Einfach. Liebe.
sein.«
Ich hasste das Mitleid, das sich unter seiner Annahme verbarg, und sah funkelnd zu ihm hoch. »Doch, das kann ich.«
Das Dunkelgrün seiner Augen forschte in meinem Gesicht. »Stimmt, das kannst du«, gab er mir recht. »Aber es gibt keinen Grund dazu. Wir können doch Freunde sein, oder? Du wirst mir immer wichtig sein. Das weißt du doch.«
Das wusste ich überhaupt nicht. Aber wenn ich Nein sagte, wenn ich darauf bestand, allein in meinem Elternhaus zu bleiben und zu Thanksgiving eine Truthahnpastete aus der Mikrowelle zu essen, dann würde es so aussehen, als würde ich nicht über ihn hinwegkommen. Als wäre ich so verletzt, dass ich seine Nähe nicht ertragen könnte.
»Na schön«, presste ich hervor und bereute es fast im selben Augenblick.
»Bist du mit meinem bescheuerten Bruder jetzt wieder zusammen, oder was?«, fragte Carter leise.
Wenn er nicht so kräftig gebaut wäre, dann wäre Carter das genaue Ebenbild seines älteren Bruders – mit denselben grünen Augen und demselben dunkelblonden Haar. Aber während Kennedy groß und schlank war, war Carter zwar ebenso hoch aufgeschossen, aber mit dem Körperumfang und der Muskelmasse eines Runningbacks. Da ich ihn kannte, seit er ein drahtiger Vierzehnjähriger war – als Kennedy ihn noch deutlich überragte –, war seine Verwandlung durchaus irritierend. Ich hatte ihn als einen stillen, mürrischen Jungen in Erinnerung, der ganz im Schatten seines älteren Bruders stand. Diese Phase hatte er eindeutig hinter sich gelassen.
Ich warf einen Blick hinter uns, während wir den Tisch deckten, erleichtert, dass niemand sonst in Hörweite war. »Nein.«
Er folgte mir, legte Gabeln auf die Servietten, die ich gefaltet hatte. »Sein Pech.«
Meine Augen weiteten sich ein wenig bei diesen Worten, und als ich zu ihm rüberschaute, grinste er. »Was denn? Es kann doch jeder sehen, dass du zu gut für ihn bist. Warum bist du denn dann hier?«
»Ähm, danke. Meine Eltern sind nach Breckenridge gefahren.«
Er wich verblüfft ein Stück zurück. »Scheiße, im Ernst? Und ich dachte immer, meine Eltern wären die größten Arschlöcher in dieser Stadt.«
Ich musste unwillkürlich grinsen. Carter schien neben dem Rest seiner unterkühlten, vernunftbetonten Familie schon immer etwas emotional und schwer zu bändigen. Ich hatte mir nie überlegt, wie sehr er sich bei ihnen als Außenseiter fühlen musste – das hitzköpfige mittlere Kind zwischen Kennedy und seiner kleinen Schwester Reagan, die den Eindruck vermittelte, als sei sie als dreißigjährige Buchhalterin zur Welt gekommen.
»Deine Ausdrucksweise, Carter«, bemerkte Kennedy, der in diesem Augenblick um die Ecke kam.
»Verpiss dich, Kennedy«, gab Carter prompt zurück.
Es war unmöglich, mich jetzt noch unter Kontrolle zu halten. Ich versuchte noch krampfhaft, meinen Kiefer zusammenzupressen, aber ein leises Prusten entfuhr mir dennoch, womit ich mir ein breites Grinsen von Carter verdiente. Er zwinkerte mir zu, bevor er in Richtung Küche davonschoss, um seiner Mutter zu helfen.
Kennedy blickte finster.
»Wie war das vorhin mit ›Er ist nicht mein Kind‹?«, fragte ich, während ich den letzten Löffel hinlegte und mich zu ihm umdrehte. »Findest du es okay, ihn dafür zu tadeln, dass er Schimpfworte benutzt, aber deine Hände in Unschuld zu waschen, wenn es darum geht, ein angebliches Drogenproblem zu lösen?« Ich provozierte ihn eindeutig. Eine Debatte mit Kennedy konnte man nicht gewinnen.
Er neigte nur den Kopf. »Gut beobachtet.«
Ich blinzelte noch einmal und überlegte, dass die Moore-Jungen mich zu Tode schockiert haben würden, bis ich die Stadt verließ.
Grant und Bev Moore waren so abwesend, wie Kennedy versprochen hatte. Sie schienen die angespannte Stimmung zwischen ihrem Sohn und mir in den vier Stunden, die ich bei ihnen verbrachte, gar nicht mitzubekommen, ebenso wenig das Fehlen unserer gewohnten öffentlichen Zuneigungsbekundungen. Er legte während des Essens nicht den Arm auf meine Stuhllehne, und auch wenn er mir den Stuhl zurückschob, als ich Platz nahm – wohlerzogen, wie er war –, küsste er mich nicht auf die Wange und nahm nicht meine Hand. Als Reagan ihre scharfen Augen einer Dreizehnjährigen zusammenkniff und auf uns richtete, tat ich, als würde ich es gar nicht bemerken. Carter wiederum musste natürlich anzüglich grinsen und schamlos mit mir flirten, während er versuchte, mich zum Lachen und seinen Bruder auf die Palme zu bringen. Beides gelang
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