platschen der Tümmler – und ein dumpfes Hämmern, das vom rasend schnell pochenden Herzen des Kapitäns stammte.
    Vorbis lehnte sich an die Reling.
    »Aber wir glauben natürlich nicht an einen derartigen Unfug«, sagte er wie beiläufig.
    »O nein, natürlich nicht«, versicherte der Kapitän hastig und griff damit nach dem rettenden Strohhalm. »Das dumme Gerede von Seeleuten. Wenn ich so etwas noch einmal höre, lasse ich den Betreffenden auspei…«
    Vorbis sah an ihm vorbei.
    »He, du da!«
    Einer der Matrosen begegnete seinem Blick.
    »Hol mir eine Harpune«, sagte der Exquisitor.
    Der Mann sah den Kapitän an, bevor er forteilte, um Vorbis’ Wunsch zu erfüllen.
    »Herr, äh, du solltest es, äh, besser vermeiden, dich auf diese Weise zu betätigen, äh«, brachte der Kapitän mühsam hervor. »Äh. Ich meine, in ungeübten Händen kann eine Harpune zu einer sehr gefährlichen Waffe werden. Du könntest dich verletzen…«
    »Keine Sorge«, erwiderte der Exquisitor. »Ich werde keinen Gebrauch davon machen.«
    Der Kapitän senkte den Kopf und streckte die Hand nach der Harpune aus.
    Vorbis klopfte ihm auf die Schulter.
    »Anschließend kannst du uns zum Essen einladen. Ich bin sicher, eine so gute Gelegenheit möchte auch der Feldwebel nicht versäumen, oder?«
    Simony nahm Haltung an. »Wie du meinst, Herr.«
    »Ja.«
     
    B rutha lag irgendwo auf dem Deck zwischen zusammengerollten Segeln und Tauen. Es war heiß, und die Luft roch so, als sei sie mehrmals mit Bilgen in Kontakt geraten.
    Brutha hatte den ganzen Tag über nichts gegessen. Zuerst wegen der Übelkeit. Später mangelte es ihm schlicht an Appetit.
    »Wer grausam zu Tieren ist, muß deshalb nicht unbedingt ein… schlechter Mensch sein«, behauptete der Novize. Seinem Tonfall nach überzeugte er sich allerdings kaum selbst mit diesem Satz. Der Tümmler war recht klein gewesen.
    »Er hat mich auf den Rücken gedreht«, sagte Om.
    »Ja, aber Menschen sind wichtiger als Tiere«, erwiderte Brutha.
    »Dieser Standpunkt wird häufig von Menschen vertreten«, stellte Om fest.
    »Kapitel IX, Vers 16 des Buches…«, begann der Novize.
    »Wen kümmert’s, was in irgendwelchen Büchern geschrieben steht?« heulte die Schildkröte.
    Brutha blinzelte verblüfft.
    »Du hast nie einen Propheten darauf hingewiesen, daß man Tiere rücksichtsvoll behandeln soll. An derartige Botschaften erinnere ich mich nicht. Nein, davon hast du nie gesprochen, als du… größer warst. Eigentlich geht es dir gar nicht darum, daß die Leute Tiere anständig behandeln. Sie sollen nur Rücksicht auf sie nehmen, weil du eins der Tiere sein könntest.«
    »Und wenn schon!«
    »Außerdem ist er nett zu mir. Niemand zwingt ihn dazu.«
    »Glaubst du? Glaubst du wirklich? Hast du dir jemals sein Selbst angesehen?«
    »Natürlich nicht! Ich weiß überhaupt nicht, wie man das anstellt!«
    »Im Ernst?«
    »Ja! Menschen sind nicht imstande…«
    Der Junge zögerte. Vorbis schien dazu fähig zu sein. Er brauchte nur jemanden anzusehen und wußte, welche Gedanken der betreffenden Person durch den Kopf gingen. Und Bruthas Großmutter war dazu ebenfalls in der Lage gewesen.
    »Ich bin sicher, Menschen fehlt eine solche Fähigkeit«, sagte er. »Wir können nicht feststellen, was jemand anders denkt.«
    »Darum geht es auch gar nicht«, erwiderte Om. »Ich spreche nicht von Gedanken, sondern vom Selbst. Ich meine die Struktur, die Form. Es hat keinen Sinn zu versuchen, einen Fluß zu lesen, oder? Aber man kann seine Form erkennen. Hexen fällt es leicht, das Ich anderer Menschen zu sehen.«
    »›Der Hexen Weg soll sein ein Dornenpfad‹«, zitierte Brutha.
    »Ossory?« vermutete Om.
    »Ja. Das weißt du natürlich.«
    »Hörte die Worte eben zum ersten Mal«, verkündete die Schildkröte bitter. »Ich habe nur geraten, weiter nichts.«
    »Wie auch immer… Ich bin noch immer davon überzeugt, daß du nicht der wahre Om bist. Der Große Gott würde nicht auf diese Weise von Seinen Auserwählten sprechen.«
    »Ich habe nie jemanden auserwählt«, erwiderte Om. »Die angeblichen Propheten wählten sich selbst aus.«
    »Wenn du wirklich Om bist, dann hör auf, eine Schildkröte zu sein.«
    »Ich kann es nicht. Drei verdammte Jahre lang habe ich’s versucht! Die meiste Zeit über dachte ich, eine Schildkröte zu

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