Einfach Himmlisch
Dann konnte er neben Alyssa liegen. Ihre Hand auf seiner Haut, ihr Körper an ihn geschmiegt
„Es ist noch nicht dunkel", murmelte er und krallte die Hand um die Krücke, auf die er sich stützte.
„Nein, noch nicht", antwortete Alyssa sanft. Dann nahm sie ihm die Krücke ab und legte sich seinen Arm um, die Schultern.
„Komm, Soldat!"
Richtig, er war Soldat. Er musste weiter und sich von dem Dorf fern halten. Und er musste für Alyssas Sicherheit sorgen. „Sie hätten ins Dorf gehen sollen", sagte er und versuchte, ihr Gesicht zu erkennen.
„Ich habe beschlossen, bei dir zu bleiben", sagte sie beruhigend. „Kannst du noch ein kleines Stück gehen, Michael? Wenn wir einen Bach finden, kann ich dich baden. Das senkt vielleicht das Fieber."
Ein Bach. Ja, das war gut. Sie brauchten Wasser.
Er setzte sich erneut in Bewegung, und weil Alyssa ihn stützte, war es sogar etwas einfacher.
Als Michael das erste Mal zusammenbrach, half Alyssa ihm beim Aufstehen. Beim zweiten Mal bat sie ihn, liegen zu bleiben. Er fluchte nicht, und er widersprach auch nicht. Dazu hatte er keine Kraft mehr. Die brauchte er voll und ganz dafür, um sich hochzustemmen und weiterzugehen. Wenn er anhielt ... Er wusste nicht, was dann passieren würde. Etwas Schreckliches. Seine Welt bestand nur noch aus Hitze, Schmerz und der Notwendigkeit, einen Fuß vor den anderen zu setzen.
Nach einer halben Ewigkeit knickten ihm die Beine weg. Alyssa fing ihn ab und ließ ihn zu Boden gleiten.
„Muss mich ausruhen", murmelte er und schloss die Augen. „Es geht gleich wieder."
„Genau, ruh dich aus."
Etwas senkte sich auf ihn. Er öffnete die Augen einen Spaltbreit. Die Decke. „Ist es Nacht? Zeit zum Lagern?"
„Fast." Ihre Stimme klang merkwürdig. „Schlaf, Michael. Ich komme gleich zurück."
Zurück? Er griff zu und packte sie an der Hand. „Wohin gehst du?"
„Ins Dorf." Ihre Hand fühlte sich kühl auf seiner Stirn an, als sie ihm das Haar zurückstrich. „Ich komme so schnell wie möglich wieder."
Sie ging weg und verließ ihn. Das hatte er doch gewollt. Sie sollte ins Dorf zurückkehren, wo sie in Sicherheit war. „Du kommst nicht mehr zu mir."
„Doch, das werde ich."
Ihr Gesicht sah er nur verschwommen, doch ihre Stimme klang klar. Und ihre Hand fühlte sich herrlich kühl auf seiner Haut an.
„Komm nicht wieder."
„Tut mir Leid, ich weiß, dass du deine Pflicht erfüllen musst. Aber ich kann dich nicht sterben lassen, nur weil die entfernte Möglichkeit besteht, dass du gefangen genommen wirst. Vielleicht käme es nicht dazu, vielleicht ... ach", unterbrach sie sich, „ich kann mich nicht gut ausdrücken, und du bist zu krank, um zu verstehen, was ich sage. Ruh dich aus." Sie streichelte ihn beruhigend. „Schlaf. Ich komme wieder."
Und dann verschwanden die tröstende Hand und die beruhigende Stimme.
Beinahe hätte er aufgeschrien, doch Alyssa sollte von ihm gehen, damit sie in Sicherheit war. Und niemand durfte ihn hören oder sehen.
Niemand durfte ihn sehen ... Aber er lag mitten auf dem Pfad.
Er stemmte sich auf Hände und Knie. In seinem Kopf drehte sich alles. Vorwärts, befahl er sich und kroch weiter, bis er einen großen Busch entdeckte. Er legte sich auf die Erde und wollte sich unter die schützenden Zweige rollen. Dabei stieß er sich den verletzten Schenkel .
Der Schmerz war unerträglich. Nicht schreien!
Nach einigen Sekunden konnte er wieder normal atmen. Jetzt durfte er sich ausruhen und hier liegen, bis er wieder Kraft gesammelt hatte. Danach wollte er sich beeilen ...
Sich beeilen beeilen ..
„Mikey, kannst du dich nicht beeilen?"
„Ich will nicht weg. Er saß auf dem Bett und schmollte.
„Warum müssen wir gehen?"
„Weil dein Vater bald heimkommt. Ich muss fort. Er erstickt mich. Ich ... ach, du bist noch ein Kind. Du verstehst das nicht. Schon gut, Schätzchen." Seine Mutter lächelte, aber ihre Lippen bebten. „Sei ein braver Junge und leg deine Sachen in den Koffer. Ich erkläre dir ... oh, ich habe die Halskette vergessen. Ich komme gleich wieder." Sie hastete aus dem Zimmer und hinterließ eine Wolke von Jasminduft.
Michael saß neben dem offenen Koffer, den sie auf sein Bett gestellt hatte. Er wollte weinen; konnte es aber nicht. Er war kein kleines Kind mehr.
Er packte nicht. Es widerstrebte ihm, nicht zu gehorchen, aber er wollte seinen Vater und seine Brüder nicht verlassen. Wohin sollten sie denn gehen? Wer sollte sich um seine Mom kümmern, wenn sie nicht mehr
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