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Einige sterben schneller! (German Edition)

Einige sterben schneller! (German Edition)

Titel: Einige sterben schneller! (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hroch
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wie ein Arbeiter aus, der gerade auf dem Nachhauseweg war und sich eine kräftige Erkältung einfangen wollte, da er keine Jacke trug. Erst jetzt bemerkte ich diesen Umstand und spürte die Kälte auf meiner Haut. Als erstes musste also eine Jacke oder ein Mantel her. Dann brauchte ich Geld. Auf meinem Weg Richtung Stadt entdeckte ich eine Reihe von Containern, in denen ordentliche Bürger ihren Müll säuberlich getrennt entsorgen konnten. Meinen Pappdeckel führte ich so der Wiederverwertung zu. Hier gab es Container für Altpapier, Pappe, Blechdosen und Glas und zwar in weiß, grün und braun sowie einen Altkleidercontainer. Der Einwurfschlitz war etwas breiter wie bei den Glascontainern, aber ein Mechanismus verhinderte, dass ich den Deckel komplett öffnen konnte. So blieb mir nichts anderes übrig, als mit einem Arm durch den Schlitz zu langen und im Container nach Kleidungsstücken zu tasten, ohne dass ich diese sehen konnte. Zum Glück waren heute Abend bei dem Sauwetter keine anderen Personen hier, die mein Treiben misstrauisch beobachten konnten. Nach etwa drei Minuten und entsprechend vielen Fehlversuchen zog ich etwas, was wie eine Jacke aussah, aus dem Container. Es handelte sich um eine alte, bunte Skijacke. Die grellen Farben pink und lila, die vor einigen Jahren noch der letzte Schrei waren, konnte heute keiner mehr sehen. Ich ging davon aus, dass daher auch diese an sich noch gut erhaltene Jacke deshalb den Weg in den Container gefunden hatte. Ich zog das Teil an und stellte fest, dass es halbwegs passte. Eine dunkle Wollmütze hatte ich bereits vor einer Minute aus dem Container gefischt und beschlossen auch diese zu behalten.

    Die Jacke wärmte nicht nur, sondern verdeckte auch den Gefängnisschriftzug auf meinem Arbeitsoverall. Mit ins Gesicht gezogener Mütze marschierte ich weiter stadteinwärts und hatte zum ersten Mal ein gutes Gefühl mit meiner Flucht erfolgreich zu bleiben. Die kalte Winterluft tat gut und half mir beim Nachdenken. Ich musste mir neue, unauffällige Kleidung und natürlich Geld besorgen. Anschließend war es angebracht mir eine Bleibe für die Nacht zu suchen.

    Weitere Altkleidercontainer wollte ich nicht durchwühlen, denn das war ausgesprochen uneffektiv. Dann hatte ich vor mir an einem öffentlichen Ort wie einer Turnhalle oder Abendschule Kleidung zu stehlen, verwarf aber auch diesen Gedanken, denn plötzlich kam mir ein genialer Einfall. Ich musste ins Krankenhaus!
    In Krankenhäusern konnte jeder unbemerkt ein oder ausgehen, um Verwandte zu besuchen, oder sich als Patient in die Obhut der Ärzte zu geben. Das Publikum wechselte hier laufend und auch die Schwestern und Ärzte hatten ständig neue Schichten. Ich war mir sicher, dass ich dort keinen Verdacht erregen würde. In der nächsten Telefonzelle - es gab sogar ein intaktes Telefonbuch dort - suchte ich mir die Adresse vom nächstgelegenen Krankenhaus heraus und prägte mir anschließend den Weg dorthin aus dem Stadtplan ein.
    Knapp 20 Minuten später erreichte ich das Krankenhaus und durchschritt das Foyer. Heute Abend war viel los, denn die meisten Angehörigen besuchten ihre kranken Familienmitglieder oder Freunde abends nach der Arbeit. Ich machte mich auf den Weg in die unteren Gebäudegeschosse, wo ich die Versorgungsräume vermutete. Hier unten gab es weniger Stationen, so dass auch der Publikumsverkehr langsam nachließ. Als ich eine knappe viertel Stunde möglichst unauffällig im Krankenhaus herumgeschlichen war, entdeckte ich, was ich suchte: Die Wäschekammer, bzw. genauer gesagt den Aufbewahrungsraum für die Schmutzwäsche des Krankenhauspersonals. Nachdem ich mich vergewissert hatte, dass mich niemand beobachtete, öffnete ich die unverschlossene Tür, machte das Licht an und trat ein. Sofort fand ich in einer großen Box das Gewünschte. Ich nahm mir eine weiße Arzthose, ein Hemd, Socken und einen weißen Kittel in meiner Größe aus dem Wäscheberg und steckte alles schnell in einen blauen Plastiksack, der dort herum lag. Als ich mich bückte, bemerkte ich noch weiße Schuhe in einer Ecke stehen. Schuhgröße 44 war mir zwar zwei Nummern zu groß, aber besser als zu klein, dachte ich. Auch die Schuhe wanderten in den Sack. Ich machte das Licht wieder aus und verließ den Raum, nachdem ich vorher auf den Flur heraus gelauscht und keine Geräusche vernommen hatte.

    Einen Stock höher suchte ich die Toilette auf, schloss ab und verwandelte mich in Sekundenschnelle zum Arzt. Die Anstaltskleidung

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