Einklang der Herzen
das hatte er so leicht dahingesagt. Noch bevor er ihr den Ring an den Finger gesteckt hatte, sprach er bereits von Scheidung. Sie atmete tief durch, zwang sich, ihre Gedanken zu ordnen. Aber sie war zu überwältigt von der trostlosen Erkenntnis, dass er nicht von einer wirklichen Heirat sprach, von einer Liebesheirat. Dass er sie nur ihrem Onkel zuliebe zur Frau nehmen wollte. Es gab bestimmt einen anderen Weg. Es musste einen anderen Weg geben. Sie schluckte schwer, dann sagte sie mit ausdrucksloser Stimme. »Ich bin katholisch. Ich kann mich nicht scheiden lassen.«
»Dann eine Annullierung.«
Sie sah ihn entsetzt an. »Eine Annullierung?«
»Ja, eine Annullierung. Das dürfte kein Problem sein, wenn die Ehe nicht vollzogen wird. Dann handelt es sich mehr oder weniger nur um Papierkram.« Er sprach in ruhigem, geschäftsmäßigem Ton. Sie umklammerte die Stuhllehne noch fester, während sie verzweifelt versuchte, vernünftig zu bleiben. »Himmelherrgott, Dee«, rief er ungeduldig. »Kannst du Paddy zuliebe nicht einfach diese Zeremonie über dich ergehen lassen? Du hast doch nichts zu verlieren! Aber für ihn könnte es einen großen Unterschied machen. Bei ihm geht es um Leben und Tod!«
Wieder packte er sie an den Schultern, drehte sie zu sich herum, starrte in ihr glühendes Gesicht und ihre angstvollen Augen. Er konnte spüren, wie sie unter seinen Händen zu zittern begann und sah, wie sie die Augen schloss, um dagegen anzukämpfen. Er stieß einen leisen Fluch aus, dann schlang er die Arme um sie. »Es tut mir leid, Dee. Schreien macht es auch nicht gerade leichter, oder? Komm, setz dich.« Er führte sie zum Sofa, setzte sich neben sie, ohne sie loszulassen. »Du hast dich schon viel zu lange zusammengerissen. Wein dich aus. Und danach können wir reden.«
»Nein, ich weine nicht. Ich weine nie. Weil es nicht hilft.« Sie hielt sich sehr steif in seiner Umarmung, doch er zog sie noch enger an sich. »Bitte lassen Sie mich los.« Adelia spürte, wie ihre Selbstkontrolle entglitt und kämpfte gegen diese Arme an, die sie nicht losließen. »Ich muss nachdenken. Wenn ich nur wüsste, was ich tun soll …« Ihr Atem ging schnell, wieder fing sie heftig an zu zittern. Sie krallte sich in sein Hemd. »Ich habe solche Angst, Travis.«
Und dann brach sie in lautes Schluchzen aus. Nachdem sie einmal begonnen hatte zu weinen, konnte sie nicht mehr damit aufhören. Mehr als zwölf einsame Jahre lang hatte sie die Tränen zurückgehalten, doch jetzt flossen sie in Strömen über ihr Gesicht, das sie fest an Travis’ Brust drückte. Stumm streichelte er über ihr Haar.
Aus dem Schluchzen wurde nach und nach ein leises Weinen, und dann lag sie still in seinen Armen, leer und erschöpft. Sie seufzte tief. »Ich werde tun, was Ihrer Meinung nach das Beste ist.«
Wie Travis so schnell an die nötigen Papiere kam, hinterfragte sie erst gar nicht. Sie war viel zu verstört, um sich um die Formalitäten zu kümmern. Sie weigerte sich, das Krankenhaus zu verlassen, um sich auszuruhen oder etwas zu essen. Wild entschlossen saß sie im Wartezimmer und rührte sich nicht von der Stelle.
Sie unterschrieb die Hochzeitslizenz, als sie dazu aufgefordert wurde, begrüßte den mageren jungen Priester und nahm einen Strauß Blumen von einer freundlichen Krankenschwester entgegen, die behauptete, ohne Blumen gäbe es keine Braut. Adelia lächelte, ein kleines, frostiges Lächeln, das ihre Wangen schmerzen ließ, nachdem sie nun einmal wusste, dass sie keine wirkliche Braut war. Zwar würde sie nun den Namen des Mannes annehmen, den sie liebte, doch das Gelöbnis würde ihm nichts bedeuten. Für ihn war das alles nur Theater, das einem alten, kranken Mann zuliebe aufgeführt wurde.
Seite an Seite standen sie in dem kahlen Zimmer, umgeben von Maschinen, die Luft schwer vom Geruch der Medikamente, und wurden zu Mann und Frau. Adelia wiederholte die Worte des Priesters mit ruhiger, klarer Stimme und betrachtete ausdruckslos den Ring, den Travis über ihren Finger schob, dann schloss sie die Hand zu einer Faust. In weniger als zehn Minuten war es vorbei.
Adelia Cunnane Grant beugte sich über ihren Onkel, um ihn auf die Stirn zu küssen. Er lächelte zu ihr hinauf, in seinen Augen entdeckte sie eine Ahnung seiner früheren Fröhlichkeit. In diesem Moment wusste sie, dass Travis recht gehabt hatte.
»Kleine Dee«, murmelte er, tastete nach ihrer Hand und hielt sie fest. »Du wirst glücklich werden. Travis ist ein guter
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