Einklang der Herzen
musterte es kurz, bevor er es ihr reichte. »Morgen wirst du dir bitte ein paar Kleider kaufen.«
»Kommandier mich nicht herum, Travis Grant.« Sie setzte sich auf, nicht länger in der Lage, ruhig zu bleiben.
Er sah sie unbewegt an. »Solange wir verheiratet sind, Adelia, werden wir gemeinsam auftreten, und dazu musst du passend gekleidet sein. Aber darum kümmern wir uns morgen. Also, schaffst du es allein, dich auszuziehen, oder brauchst du vielleicht Hilfe?«
Sie riss ihm das Nachthemd aus der Hand und entgegnete steif: »Das schaffe ich durchaus.«
»Gut. Dann ruh dich aus. Du tust Paddy keinen Gefallen, wenn du jetzt auch noch krank wirst.« Ohne eine Antwort abzuwarten, wandte er sich ab und schlenderte aus dem Zimmer.
Zu müde, um sich das helle, schöne Zimmer genauer anzusehen, zog sie Rock und Bluse aus – ihr Hochzeitskleid – und schlüpfte in das Baumwollnachthemd. Dann nahm sie die mintfarbene Tagesdecke vom Bett, glitt zwischen die weichen, kühlen Laken und fiel umgehend in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
Adelia wurde von den Vögeln geweckt, die vor dem Fenster zwitscherten. Sie öffnete die Augen, betrachtete die ungewohnte Umgebung und erinnerte sich plötzlich wieder. Sie löste eine Faust; scheinbar war die Hand mit dem Ehering die ganze Nacht geballt gewesen. Sie hatte schon ihr Zimmer bei Onkel Paddy für geräumig gehalten, doch dieser Raum war mindestens doppelt so groß. Sie musterte die grün-weiß gestreifte Tapete, den Schrank und die dunkle Kommode, die Travis am Abend zuvor durchwühlt hatte. Außerdem entdeckte sie einen kleinen weißen Schreibtisch, zwei Nachttischchen und einen Chippendale-Tisch mit passendem Sessel. Auf dem Tisch stand eine Vase mit frischen Blumen, deren Duft zu ihr herüberwehte. Sie setzte sich auf und umschlang ihre Knie, dann blickte sie seufzend durch die Verandatür auf den Balkon. Nie zuvor hatte sie ein hübscheres Zimmer gesehen. Wie glücklich ich hier sein könnte, wenn nur Onkel Paddy wieder gesund wäre und Travis … Sofort versuchte sie, die negativen Gedanken zur Seite zu schieben, warf die Bettdecke zurück und hüpfte aus dem Bett.
Nachdem sie geduscht und ihren einzigen Rock und eine Bluse übergestreift hatte, lief sie nach unten.
»Guten Morgen, Dee.« Travis trat aus einem Zimmer in die Halle. Wie sie später herausfinden sollte, handelte es sich um sein Büro. »Geht es dir besser?«
»Ja«, antwortete sie verlegen dem Mann, den sie gestern geheiratet hatte. »Ich weiß nicht, warum ich so lange geschlafen habe.«
»Du warst erschöpft.« Sie blieb reglos, als er ihr Kinn anhob und ihr prüfend ins Gesicht sah wie ein Vater, der bei seinem Kind nach Anzeichen einer Krankheit suchte. »Ich würde gerne im Krankenhaus anrufen und fragen, ob Onkel Paddy …« Sie hob unsicher die Hände und faltete sie vor ihrer Brust.
»Ich habe schon angerufen. Sein Zustand hat sich stabilisiert.« Jetzt ließ er die Hände auf ihren Schultern ruhen. »Er hatte eine ruhige Nacht.«
Sie erschauerte leicht, schloss die Augen und vergrub ihr Gesicht an Travis’ Brust. Kurz darauf spürte sie, wie er sie sanft in die Arme nahm. »Ach Travis, ich dachte, er würde sterben. Ich hatte solche Angst, ihn zu verlieren.«
Er schob sie eine Armeslänge von sich. »Es geht ihm bald wieder gut. Er braucht nur etwas Zeit und Pflege, und vor allem darf er sich nicht aufregen. Und wenn er wieder nach Hause kommt, muss er natürlich kürzertreten. Dazu werden wir ihn wohl zwingen müssen.«
»Ja.« Ihr Lächeln strahlte wie Sterne an einem düsteren Himmel. »Aber wir sind ja zu zweit.«
»Allerdings«, murmelte er. »Du musst halb verhungert sein. Ich konnte dich gestern Abend nicht mehr wecken.«
»Ich habe das Gefühl, als hätte ich mindestens eine Woche lang nichts gegessen.« Seufzend griff sie sich ins Haar. »Wenn du mir die Küche zeigst, kann ich Frühstück machen.«
»Hannah kümmert sich schon darum«, erklärte er, nahm ihren Arm und dirigierte sie in ein großes Speisezimmer. Er bemerkte ihren Gesichtsausdruck, und als er ihr den Stuhl zurückzog, flüsterte er in ihr Ohr: »Keine Sorge, ich habe mein Leben lang gegessen, was sie kocht.«
»Aber nein, das meinte ich nicht – ich wollte nicht respektlos sein. Ich bin nur nicht daran gewöhnt, dass jemand für mich das Essen zubereitet.«
»Schau nicht so erschrocken, Dee. Sonst denkt Hannah noch, dass ich dich jetzt bereits schlage.«
»Du sollst nur nicht glauben, dass ich …« Sie
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