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Einfach göttlich

Einfach göttlich

Titel: Einfach göttlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Briefe geschickt hast, die den Geist in Ketten legen.«
    »Sie halfen den Menschen in Istanzia, Betrek und Uschistan, den rechten Weg zu finden«, meinte Vorbis.
    »Kettenbriefe«, fuhr der Tyrann fort. »Auch Ephebe bekam einen solchen Kettenbrief. Vergeßt eure Götter. Unterwerft euch. Lernt zu fürchten. Brecht nicht die Kette – sonst findet ihr plötzlich fünfzigtausend Soldaten vor eurer Haustür.«
    Vorbis nahm Platz und lehnte sich zurück.
    »Wovor fürchtet ihr euch?« fragte er. »Hier in der Wüste, mit euren… Göttern… Wißt ihr nicht tief in eurer Seele, daß die ephebianischen Götter ebenso unbeständig sind wie wandernde Dünen?«
    »O ja«, antwortete der Tyrann. »Das wissen wir. Das ist immer unser Vorteil gewesen. Mit dem Sand kennen wir uns aus. Euer Gott ist ein Felsen – und wir wissen auch über Felsen Bescheid.«
     
    O m stapfte durch eine kopfsteingepflasterte Gasse und blieb dabei möglichst im Schatten.
    In Ephebe gab es jede Menge Höfe und dergleichen. Der kleine Gott verharrte am Rand eines weiteren Platzes.
    Stimmen ertönten. Eine von ihnen klang verdrießlich und näselnd.
    Sie stammte vom Philosophen Didaktylos. Der Ephebianer Didaktylos war der am häufigsten zitierte und angesehenste Philosoph aller Zeiten, doch es gelang ihm nie, den Respekt seiner Kollegen zu erringen. Sie hielten ihn einfach für keinen richtigen Philosophen. Er badete nicht oft genug, besser gesagt: nie. Und er philosophierte über die falschen Dinge. Schlimmer noch: Er war an den falschen Dingen interessiert. An gefährlichen Dingen. Andere Philosophen stellten Fragen wie: »Ist Wahrheit schön?« Und: »Ist Schönheit wahr?« Und: »Wird die Realität vom Beobachter geschaffen?« Didaktylos hingegen formulierte ein berühmtes philosophisches Rätsel: »Ja, in Ordnung, aber wenn man der Sache auf den Grund geht, ich meine, wenn man bis zu ihrem Kern vorstößt, welchen Sinn hat dann alles?«
    Seine Philosophie vereinte drei Hauptströmungen: die zynische, die stoische und die epikureische. Ein klassischer Ausdruck von Didaktylos faßt sie auf folgende Weise zusammen: »Man darf niemandem weiter trauen, als man ihn werfen kann, und daran läßt sich nichts ändern, und deshalb schlage ich vor, daß wir einen trinken. Ich nehme einen Doppelten, wenn du bezahlst. Danke. Und eine Tüte mit Nüssen. Was, der linke Busen ist fast unbedeckt? Dann nehme ich zwei Tüten!«
    Viele Leute haben aus seinen Meditationen zitiert:
    »Es ist eine echt komische Welt, das steht fest. Aber warum auch nicht? Das Lachen gehört zum Leben, oder? Nil Illegitimo Carborundum – so lautet meine Devise. Die Fachleute wissen nicht alles. Andererseits: Wohin kämen wir, wenn wir alle gleich wären?«
    Om näherte sich der Stimme und kroch um eine Ecke, hinter der sich ein kleiner Hof erstreckte.
    An der gegenüberliegenden Wand stand ein großes Faß. Diverse Gegenstände davor – zerbrochene Weinamphoren, abgenagte Knochen und aus Latten bestehende angebaute Schuppen – ließen den Schluß zu, daß hier jemand wohnte. Ein Holzschild verstärkte diesen Eindruck. Es hing über dem Faß an der Wand, und jemand hatte mit Kreide darauf geschrieben:
     

     
    V or dem Faß stand ein kleiner Mann. Er trug eine Toga, die einst weiß gewesen sein mochte – auch die Kontinente hatten einst einmal alle zusammengehangen –, und er trat jemanden, der vor ihm auf dem Boden lag.
    »Verdammter Faulpelz!«
    Der jüngere Mann setzte sich auf.
    »Ich bitte dich, Onkel…«
    »Eine halbe Stunde lang lasse ich dich allein, und was machst du? Vernachlässigst die Arbeit und schläfst ein!«
    »Welche Arbeit? Unser letzter Kunde war der Bauer Piloxi, und er kam in der vergangenen Woche zu uns…«
    »Woher willst du wissen, daß er der letzte Kunde gewesen ist? Woher, hm? Vielleicht sind Dutzende von Leuten vorbeigekommen, während du hier geschnarcht hast. Und vielleicht brauchte jemand von ihnen die Dienste eines persönlichen Philosophen!«
    »… und Herr Piloxi hat nur mit Oliven bezahlt.«
    »Die wahrscheinlich einen guten Preis erzielen, wenn wir sie verkaufen.«
    »Sie sind verfault, Onkel.«
    »Unfug! Vor ein paar Tagen waren sie noch grün.«
    »Ja, aber eigentlich sollten sie schwarz sein!«
    Die Schildkröte hockte im Schatten und wandte den Kopf wie die Zuschauer bei einem Tennisspiel von einer Seite zur anderen.
    Der junge Mann stand auf.
    »Frau Bylaxis kam heute morgen«, sagte er. »Das Sprichwort, das du ihr letzte Woche

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