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Einige sterben schneller! (German Edition)

Einige sterben schneller! (German Edition)

Titel: Einige sterben schneller! (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hroch
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Robert Steigenberger, mein Zellengenosse, saß wegen Totschlages ein. Er hatte bei einer handfesten Auseinandersetzung mit seiner Freundin diese mit dem Küchenmesser erstochen, nachdem Sie ihm vorher eröffnet hatte, dass es einen anderen gäbe und Sie Ihn verlassen würde. Robert war mit seinen knapp 35 Jahren eher ein ruhiger Typ und redete nicht viel. Äußerlich eigentlich genauso wenig Gewaltverbrecher wie ich. Und noch etwas verband uns: Wir saßen hier beide ein, nur weil unsere Frauen bzw. Freundinnen fremdgegangen waren - scheiß Weiber! Ich kam mit Robert ganz gut aus und er machte auch keine Anstalten sich an mich heranzumachen.

    Hier saß ich nun, zusammen mit dem ganzen Abschaum unserer Gesellschaft: Mördern, Drogendealern, Kinderschändern... und es gab eine gewisse Rangordnung hier. Die Typen aus dem Drogenmilieu hatten durch ihre noch guten Kontakte nach draußen das meiste Geld und konnten sich hier alles kaufen. Drogen konnten Sie auch besorgen, aber daran hatte ich kein Interesse. Sie hatten viel Macht, aber kein so hohes Ansehen wie die Gewaltverbrecher, also vorzugsweise Massenmörder. Die Kinderschänder konnte eigentlich keiner leider und die hatten es hier am schwersten.

    Obwohl ich auch zur Kategorie Mörder gehörte, fiel mir das Leben im Knast schwer. Das lag zum einen daran, dass ich mich zum ersten Mal in solcher Gesellschaft befand und daher die Regeln noch nicht kannte. Hier regierte nur die Macht des Stärkeren und damit war körperliche Stärke gemeint. Die Starken holten sich was Sie wollten. Zum anderen war Frischfleisch wie ich ohne Jail-Erfahrung immer ein willkommenes Opfer. Das fing beim Essen an, wo sich andere Häftlinge meinen Nachtisch nahmen und setzte sich bei allen anderen Aktivitäten außerhalb meiner Zelle fort. Ständig wurde ich geschlagen, sobald die Wärter wegsahen oder auf andere Weise erniedrigt. Ich rauchte nicht und hatte auch kein Geld dabei, woher auch, denn von draußen besuchte mich keiner. Das hatte einerseits den Vorteil, dass man mir weder die Zigaretten noch das Geld wegnehmen konnte, aber den entscheidenden Nachteil, dass ich auch keine Zahlungsmittel hatte. Und Geld oder Güter zum Tauschen waren hier drinnen noch wichtiger, wie draußen, wenn man überleben wollte.

    Robert, mein Zellengenosse saß schon seit gut einem Jahr ein und machte mich mit ein paar Regeln vertraut. Da er hier selber aber in der Knast-Hierarchie weit unten geführt wurde, konnte er mir bei Übergriffen von anderen Gefangenen nicht helfen und ging so lieber dem Ärger aus dem Weg.

    Heute war Mittwoch, der 24. Dezember, also Weihnachten. Trotz des Plastiktannenbaumes in der Kantine war ich nicht in Weihnachtsstimmung. Ich hatte in meinem ganzen Leben noch nie eine längere Zeit an einem so trostlosem Ort verbracht. Der ganze Gefängnisbau war eine alte, schäbige Ruine. Baufällig und dreckig. Überall platzte der Putz von den Wänden und die sanitären Einrichtungen waren eine Schande. Wer nicht schon krank war, konnte sich dort sicher alle möglichen Krankheiten holen. Viele Gefangene lebten wie die Schweine, so dass ich mich jedes mal fast übergeben musste, wenn ich auf das Klo oder die Dusche ging. Ich musste aufpassen nicht in Selbstmitleid zu verfallen, denn körperlich geschwächt war ich schon mehr als genug und so war es wichtig wenigstens geistig auf der Höhe zu bleiben.

    Robert versuchte mich etwas aufzuheitern und sprach von einem tollen Weihnachtsabend. Heute gäbe es ein besonderes Essen und danach noch eine kleine Verlosung von Werbegeschenken, die die Gefängnisleitung organisierte. Glühwein würde auch ausgeschenkt, obwohl Alkohol offiziell verboten war und anschließend noch ein Kinofilm gezeigt. Ich hatte nichts besseres vor und wohl auch keine andere Wahl und feierte so Weihnachten im lieblichen Kreis meiner Mithäftlinge. Beim Fest der Liebe wurde von den Wärtern auch großzügig darüber hinweg gesehen, dass einige Knackies ganz offensichtlich Drogen in der Kantine konsumierten oder verkauften. Ich hatte in den letzten beiden Tagen schon viel gelernt und wusste bereits, dass die Wärter hier bei vielen Dingen wegsahen und keinen Ärger machten. Offensichtlich waren viele von Ihnen käuflich und so hatte der eine oder andere Häftling Privilegien, die den anderen vorenthalten wurden.
    Da ich mich noch als halbwegs zivilisierter Mensch fühlte, fragte ich mich was trostloser war. Als Häftling oder als Wärter hier Weihnachten verbringen zu

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