Eingesperrt - Jessica Daniel ermittelt (German Edition)
CID.«
»Ach, bist du etwa …? Ja, genau, du warst in der Zeitung. Die ›Houdini-Jägerin‹.«
Jessica seufzte. »Diese blöde Schlagzeile … ja, so was in der Art.«
»Mann, wie cool! Du bist richtig berühmt.«
»Nicht so richtig.«
Durch den Smalltalk mit Ryan taute Jessica so langsam auf. Sie fand ihn ja nicht unattraktiv, aber sie hatte im Moment einfach kein Interesse, mit irgendjemandem was anzufangen. Es störte sie auch, dass Caroline und Randall sie quasi zwangsweise in die Situation gebracht hatten. Außerdem redete sie normalerweise nicht mit Fremden über ihren Job. Aber Ryan hatte was. Zumindest gab er sich Mühe.
Jessica konnte es kaum glauben, als sie sich sagen hörte: »Wie ich höre, bist du Tierarzt.«
Sie mochte Tiere nicht einmal und ließ sich auch nicht vom Beruf eines Menschen beeindrucken. Bei ihrer Polizeiarbeit waren ihr schon absolute Scheusale mit fantastischen Jobs begegnet, aber auch wirklich sympathische Leute, die für wenig Geld Arbeiten verrichteten, die die meisten nie im Leben annehmen würden. Sie hatte gelernt, Menschen nach ihrem Verhalten zu beurteilen, nicht nach Geld, Namen oder Beruf.
»Ich arbeite in einer Praxis im Zentrum. Ich habe meine Zulassung erst vor ein paar Monaten bekommen und hatte Glück, so schnell eine Stelle zu finden.«
»Dann magst du wohl Tiere …«
»Ja, das gehört irgendwie zum Beruf.« Sie lachten beide, aber Jessica wusste, es war eine blöde Frage. Wenn sie so etwas im Vernehmungsraum gefragt hätte, hätte sie sich in Grund und Boden geschämt. Dort war sie in ihrem Element, aber wenn sie mit einem normalen Menschen reden sollte, fühlte sie sich befangen.
»Wie lang bist du schon bei der Polizei?«, fragte er.
»Sieben oder acht Jahre. Zuerst gut zwei Jahre Dienst in Uniform, dann zwei Jahre Detective-Ausbildung. Und seit circa drei Jahren arbeite ich als Detective.«
»Macht dir die Arbeit Spaß?«
»Ich weiß nicht … manchmal.« Jessica war es so unangenehm, darüber zu sprechen, dass ihr ein Schauer über den Rücken lief. Natürlich hatte sie Spaß an ihren Erfolgen. Wenn ein Verbrecher verurteilt wurde. Was ihr nicht gefiel, war die Frustration, wenn sie nicht vorwärtskamen oder wenn ein Krimineller freigesprochen wurde. Ihre Misserfolge. Und momentan machte ihr die Arbeit überhaupt keinen Spaß.
Sie spürte, wie Ryan sie beobachtete, fast als würde er ihr Unbehagen analysieren. Carolines Stimme erlöste sie: »Essen ist fertig.«
Der Tisch war für vier Personen etwas klein, aber das Essen war einfach fantastisch. Auf jeden Fall etwas anderes als Jessicas übliche Imbiss- und Mikrowellenkost. Die Vorspeise bestand aus einer Art Kartoffelklößchen in Tomatensoße, das Hauptgericht war Fisch mit Reis, und zum Nachtisch gab es eine hausgemachte Frischkäsetorte. Sie alle dankten Caroline für ihre Mühe und Jessica meldete sich freiwillig zum Abwasch. Das war sonst nicht ihre Art, aber da ihre Freundin sich so viel Arbeit gemacht hatte und sie einfach nur nach Hause gekommen und griesgrämig rumgesessen hatte, war es das Mindeste, was sie tun konnte.
Caroline und Randall gingen ins Wohnzimmer, um zu relaxen. Wie zu erwarten, blieb Ryan in der Küche, um ihr zu helfen. Sie hatte nichts dagegen. »Caroline kann wirklich gut kochen«, sagte er.
»Ja, sie war schon immer eine Spitzenköchin.«
»Und du?«
»Ob ich kochen kann? Klar, Baked Beans auf Toast und Instantnudeln, da bin ich einsame Spitze.« Sie grinste Ryan breit an. Ein weiterer Knopf an seinem Hemd war offen. Mit Absicht? Vielleicht lag es ja am Wein, aber Jessica hatte den Eindruck, seine Brustbehaarung hätte im Laufe des Abends zugenommen. Seine Bartstoppeln waren auf jeden Fall gewachsen. Und seine dunklen Augen sahen sie freundlich an.
Jessica spülte und Ryan trocknete ab, aber dann wurde ihnen klar, dass ihre Planung schlecht war, denn der Besucher wusste ja nicht, wo alles hingehörte. Auch Jessica mit ihren mangelnden Kochkünsten kannte sich nicht wirklich gut in ihrer Küche aus, aber jedenfalls besser als Ryan.
Sie plauderten weiter und lachten miteinander. Jessicas Glas war schon wieder leer und sie holte eine neue Flasche unter der Spüle hervor. »Notversorgung« nannten sie das Sammelsurium von Flaschen dort. Als sie mit dem Abwasch fertig waren, nahm Jessica die Flasche und beide gingen ins Wohnzimmer. Randall saß auf dem Fernsehsessel, Caroline auf seinem Schoß. Ihr kurzes Kleid war hochgerutscht. Jessica füllte Carolines Glas auf
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