Einige sterben schneller! (German Edition)
versteckte ich mit den alten Schuhen und der Jacke in der blauen Tüte, rollte diese zusammen und nahm das Paket unter meinem Arm. Mit Respekt betrachtete ich das Resultat im Spiegel. Als Arzt machte ich eine richtig gute Figur! Sorgsam wusch ich mir meine dreckigen Hände und mein Gesicht und ging zurück auf den Krankenhausflur. Beim Weg durch die Stationen schenkte ich den Garderoben besondere Aufmerksamkeit. Mehrmals nahm ich mir einen Mantel oder eine Jacke vom Hacken und zog diese an. Im Aufzug durchsuchte ich dann den Inhalt der Kleidungsstücke und fand beim fünften Versuch sogar eine Brieftasche und ein Handy. Wie sorglos doch manche Zeitgenossen waren! Die Ausweispapiere und der Führerschein waren für mich nicht brauchbar, denn Sie gehörten einer Frau, aber die gut hundert Euro Bargeld und die EC-Karte nahm ich gern mit. Auch das Handy ließ ich an seinem Platz; Wen hätte ich schon anrufen sollen? Ich hängte die Jacke an den nächsten Kleiderständer, nahm mir eine neue, unauffällige dunkelbraune Daunenjacke und verließ das Krankenhaus. Den blauen Plastiksack mit den Gefängnisklamotten entsorgte ich fachgerecht im nächsten Altkleidercontainer und war auch diese Sorge los.
Chic waren die Arztkleider schon, aber doch etwas kalt. Also beschloss ich mir im nächsten Kaufhaus etwas wärmeres zu kaufen. Vom Wühltisch beim Winterschlussverkauf nahm ich mir einen grauen Pullover, eine blaue Jeanshose, je ein 5er Pack Socken, Unterhosen und T-Shirts mit. Das machte knapp 40.-- Euro, denn ich achtete darauf nur das billigste zu kaufen um Geld zu sparen. Die preiswertesten Winterstiefel kosteten knapp 30.-- Euro. Anschließend kaufte ich noch einen Rucksack für 5.-- Euro und verließ die Abteilung mit etwas mehr als 30.-- Euro Restgeld. Für eine Jacke reichte mein Guthaben nicht mehr, aber die konnte ich mir auch billiger besorgen, lachte ich in mich hinein. Ich ging hinunter zum Selbstbedienungsrestaurant, betrat die Toilette und zog mich um. Die Arztkleidung steckte ich in den Rucksack.
Im Schnellrestaurant hängte ich meine gestohlene Jacke an die Garderobe und kaufte mir das Tagesgericht und eine Cola. Anschließend war ich satt, aber wieder um 5 Euro ärmer.
Beim Herausgehen nahm ich mir erneut eine andere Jacke. Diesmal eine unauffällige in schwarz und hoffte auf einen erneuten Glücksgriff, denn ich brauchte wieder Geld. Leider war der Besitzer dieser Jacke vorsichtiger gewesen und hatte keine Wertsachen darin liegen gelassen.
Es war jetzt kurz vor Geschäftsschluss und ich musste mich beeilen, um noch etwas Werkzeug im Baumarkt zu kaufen. Mit weniger als 15 Euro Kleingeld machte ich mich anschließend auf dem Weg zum Parkplatz des Kaufhauses. Schnell wurde ich auch hier fündig. Ein alter VW Golf 2, der in einer dunklen Ecke stand, war mein Ziel. Jetzt konnte ich zeigen, was ich im Gefängnis gelernt hatte! Ohne große Mühe hatte ich die Fahrertüre innerhalb weniger Sekunden geöffnet. Das Lenkradschloss machte mir etwas mehr zu schaffen. Hier musste ich etwas Gewalt anwenden, wobei das anschließende Kurzschließen ein Kinderspiel war. Ich brauchte dafür insgesamt vielleicht zwei Minuten. Keine Rekordzeit, aber für einen Anfänger nicht schlecht! Ohne besondere Hektik fuhr ich vom Parkplatz. Zumindest war ich jetzt mobil, aber ich konnte diesen Wagen nicht lange behalten, denn sicher würde der Besitzer diesen in kürze als gestohlen melden.
Ich schaltete das Radio an und hörte die Nachrichten. Tatsächlich kam eine Durchsage, die mich betraf. Ein gewalttätiger Massenmörder wäre heute aus dem Hochsicherheitstrakt ausgebrochen und sei derzeit flüchtig. Die anschließende Personenbeschreibung passte sicher auf hunderte von weiteren Männern, weshalb ich mir hierüber keine besonderen Sorgen machte. Mein Aussehen sollte ich vielleicht etwas ändern, beschloss ich trotzdem sicherheitshalber. Das musste aber bis morgen warten, da alle Geschäfte schon geschlossen hatten.
Jetzt musste ich mir eine Bleibe für die Nacht suchen. Eine Übernachtung im Freien schied bei diesen Temperaturen im Winter von vorn hinein aus. Ich hatte aber schon eine Idee...
Der Tank meines gestohlenen VW Golfes war noch etwa ein Drittel voll. Das sollte bei sparsamer Fahrweise eigentlich bis Nürnberg reichen. Ich reihte mich in den Feierabendverkehr ein und fuhr auf die Autobahn nach Nürnberg. In den nächsten anderthalb Stunden hatte ich genügend Zeit über meine weitere Vorgehensweise nachzudenken.
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