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Einfach göttlich

Einfach göttlich

Titel: Einfach göttlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Fragen zu stellen.
     
    A m nächsten Tag segelte das Schiff an einer Landspitze vorbei, und dahinter erstreckte sich die Bucht von Ephebe. Die Stadt präsentierte sich als weißer Fleck am Horizont, den verstreichende Zeit und geringer werdende Entfernung in eine große Ansammlung aus blendend weißen Häusern an einem hohen Berghang verwandelten.
    Feldwebel Simony schien die Metropole für sehr interessant zu halten. Während der ganzen Reise hatte Brutha kein einziges Wort mit ihm gesprochen. Freundschaften zwischen Klerus und Legion galten nicht als besonders erstrebenswert. Soldaten haftete immer eine gewisse Unheiligkeit an…
    Brutha war erneut sich selbst überlassen, als die Besatzung das Schiff in den Hafen steuerte und Vorbereitungen zum Anlegen traf. Er nutzte die Zeit und beobachtete Simony. Die meisten Soldaten tendierten dazu, schlampig zu sein und einfachen Geistlichen mit einer Mischung aus Unhöflichkeit und Verachtung zu begegnen. Der Feldwebel unterschied sich von diesem Klischee. Zunächst einmal: Er gleißte regelrecht. Sein Brustharnisch war so sehr auf Hochglanz poliert, daß er in den Augen schmerzte. Und seine Haut wirkte wie geschrubbt.
    Er stand im Bug und betrachtete die Stadt. Es war ungewöhnlich, ihn allein zu sehen, nicht in der Nähe des Exquisitors. Wo auch immer sich Vorbis befand: Simony stand in der Nähe, mit der einen Hand am Schwertknauf, den Blick auf der Suche… wonach?
    Und er schwieg immer. Es sei denn, man sprach ihn direkt an. Brutha versuchte, freundlich zu sein.
    »Sieht sehr… weiß aus, nicht wahr?« fragte er. »Die Stadt. Sehr weiß. Feldwebel Simony?«
    Der Feldwebel drehte sich langsam um und starrte den Novizen an.
    Vorbis’ Blick war schrecklich. Vorbis sah durch den Kopf einer Person bis hin zu ihrem sündigen Kern. Er hielt den Leib wahrscheinlich nur für einen Behälter, der Schuld aufnahm. Simony hingegen… Seine Augen verrieten ebenso schlichten wie intensiven Haß.
    Brutha wich einen Schritt zurück.
    »Oh, tut mir leid.« Kummervoll wanderte er zum stumpfen Ende des Schiffes und versuchte, einen möglichst großen Abstand zu dem Soldaten zu wahren. Bald gab es noch mehr Soldaten…
    Die Ephebianer warteten auf Vorbis und seine Gruppe. Krieger standen am Kai und hielten ihre Waffen so, daß sich niemand direkt bedroht fühlen mußte. Es waren ziemlich viele.
    Brutha setzte ganz mechanisch einen Fuß vor den anderen, während die spöttische Stimme der Schildkröte hinter seiner Stirn erklang.
    »Die Ephebianer wollen also den Frieden, wie?« meinte Om. »Nun, man könnte einen anderen Eindruck gewinnen, nicht wahr? Und es hat auch nicht den Anschein, wir würden einem besiegten Feind Gesetze bringen. Nein, ich glaube eher, man hat uns eine Lektion erteilt, und nun möchten wir vermeiden, daß sich so etwas wiederholt. Wir sind gekommen, um den Frieden zu erbitten. Danach sieht’s für mich aus.«
    »In der Zitadelle sprach man von einem ruhmreichen Sieg«, erwiderte Brutha. Inzwischen brauchte er kaum mehr die Lippen zu bewegen, wenn er mit der Schildkröte sprach. Om schien die Worte bereits zu hören, sobald sie die Stimmbänder erreichten.
    Weiter vorn blieb Simony dicht an der Seite des Diakons und starrte jeden der ephebianischen Wächter argwöhnisch an.
    »Komisch«, sagte Om. »Wer eine Schlacht gewinnt, redet nur selten von einem ›ruhmreichen Sieg‹ – vielleicht liegt es daran, daß der Sieger nachher Gelegenheit hat, sich auf dem Schlachtfeld umzusehen. Es sind vor allem die Verlierer, die von ruhmreichen Siegen sprechen.«
    Brutha wußte nicht, was er davon halten sollte. »Das klingt wohl kaum nach einer göttlichen Offenbarung.«
    »Es liegt am Gehirn der Schildkröte.«
    »Wie bitte?«
    »Weißt du denn überhaupt nichts? Körper sind nicht nur praktische Beförderungsmittel fürs Bewußtsein – sie beeinflussen die Denkweise. Wegen der Morphologie und so.«
    »Was?«
    Om seufzte. »Wenn ich mich nicht konzentriere, denke ich wie eine Schildkröte!«
    »Soll das heißen… langsam?«
    »Nein! Schildkröten sind Zyniker. Sie rechnen immer mit dem Schlimmsten.«
    »Warum?«
    »Vielleicht deshalb, weil ihnen immer das Schlimmste zustößt.«
    Brutha sah sich in Ephebe um. Rechts und links der omnianischen Kolonne marschierten Wächter mit Helmen, aus denen seltsame Federkämme ragten – der Novize verglich sie mit ausgefransten Pferdeschwänzen. Einige ephebianische Bürger standen am Straßenrand und beobachteten das Geschehen.

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