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Einfach göttlich

Einfach göttlich

Titel: Einfach göttlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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mich aus einem bestimmten Grund gerufen? Nach dem Essen versuche ich, dir noch etwas Futter zu besorgen.«
    »Wie fühlst du dich?« fragte die Schildkröte.
    »Gut. Danke der Nachfrage.«
    »Ißt du richtig und so?«
    »Ja, ich denke schon.«
    »Freut mich, das zu hören. Na los, geh jetzt. Ich bin ja nur dein Gott .« Om hob die Stimme, als Brutha forteilte. »Es ist dir nicht verboten, mich öfter zu besuchen!«
    »Und bete lauter!« rief er. »Ich habe es satt, dauernd die Ohren zu spitzen!«
     
    V orbis saß reglos in seiner Kabine, als Brutha durch den Gang schnaufte und anklopfte. Alles blieb still. Nach einer Weile öffnete der Novize die Tür.
    Der Exquisitor schien nicht zu lesen. Offensichtlich schrieb er gelegentlich – schließlich stammten von ihm die berühmten »Briefe« – aber niemand hatte ihn je dabei beobachtet. Wenn er allein war, starrte er lange Zeit an die Wand oder lag auf dem Boden und betete. Im Gebet konnte Vorbis einen so demütigen Eindruck erwecken, daß die Posen machtgieriger Imperatoren im Vergleich dazu unterwürfig anmuteten.
    »Ähm«, sagte Brutha und versuchte, die Tür wieder zu schließen.
    Vorbis winkte verärgert, erhob sich und verzichtete darauf, den Staub von der Kutte zu klopfen.
    »Weißt du, Brutha… In der ganzen Zitadelle gibt es niemanden, der es wagen würde, mich beim Gebet zu stören. Man fürchtet die Quisition viel zu sehr. Alle fürchten sie. Du scheinst die einzige Ausnahme zu sein. Hast du keine Angst vor der Quisition?«
    Brutha blickte in nachtschwarze Augen. Und Vorbis blickte in ein rundes, rosarotes Gesicht. Praktisch alle Leute zeigten eine spezielle Mimik, wenn sie mit einem Exquisitor sprachen. Sie versuchten sich dann an einer möglichst ausdruckslosen Miene, und auf dem Gesicht glänzte ein mehr oder weniger dünner Schweißfilm. Selbst ein unerfahrener Exquisitor erkannte sofort die Anzeichen der Furcht. Brutha hingegen wirkte nur ein wenig außer Atem – was bei ihm fast immer der Fall war. Er faszinierte den Diakon.
    »Nein, Herr«, erwiderte der Novize.
    »Warum nicht?«
    »Die Quisition schützt uns, Herr. So heißt es im Buch Ossory, Kapitel VII, Vers…«
    Vorbis neigte den Kopf zur Seite.
    »Ja, das stimmt natürlich. Hast du jemals in Erwägung gezogen, daß sich die Quisition irren könnte?«
    »Nein, Herr«, sagte Brutha.
    »Warum nicht?«
    »Keine Ahnung, Herr. Ein solcher Gedanke ist mir einfach nie gekommen.«
    Vorbis nahm an einem kleinen Schreibtisch Platz – eigentlich stellte das Ding kaum mehr dar als ein Brett, das aus der hölzernen Wand ragte.
    »Du hast recht, Brutha«, sagte er. »Die Quisition kann sich nicht irren. Die Dinge müssen so beschaffen sein, wie es den Wünschen des Großen Gottes entspricht. Immerhin wäre es absurd zu vermuten, daß sich auf dieser Welt etwas gegen Seinen Willen entwickeln kann, oder?«
    Brutha dachte kurz an eine einäugige Schildkröte.
    Er war nie ein guter Lügner gewesen. Die Wahrheit erschien ihm schon kompliziert genug; deshalb lag es ihm fern, mit Lügen alles noch komplexer zu gestalten.
    »So lehrt es uns das Septateuch«, sagte er.
    »Wo es Strafe gibt, ist das Verbrechen nicht fern«, dozierte Vorbis. »Manchmal folgt das Verbrechen der Strafe, was nur die Voraussicht des Großen Gottes beweist.«
    »Das hat meine Großmutter auch immer gesagt«, entgegnete Brutha automatisch.
    »Ach? Diese Frau hätte ich gern kennengelernt.«
    »Sie gab mir jeden Morgen eine Tracht Prügel«, erzählte Brutha. »Weil ich im Laufe des Tages bestimmt etwas anstellen würde, was eine solche Strafe verdiente.«
    »Deine Großmutter scheint die menschliche Natur sehr gut verstanden zu haben.« Vorbis stützte das Kinn auf die Hand. »Als Mann hätte sie sicher einen ausgezeichneten Inquisitor abgegeben.«
    Brutha nickte. Und ob, dachte er.
    »Und nun…« Der Diakon sprach im gleichen Tonfall wie vorher. »Sag mir, was du in der Wüste gesehen hast.«
    »Äh. Sechsmal hat es geblitzt, und es folgte eine Pause, die etwa fünf Herzschläge lang dauerte. Dann kamen acht Blitze. Eine weitere Pause. Und noch einmal fünf.«
    Vorbis nickte nachdenklich.
    »Drei Viertel«, sagte er. »Gepriesen sei der Große Gott. Er ist mein Stab und Hirte, in der Not ebenso wie in der Fremde. Und du kannst jetzt gehen.«
    Brutha hatte nicht damit gerechnet, daß man ihm die Bedeutung des Blitzens in der Wüste erklärte. Er kam auch nicht auf die Idee, sich danach zu erkundigen. Es war das Vorrecht der Quisition,

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