Einfach sueß, diese Janey
Sägegeräusch verstummte. Janey verharrte reglos, wagte nicht einmal zu atmen, aber das Geräusch kam nicht wieder. All ihren Mut zusammennehmend, tastete Janey sich weiter vorwärts durch die undurchdringliche Dunkelheit tief im Innern des Hauses. Irgendwo weiter vorne sah sie einen hellen Schimmer, vermutlich von einem Fenster, und schlich darauf zu.
"Oh! " Sie war auf etwas gestoßen. Nein, auf jemand. Und dieser Jemand war warm und sehr groß. Janey schrie erschrocken auf und wandte sich instinktiv zur Flucht, ihr Gegenüber packte ihr Handgelenk und hielt sie fest.
"Janey?" flüsterte er.
"Das Spiel ist aus, Vic", sagte sie laut, und scheinbar mutig."
"Wenn Sie hier sind", flüsterte er verblüfft. "Wer, zum Teufel, ist das?"
Janey spähte in Richtung des Lichtschimmers und sah einen schwarzen Schatten, der sich reglos dagegen abzeichnete. Im nächsten Moment kam Leben in den Schatten, und er stürmte davon.
Und Vic hinterher. Janey folgte auf dem Fuß.
Der Einbrecher sprang zur Hintertür hinaus und rannte den Hang hinunter zur Straße. Wer immer es war, er war nicht sehr groß, aber die Angst vor dem Mann, der ihn verfolgte, verlieh ihm Flügel.
Hoffentlich hat er keine Waffe, schoss es Janey durch den Kopf, während sie den beiden keuchend hinterherlief. Voller Angst beobachtete sie, wie Vic kurz vor der Straße mit einem gewaltigen Satz auf den Verfolgten zuhechtete und ihn am Kragen packte. Die beiden Männer stürzten zu Boden und rollten auf die Straße. Es folgte ein kurzer Kampf, den Vic dank seiner überlegenen Kraft und Größe rasch für sich entschied.
Als Janey die Straße erreichte, hockte Vic bereits über dem Mann und drückte mit den Knien dessen Arme zu Boden. Das verzerrte, feindselige Gesicht des Mannes kam Janey irgendwie bekannt vor.
Vic erhob sich und riss den anderen mit einem unsanften Ruck auf die Füße.
"Janey, darf ich Ihnen Raoul vorstellen? Ein ehemaliger Arbeiter in meiner Firma."
Über die Entfernung hinweg roch Janey die Alkoholfahne des Mannes. Und plötzlich erinnerte sie sich, wo sie ihn schon einmal gesehen hatte. Er war der Mann, der an dem Tag, als sie sich auf Vic's Baustelle vorgestellt hatte, gerade gefeuert worden war.
"Wollten Sie sich an Vic dafür rächen, dass er Sie gefeuert hat?" fragte sie ihn.
Seine schwarzen Augen sprühten förmlich vor Zorn, so dass Janey unwillkürlich zurückwich. "Man hat mich schon öfter gefeuert", lallte Raoul. "Aber noch nie durch eine Frau ersetzt. Das hat mich überall auf dem Bau zum Gespött der Leute gemacht. Ich lasse mich nicht auslachen, verstanden?"
"Sicher, Junge das verstehen wir", sagte Vic beschwichtigend. Er sah Janey über Raouls Kopf hinweg an, und sie war überrascht über das Mitgefühl, das aus seinem Blick sprach. "Janey, wie wär's, wenn Sie bei einem der Häuser dort klingeln und die Polizei verständigen?"
Janey nickte und machte sich auf den Weg. Kurze Zeit später traf, die Polizei auch schon ein und nahm Raoul mit.
"Kommen Sie", sagte Vic zu Janey. "Ich habe noch Kaffee in meiner Thermoskanne. Wir beide müssen miteinander reden."
Janey wollte sich auf keinen Fall mit ihm in ein Auto setzen.
Noch zu genau erinnerte sie sich an das letzte Mal, als sie ständig mit seinen breiten Schultern kollidiert war.
"In Jonathans Wagen ist eine Decke. Warum gehen wir nicht zum Haus hinauf?" schlug sie deshalb vor.
Vic's Mundwinkel zuckten belustigt, als habe er ihre Besorgnis erraten. Aber er nickte wortlos.
Janey holte die Decke, Vic die Thermoskanne. Dann gingen sie gemeinsam zum Haus hinauf und setzten sich auf den Rand der hinteren Veranda. Ehe Janey es verhindern konnte, nahm Vic direkt neben ihr Platz und legte die Decke um ihrer beider Schultern.
Verflixt. Genau diese körperliche Nähe hatte sie vermeiden wollen. Dennoch rückte sie nicht von ihm fort. Es war ein zu angenehmes, fast tröstliches Gefühl, unter der wärmen Decke Schulter an Schulter neben ihm zu sitzen, schweigend Kaffee zu trinken und zuzusehen, wie allmählich der Morgen graute.
"Raoul hat mir leid getan", sagte Janey schließlich.
"Mir auch. Als du zum Telefonieren fort warst, habe ich mit ihm gesprochen. Ich riet ihm, sich um eine Entziehungskur zu bemühen, dann würde das Urteil sicher milder ausfallen. Aber ich weiß nicht, ob er mich überhaupt verstanden hat. So betrunken ist er oft schon frühmorgens zur Arbeit gekommen."
Die vertrauliche Situation und das eben überstandene dramatische Erlebnis ließen es
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