seine Venen, während er pfeilschnell überlegte und die Situation auslotete.
»Nehmen Sie die Waffe runter, Sonja«, sagte er mit stählerner Stimme.
Sonjas Arm mit der vorgehaltenen Waffe schwenkte zwischen Ben und Julia hin und her.
»Sonja? Was machen Sie denn da?«, fragte Julia ganz verdattert.
»Verdammt noch mal!«, kreischte Sonja. »Sie zwingen mich ja dazu! Sie machen alles nur schlimmer!«
Ben beobachtete, wie ihr Finger den Abzug umspannte. Sie würde schießen, um Lionel und sich zu schützen. Eiskaltes Entsetzen durchfuhr ihn.
»Nein!«, brüllte Ben.
Das Wort erfüllte den Raum, und die Zeit schien stillzustehen. Wie in Trance bemerkte Ben die Panik, die lautlos von Julias Gesichtszügen Besitz ergriff.
Es war die Wiederholung jener Nacht, in der er Nando in der unbelebten Seitenstraße verfolgt hatte, wie auch all seiner Albträume – der Schuss ging los, das Geräusch so schrecklich vertraut. Aber diesmal träumte er nicht. Er stürzte sich wie ein Raubtier auf Sonja, exakt in der Sekunde, als sie abdrückte. Die Detonation hallte durch das schmale Haus, und Julia schrie auf.
Mit seinem Gewicht brachte er Sonja zu Boden, die sich heftig gegen ihn zur Wehr setzte. Von unbändigem Zorn getrieben, übermannte er Sonja auf dem Teppich und riss ihr in dem Moment die Waffe aus den Fingern, als die Vordertür mit einem Knall aufsprang und das Haus sich mit Polizisten füllte.
Ben ließ von Sonja ab, und sein Kollege Taggart legte Sonja Handschellen an. Lionel ebenfalls, trotz dessen Schulterverletzung. Aber Ben atmete erst auf, als er sich davon überzeugt hatte, dass Julia unverletzt war. Sie stand wie benommen im Raum, während der Putz von der Decke rieselte, dort, wo die Kugel eingeschlagen hatte.
»Es tut mir so Leid«, flüsterte Sonja dem Mann zu, den sie liebte. »Ich habe einen Wahnsinnsmist gebaut.«
Julia stand mit kreideweißem Gesicht da, rührte sich nicht von der Stelle und blinzelte verwirrt. Wortlos blickte sie von Sonja zu Ben und dann wieder zu Sonja.
»Ich versteh das alles nicht«, sagte Julia schließlich mit Piepsstimme.
Bevor Taggart sie abführte, sah Sonja sie mit Tränen im Gesicht an.
Julia legte nachdenklich einen Finger an die Lippen. »Dann sind Sie mir nicht wirklich böse, dass ich Ihnen ein verkorkstes Date mit Ben eingebrockt habe?«
Betretenes Schweigen erfüllte den Raum, bis Ben plötzlich den Kopf zurückwarf und schallend lachte. Doch bevor er an den Polizisten vorbei zu ihr laufen und sie in die Arme schließen konnte, summte ihr Handy.
Julia schien unter Schock zu stehen. Ihre Finger, die das winzige Gerät umschlossen hielten, zitterten, als sie mechanisch antwortete: »Hallo?«
Sie lauschte und erstarrte dabei sichtlich. »Wie bitte?«
Sie hörte noch eine Sekunde lang zu, dann taumelte sie einen Schritt zurück. »Oh Gott, bitte, lass es nicht wahr sein.«
An: Julia Boudreaux
Von: [email protected]
Thema: Quote gefällig
Sehr geehrte Ms. Boudreaux, ich hatte eben einen Anruf von einer Frau, die in Ihrer Reality-Show Vom Primitivling zum Frauenliebling mitwirkt. Die junge Dame behauptet, sie sei schamlos ausgenutzt worden.
Rufen Sie mich doch bitte unter 915-555-2000, Durchwahl 34, an. Ich würde mir gern Ihre Version anhören, bevor ich die Sache in die Zeitung bringe.
Pedro Medina
Reporter, El Paso Tribune
An: Julia Boudreaux
Von: [email protected]
Thema: Gegendarstellung
Liebe Julia, wir haben uns letztes Jahr bei einem Essen der Mukoviszidose-Gesellschaft kennen gelernt. Ich habe unser anregendes Gespräch genossen, weshalb ich Ihnen jetzt auch schreibe. Ich möchte Ihnen eine Gelegenheit geben, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen, Sie hätten für Ihre neue Show eine junge Frau schamlos ausgenutzt.
Bitte teilen Sie mir mit, wann Sie Zeit für ein Gespräch haben.
Mit freundlichen Grüßen
Sara
Verantwortliche Nachrichtenredakteurin
KVSM FM News Radio
An: Julia Boudreaux
Von: Andrew Folly
Thema: Wir müssen reden
Julia:
Bitte teilen Sie mir umgehend mit, wann Sie für eine Krisenbesprechung bezüglich Primitivling zur Verfügung stehen.
Gruß
Andrew Folly
Intendant
KTEX TV, West-Texas
An: Julia Boudreaux
Von: Katherine Bloom Thema: Probleme
Julia: Heute Nachmittag habe ich erfahren, dass dein Primitivling Rocco Russo sein neues Image, das du ihm verpasst hast, seinen neuen