Eingesperrt - Jessica Daniel ermittelt (German Edition)
und Jessica schwang sich in ihrem Stuhl zum Schreibtisch herum, um möglichst geschäftig auszusehen. Sie legte die Zeitung auf ihre Computertastatur. »Sir.«
Ihr Vorgesetzter setzte sich auf Reynolds Stuhl ihr gegenüber und ließ seinen Blick durchs Büro schweifen. Sicher fiel ihm auf, wie unordentlich es auf Jessicas Seite aussah, er sagte aber nichts.
»Ich habe gerade mit Detective Inspector Cole gesprochen«, begann er. Jessica konnte sich schon vorstellen, wie es weiterging. Um seinem Blick auszuweichen, fixierte sie einen Punkt auf dem Schreibtisch. »Nach etlichen Diskussionen gestern Abend hatte ich heute Morgen eine Besprechung mit Superintendent Davies. Es ist beschlossene Sache, die Serious Crime Division wird die Suche nach Nigel Collins übernehmen.«
Jessica sagte nichts und starrte nur weiter auf den Schreibtisch.
»Es tut mir leid«, fuhr er fort. »Wir alle wissen die gute Arbeit, die Sie und Ihr Team im Rahmen der Ermittlungen geleistet haben, zu schätzen.« Er machte eine Pause, damit sie etwas sagen konnte. Sie hatte aber Angst, mit irgendetwas herauszuplatzen, das sie später bereuen würde. »Jessica?«
Er hatte sie noch nie beim Vornamen genannt, immer nur »Detective« oder »DS Daniel«. Sie sah ihn an und vielleicht zum ersten Mal sah sie ihn als Menschen und nicht einfach als Polizisten oder Vorgesetzten. Er betrachtete sie mit leicht geneigtem Kopf. »Ich bin stolz auf Sie. Ich glaube nicht, dass irgendwer noch mehr erwarten könnte.«
Jessica hatte plötzlich einen Kloß im Hals. Sie wollte etwas sagen, wollte ihn bitten zu gehen. Er sollte nicht mitbekommen,wie sie in Tränen ausbrach. Aber sie brachte kein Wort heraus. Sie konnte doch nicht schon wieder anfangen zu heulen. Nicht vor ihrem Vorgesetzten. Sie blinzelte heftig und bemühte sich krampfhaft, sich zusammenzureißen. Sie brachte nur ein gekrächztes »danke, Sir« heraus.
Er musste gesehen haben, dass sie den Tränen nahe war, sagte aber nichts. Sie wusste, es war unglaublich unprofessionell. »Es kommen auch noch andere Fälle. Sie haben jedenfalls bewiesen, dass Sie auch mit schwierigen Situationen umgehen können.«
Jessica nickte, konnte aber immer noch nichts sagen.
»Okay, ich muss weg. Ich muss noch mit ein paar Leuten reden und alles vorbereiten. Sie können ruhig noch Ihren Papierkram erledigen. Und bleiben Sie in Kontakt mit Detective Inspector Cole.«
Er stand rasch auf, ging hinaus und machte die Tür hinter sich zu. Jessica rührte sich nicht und lauschte dem geschäftigen Treiben draußen auf dem Gang. Sie schnäuzte sich, schloss die Augen und atmete tief ein. Sie wusste nicht, ob sie wütend oder traurig war. Dann klopfte es wieder an der Tür. Sie dachte, es wäre noch einmal Aylesbury, und versuchte, sich zu fassen. »Herein.«
Die Tür ging auf. Es war Rowlands.
»Alles klar?«, sagte sie.
»Ja, komm schnell. Das Urteil wird gleich verkündet.«
Er eilte wieder davon und erwartete wohl, dass sie ihm folgte. Zuerst war sie verwirrt. Scott Keegan und seine Kumpane waren doch gerade erst dem Richter vorgeführt worden. Aber dann fiel ihr wieder Harrys Verhandlung ein. Die Geschworenen berieten sich schon seit zwei Tagen. Vielleicht waren sie ja zu einer Entscheidung gekommen.
Sie zog schnell ihre Schuhe wieder an und ging Rowlands hinterher zum Empfang. Im Grunde war es lächerlich, dass Mitglieder einer modernen Strafverfolgungsbehörde im eigenen Foyer standen und auf einen kleinen tragbaren Fernseher starrten, der hoch oben an der Wand hing. Es gab auf der Wache noch mehr Fernseher, aber keiner war angeschlossen, wahrscheinlich wegen allder komplizierten Sicherheitsregeln, die beim Anschließen elektrischer Geräte zu beachten waren. Aber Jessica hatte den Verdacht, dass die meisten Kollegen sowieso nicht gewusst hätten, welches Kabel wo hingehört. Anstatt sich damit abzumühen, waren sie alle einfach zum nächsten funktionierenden Fernseher gelaufen.
Sie sah einen Reporter, der vor einem Gerichtsgebäude stand, es war aber ein anderer als in der Sendung am Morgen. Sein Haar wehte im Wind und jemand hielt einen Schirm über ihn. Über den unteren Bildschirmrand liefen die Worte: »Tom Carpenters Urteil in Kürze erwartet.« Der Ton war angestellt, aber Jessica konnte nichts verstehen, weil alle aufgeregt durcheinanderredeten. Als ein Archivfoto von Peter Hunt auf dem Bildschirm erschien, buhten alle und riefen die derbsten Kraftausdrücke.
Jessica wusste, falls die Geschworenen
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